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Galgenweg

Galgenweg

Titel: Galgenweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian McGilloway
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sich, während ich versuchte, meine unterschiedlichen Sinneswahrnehmungen miteinander in Einklang zu bringen. Ich erhaschte einen Blick auf Deckos lachendes Gesicht und auf Patterson, der auf mich spuckte und von Burgess und Dempsey gehalten wurde. Dahinter stand Colhoun, bleich und kränklich aussehend. Schließlich erschien Costello mit bestürzter Miene und hochrotem Gesicht. Ich hörte jemanden stöhnen und begriff, dass ich es war. Dann schmeckte ich Blut, und mir wurde bewusst, dass meine Nase schmerzte. Ich wusste, sie war gebrochen. Ich versuchte aufzustehen, doch die Welt schien unter mir nachzugeben, und wie ein Betrunkener fiel ich auf den Boden.
    Caroline kam herein, während Patterson gerade gewaltsam aus dem Zimmer heraus durch den Korridor geführt wurde.
    »Ich bring dich um, du Arschloch!«, brüllte er. »Du bist so gut wie tot, Devlin, du Scheißkerl!« Seine Stimme hallte im Korridor wider. »Du bist so gut wie tot.«
    Schließlich war wieder alles still. Ich hörte Dempsey fragen, ob alles in Ordnung sei, spürte seinen Griff am Ellbogen, als er mir hochhalf. Die übrigen Anwesenden schienen wie in einem gedämpften grauen Licht erstarrt. Ich nickte unsicher.
    »Er ist gerade suspendiert worden«, zischte Dempsey mir zu. »Er wird beschuldigt, vorsätzlich Waffen auf einem Grundstück hier in der Gegend deponiert zu haben, um anschließend so tun zu können, als hätte er sie dort gefunden.«
    Ich sah Caroline an, doch sie schwieg. Sie musterte mich lediglich besorgt, und zwar nicht nur, fürchtete ich, weil ich gerade das Opfer eines tätlichen Angriffs geworden war.
    Ich ging auf die Toilette, um mir das Blut vom Gesicht zu waschen und, wichtiger noch, den finsteren Blicken meiner Kollegen zu entkommen, von denen die meisten sicherlich glaubten, Patterson und Colhoun wären meinetwegen suspendiert worden. Mein Auge schwoll bereits zu, meine Nase saß eindeutig schief. Ich steckte den Daumen bis zum Ansatz in den Mund und biss fest zu, dann renkte ich die Nase wieder ein. Frisches Blut tropfte ins Waschbecken, und schlagartig wurde mir heiß und kalt zugleich, ich zitterte und schwitzte zur selben Zeit.
    Ich setzte mich auf einen Toilettensitz und wartete darauf, dass Patterson und Colhoun gingen, wobei ich mir ein wenig lächerlich vorkam. Ich konnte ihnen schlecht sagen, dass ich im Bewerbungsgespräch gelogen hatte – dass ich nichts mit ihrer Suspendierung zu tun hatte. Sie hätten mir nicht geglaubt.
    Schließlich klopfte es. Inspector Dempsey kam zögerlich herein und blieb in der Tür stehen.
    »Sind Sie in Ordnung?«, fragte er. »Brauchen Sie noch ein, zwei Minuten?«
    »Nein, es geht mir gut«, sagte ich. »Danke.«
    Seine Besorgnis war allerdings nicht ganz uneigennützig. »Ich brauche Sie da drin. Wir haben ein Problem mit O’Kane.«
    Ich hatte das Video, auf das wir gewartet hatten, vorübergehend völlig vergessen. Unwillkürlich stöhnte ich auf.
    »Sind Sie sicher, dass Sie okay sind?« Dempsey blickte mich fragend an.
    Diesmal erwiderte ich nichts, sondern stand unsicher auf und folgte ihm aus dem Raum.
    Auf dem Weg zum Vernehmungszimmer begegneten mir diverse Kollegen. Niemand sah mir in die Augen oder erkundigte sich, wie es mir gehe. Irgendjemand hatte Patterson verpfiffen, und mochte er auch ein Grobian sein und mit seinen Einstellungen Anstoß erregen – die eine Krähe hackte der anderen nun einmal kein Auge aus. Ich legte den Weg zum Vernehmungszimmer so rasch wie möglich zurück.
    Die anderen hatten sich das Band bereits angesehen, man hatte es am Ende einer Einstellung angehalten. Zu sehen war, halb beleuchtet, eine einzelne Gestalt, die von Deckos Wagen forthuschte.
    »Spielen Sie es noch mal ab«, sagte Dempsey zu Brown und deutete mit dem Kinn auf den Fernseher. Der Anwalt hatte Jackett und Krawatte mit Blick auf die bevorstehende Freilassung seines Mandanten bereits wieder angelegt.
    Ich musste mir das Band eigentlich nicht ansehen, denn ich wusste, was ich sehen würde. Es war eigenartig, mich selbst von oben zu betrachten, als wäre ich in meinem eigenen Leben nur Beobachter – was mich wieder an die Panikattacken erinnerte, bei denen ich das Gefühl hatte, außerhalb meines Körpers zu schweben. Lieber nicht daran denken, sagte ich mir.
    Fast die ganze Zeit war der Abstand zur Kamera zu groß und die Aufnahme zu dunkel für eine Identifizierung. Nur in einem Bild wandte die Gestalt sich der Kamera zu, sodass Licht auf ihr Gesicht fiel und es halb

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