Galileis Freundin (German Edition)
Geschöpf, dass wir nur erahnen können, welche Unermesslichkeit sich hinter der Schöpfung jedes einzelnen verbirgt. Unermesslichkeit der Schöpfung, aber auch Größe und Macht und Versagen und bitterste Niedertracht. Über alledem thront die Liebe mit ihrer u n glaublichen Fülle an Zuneigung und Sehnsucht, an Glück und Schmerz.“
Caterina lehnte sich an die Schultern des Mannes. Sie schaute nach Norden und erfasste mit einer Bewegung ihres rechten Arms das gesamte Land, das sich dahinter ausdehnte.
„Das ist die Provence“, sagte sie mit Wehmut in der Stimme. „Das ist das geliebte Land meines großen Helden. Dies ist das Land, in dem wir unsere neue Heimat finden wollen.
Sie drehte sich in den Armen des Mannes um und schaute ihm in die Augen.
„Frains, mein geliebter Mann, kannst du dir vorstellen, ich lebe in einer neuen Dimension, ich lebe in einem neuen Leben. Niemals wieder werde ich das Bedürfnis verspüren, in die Toskana zurückzukehren. Dies soll meine letzte Reise sein. Meine vorletzte“, ergänzte sie lächelnd, „noch muss ich unser neues Heim, das du in den nächsten Tagen für uns drei suchen und b e stimmen wirst, aufsuchen. Dann will ich nur noch mit dir in unserem Heim wohnen oder ab und zu an die Küste reisen, um mich mit dir und unserem Sohn den Vergnügungen des Küstenl e bens hinzugeben. Ich sehne mich nicht nach den Gesellschaften am Hofe der Medici oder von irgendwelchen Provinzfürsten auf dem Lande. Ich bin so glücklich. So überaus glücklich.“
„Caterina, genieße das Glück und die Ruhe. Dein Leben war bisher gehetzt und von anderen bestimmt. Du sollst nun, nein, du wirst von nun an du selber sein. Du wirst für dich und für uns entscheiden. Welch glücklicher Tag, der dich bei dem Festmahl des Kardinals Giancarlo, mit mir zusammenbrachte.
Sie wanderten den schmalen Weg hinunter zum Hafen und begaben sich an den Küstenstreifen gegenüber Fort St. Jean, setzten sich dort in das Gras direkt am Wasser.
Die Markgräfin, die keine mehr sein wollte, lehnte sich mit ihrem Kopf an die Brust des großen Soldaten. Der herrliche Sonnenuntergang am Ufer des Mittelmeeres schenkte ihnen noch ei n mal die gleiche, friedliche Stille, die sie auf Notre Dame de la Garde gekostet hatten.
Nun war wirklich eine unendliche Ruhe eingetreten. Caterina erkannte diese Herzensstille ohne große Worte. Diese Stille war einfach da. Ihr Herz zeigte ihr den richtigen Weg. Sie hatte kle i ne silberne Tränen in ihren Augen, ein letztes Zeichen der vergangenen Enttäuschungen und Schmerzen. Mit der erneuerten Liebe war eine absolute Ruhe über sie gekommen. Sie war in einem Zustand der Erholung und Glückseligkeit. Sie wollte nichts mehr sagen, sie wollte nur noch ihr Glücklichsein genießen. Dieser Genuss drang durch alle Fasern ihres Körpers. Ihre Adern sangen in diesem Rausch des grenzenlosen Befriedigteins. Sie spürte es, sie empfand es. Es hatte nur wenige Augenblicke in ihrem Leben gegeben mit diesem höchsten Gefühl einer unendlichen Hingabe. Ihr Körper, ihre Seele waren mit Frains eins.
Frains reiste nach wenigen Tagen ab. Die glückliche Caterina zählte die Stunden, Tage und Wochen, bis er wieder zurückkommen würde. Zurück mit der Zeichnung und dem Besitz eines warmen Nestes für die Familie, irgendwo in der Provence, Hauptsache an einem paradiesischen Ort. Münzen in Gold und Silber hatte sie ihm mitgegeben. Sie sollten und sie wollten nicht unter Armut leiden. Bereits das Anwesen sollte ein Liebesschrein, aber auch ein ruhiger Dom ihres Lebens sein.
„Hab’ Geduld“, hatte Frains ihr beim Abschied zugerufen. „Ich will in Ruhe und mit sehr viel Bedacht suchen. Je intensiver ich suche, desto besser wird unser Heim sein. Freue Dich auf unser Wiedersehen.“
Ja, sie freute sich, sie wollte geduldig sein. Die Entscheidung und die Wahl würden für ihn nicht einfach sein. Erst nach erfolgreicher Suche konnte er wieder aus dem Landesinneren an die Küste nach Marseille zurückreisen. Eine lange Reihe von Tagen, vielleicht einigen Wochen, die ihr zur Qual des Wartens und der Sehnsucht werden sollten.
Die überglückliche Gräfin ließ ihre kleine Gesellschaft an dem ganz großen Glück teilhaben. Bool erkannte diese Teilnahme mit strahlenden Augen in seinem Schiff wieder, das sie wiede r erstellen ließ. Marzial Curzio war von den Erzählungen seiner Mutter sehr neugierig geworden auf seine neue Heimat. Valerio signalisierte als Einziger mit barschem Ton und
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