Galileis Freundin (German Edition)
zurück. Mit zitternden Fingern trennte sie das Band durch, mit dem der Brief verschnürt war. Mit einer Haarnadel löste sie das Siegel. In der Nähe des Fensters las sie mit bebendem Herzen die ersten Grußworte des Frains d'Aix. Mit schwungvollen Lettern stand ihr Name am Kopf des Schreibens und mit großen Schriftzeichen und eleganten Bögen waren einzelne Buchstaben untermalt.
"Meine teuerste Gräfin, über alles geliebte Caterina, Mutter meines einzigen Sohnes Marzial Curzio,
Du erahnst nicht, mit welch ungestümer Freude ich den Boten Deines Herzens empfangen konnte. Hat sich jemals ein Mann glücklicher fühlen dürfen, konnte sich zu irgendeiner Zeit ein einfacher Soldat, der sich an fremde Herrscher verdingt, geehrter fühlen, als ich es in dem Moment getan, als ich die Botschaft Deines Herzens empfing?
Wie waren wir glücklich in den wenigen Tagen, die wir in Deiner lieben Toskana zusammen verbrachten. Wie schmachvoll haben uns die Herrscher Deiner Heimat verraten und vera b scheut. Verbannt wurde ich, meine teuerste, meine über alles geliebte Fürstin meines Herzens, zurück in die Stätte meiner Geburt, die sobald ich sie ohne Dich erreicht hatte, ein Ort dunkler Verzweiflung und unglückseliger Einsamkeit geworden war. Über Jahre hinaus wartete ich vergeblich auf Deine Rückkehr in die Wärme meines Herzens. Erfahren hatte ich bald, dass man Dich, meine überaus lebendige Gräfin, verbannt hatte in ein Kloster, hineingesteckt in dunkle und kalte Zellen, überwacht und überprüft von gierigen Nonnen und streitsüchtigen Äbtissi n nen. Jeden Tag verfolgte ich mit Schmerzen in meiner Seele, wollte nicht mehr leben, solange Du nicht bei mir warst. Nur ein Gedanke hielt mich aufrecht, ließ mich das Leid ertragen, der Gedanke, dass Du, die Krönung meines Lebens, eines Tages zu mir zurückkehren würdest. Mein Herz hat zu mir gesprochen, alle meine Sinne haben mir Tag für Tag immer wieder in den schmerzlichen Stunden meines Alleinseins die Antwort gegeben, dass Du zu mir zurückkehren würdest. Nie war ich verzweifelt. Niemals habe ich den Glauben an die kommenden schönsten Stunden aufgegeben.
Wie habe ich gebangt, gezittert und mich gegrämt, als ich erfuhr, dass Du, meine Königin, über die Weiten des Meeres alleine mit einem Fischerboot zu mir heimkehren würdest. Wie kannte ich doch die Gefahren einer solchen abenteuerlichen Reise. Kein Segelschiff, das kostbare T u che aus Spanien nach Florenz bringen soll, hätte den Mut, diese Strecke alleine zu fahren. Zu viele Gefahren lauern unterwegs auf einsame Segler, die nur ihr Glück heischen. Piraten, die Verbrecher auf hoher See, Stürme, hoher Seegang, Hunger und Durst und sogar g e fräßige Meeresschlangen sind die Folter eines jeden Seemannes. Du, meine Prinzessin, Du hast all diese Qualen erlitten, um Deinen geliebten Mann, Deinen Frains d'Aix, wieder in die Arme schließen zu können.
Hier wird jetzt Deine Heimat sein. Hier wollen wir uns ein Nest bauen, eine Heimat uns grü n den, in der wir immer und ewig vereint sein werden. Zusammen mit unserem gemeinsamen Sohn, den Du bis jetzt alleine erzogen hast, wollen wir eine Familie sein, die in Ruhe und Fri e den, nicht verfolgt von irgendjemandem, ihr freies Leben gestalten wird und alle Tage bis ans Ende der Welt in Frieden und Eintracht zusammenhalten wird.
Meine Liebe gebührt Dir, meine Treueste Gräfin, mein Herz ist, sofern es das noch konnte, noch mehr in Liebe zu Dir entbrannt. Nicht abwarten mochte ich meine Rückkehr zu Dir. Mit dem Boten selbst, wollte ich meine Botschaft sofort selber und mit warmen Herzen an Dich übertragen. Doch musste ich noch einiges richten, um für Deine Ankunft vorbereitet zu sein. Auch müssen wir uns einen glücklicheren Ort für unser Zusammensein suchen. Dort wollen wir hingehen, wo uns niemand kennt, und wo wir wirklich keine hässlichen Gesichter zu fürchten haben. So nimm denn, meine geliebte Caterina, diesen Brief als nur einen kleinen, unmerklichen Anfang meiner unerschütterlichen Liebe.
In wenigen Tagen, nachdem Du den Brief erhalten haben wirst, werde ich selber bei Euch a l len, meinen Lieben sein. Unermesslich wird meine Freude sein, Dich erneut in die Arme schli e ßen zu dürfen. Voller Vaterstolz, werde ich meinen kleinen Sohn Marzial begrüßen können, für den Du bisher alles alleine hast richten müssen. Habe nur noch ein wenig Geduld. Lass die So n ne noch zweimal aufgehen und sie am Abend wieder hinter den Bergen
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