Galileis Freundin (German Edition)
Deine Aufgabe ist größer als der kurze Zeitraum deines Lebens in diesem engen Kreis. Der staubige Glanz auf diesem Boden ist nur von kurzer Dauer. Der ewige Glanz, das Licht, das nicht zu Ende kommt, ist dein Ziel. Es gibt eine Kraft, die von Unendlich kommt und die ins Unendlich geht. Das ist dein Leben.“
"Was siehst du noch? Ist es bald, was geschehen soll? Wird es früher oder später sein?"
"Die Ewigkeit kennt keine Zeit" antwortete die Alte mit gleichförmiger Stimme.
"Nichts und Niemand kann dir sagen, was jetzt ist und später. Niemand wird dir den Zeitpunkt angeben können. Er wird sein. Er wird kommen. Sei bereit. So oder so, wird es sein."
Außerhalb des Zeltes wusste sie nicht mehr zu sagen, was die alte Wahrsagerin ihr eigentlich geweissagt hatte. Sie konnte es auslegen in dieser oder in jener Richtung. Dennoch machten ihr die dunklen Worte zu schaffen, die wie eine Gewitterfront auf sie zu rollen drohten.
Sie suchte sich in dem Trubel der Menschen zu zerstreuen. Doch die Menschen versagten ihr diese Zerstreuung. In dem Singen, Tanzen und Rufen der Gaukler fühlte sie sich wie eine ei n same, verlassene Frau, die mit dem Geschehen um sie herum nichts zu tun hatte. Es schien ihr wie ein Fluß, auf dem einige Holzstücke schwammen, in dem sie aber unterzugehen drohte. Niemand hörte ihre stillen, kraftlosen und verzweifelten Hilferufe. Ihr schien die Welt um sie herum, ähnlich wie die Festbanquette bei Hofe, wie ein übertriebenes, oberflächliches Geschrei von Menschen, das den leisen, klagenden Laut einer Nachtigall verdeckte.
Die Sonne stand tiefer, als sich Caterina entschloss , noch vor der Dämmerung in die Rue de la Croix zurückzukehren. Des Abends oder gar des nachts war es in diesem Viertel zu riskant.
Als sie in die schummrige Kaschemme zurückkehrte, fand sie ihre Gesellschaft in aufgeregten Gesprächen, die sie mit einem Halunken teilten, der sich vorlaut um die Belange der kleinen Gruppe gekümmert hatte. Caterina fragte nach dem Grund des rauen Gespräches und dem Wissen des fremden Mannes. Ihre beiden Herren schauten betreten zu Boden. Niemand wollte das Wort ergreifen, um Wahrheit und Klarheit zu schaffen. Bool, der treue Fischer war es schließlich, der ihr in die Augen schaute und begann: "Herrin, was dieser Spitzbube zu berichten hat, darf nicht wahr sein und es kann nicht wahr sein. Er ist ein Halunke, der großtuerisch seinen Geldbeutel auffrischen will. Er spricht von Nachrichten, die er hat, die er aber nur gegen klingende Münze hergeben will. Wir sollten ihn nicht anhören, wir sollten ihn am Kragen fassen und auf die Straße werfen. In unserem Lande werden die Überbringer teuflischer Nachrichten auf dem Scheiterhaufen verbrannt und die Reststücke werden den Vögeln zum Fraße vorgeworfen."
"In Eurem Land scheint man die Nachricht nicht zu verteufeln, aber den Boten zu hängen, du Armseliger", warf der Halunke ein. "Doch was interessiert den Liebenden die Taube, wenn er den Brief seiner Liebsten in Händen hält?"
"Also", Caterina schaute ihn freundlich an, "welch’ glückliche Nachricht hast du, wenn sie schöner ist, als die Taube, die sie überbringt?"
"Das ist es Herrin, er will erst die klingende Münze sehen, dann gibt er seine Nachricht preis. Doch seine Nachricht, so deutet er an, ist nicht das Geflüster eines Liebenden."
"Was ist es dann", fragte Caterina besorgt, "hier hast du zwei Taler, Bote. Nun lass deine Ta u be frei und gib uns die Botschaft."
Der Gauner, schaute gierig und unzufrieden auf die Münze.
"Für so wenig Geld, soll ich so großes von mir geben?" fragte er boshaft.
"Wenn du nicht bald redest, werden wir dich ins Meer werfen, Spitzbube", drohte ihm Valerio. "Bist du als Bote gekommen, mit festem Auftrag, oder hast du mit Glück eine Nachricht zufä l lig erfahren?"
"Auch der Zufall ist ein Diener des Verdienstes", fügte der Mann hinzu. Die Bedrohung durch die Toskaner schien ihm aber übermäßige Formen anzunehmen, so dass er geschwind seine Nachricht ablegte.
"Herrin", begann er stotternd und leicht zitternd, als wüsste er, dass in der Geschichte schon manch ein Überbringer einer schlechten Nachricht für die Botschaft allein gehängt worden war. "Ich war in den Landen hinter der Stadt. Dort in den Bergen, wo das laute Gebrüll von Ma r seille ein Ende hat. In den Bergen sind die Menschen ehrlicher und eher geneigt, sich zu b e sprechen, welch Unrecht einem Menschen widerfährt, aber auch wer denn so ein unrechter Mensch
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