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Galileis Freundin (German Edition)

Galileis Freundin (German Edition)

Titel: Galileis Freundin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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vorbeiging. Die Gilde der Ärzte und Heilkundler beachtete ihn mit Argusaugen. Nichts Unrechtes durfte er verrichten. Nur still und ohne Aufsehen ging er seinen Diensten nach. Von den Wohlhabenden ließ er sich fürstlich entlohnen. Manch armer Bäuerin schenkte er ein Lächeln und ließ sie ziehen. Den Hürchen, meist mit Pilzen und Entzündungen, G e schwülsten und Rötungen zwischen den Schenkeln, nahm er den Lohn ab, die sie für zehn Fre i er kassierten. Hinter manch einer Tür verschwand er zum Heilen und Helfen, zum Trösten mit Worten und Taten. Der galante Medikus aus San Gimignano kleidete sich wie der Edelmann aus der Provence. In dem heißen Schoß der einen und anderen lieblichen Dame der reichen Gesellschaft, auf oder unter einem strammen Mädchen aus der Provence, vergaß er unter Stöhnen und Schmatzen, mit heftigen Bewegungen und wilden Kämpfen seine Fürstin Picch e na.
    Am Ende des Hafens, von der Rue de la Croix d’Or, flanierte sie mit ihren Sohn auf die Rue Castelleria und über den Place Victor Gélu. Am Quai du Port angelangt, an der Pier, an dem alle Schiffe, die nicht ankerten, sich mit schweren Tauen an den Steinpollern gesichert hatten, blickten sie auf das Meer. Die Ausdehnung zum Hafen, die sich über das weite Meer erstrec k te, schenkte ihnen den Frieden einer weiten, vergnüglichen Welt. Der Hafen und ein Teil der Seeseite waren ohne Mauern geblieben. Die Geschütze in zwölf Türmen bedrohten jeden A n greifer, ließen sein Eindringen zu einem erkennbaren, gefährlichen Abenteuer werden. Hunde r te von heißen Stahlkugeln würden die Mauer der Stadt vor den Attacken der Feinde schützen. An der Hafeneinfahrt trotzte der viereckige Tour du Roi René an der Festung Saint Jean. U n weit davon signalisierte ein hoher Leuchtturm, der Tour du Phare, dem heimkehrenden Segler und Ruderboot Schutz und Zuversicht.
    Marseiller Handwerker und Händler, Patrizier und Krieger, Frauen und Edelmänner, sie alle flanierten auf den Kais, lachten und scherzten, spotteten und disputierten gestenreich oder b e obachteten das Beladen der Schiffe. Jeder heimkehrende Segler brachte Wohlstand und Reichtum, neue Nachrichten aus fremden Landen und den Frauen, kräftige, braungebrannte Männer, die liebeshungrig und sehnsüchtig nach Weibern Ausschau hielten und voller Abe n teuerlust steckten.
    Viele Straßennamen kündigten an, welche Handwerker und welche Gilden in ihnen ihrer Arbeit nachgingen. In der Rue de la Chandellerie produzierten die Kerzenmacher mit großer G e schicklichkeit die schmalen, langen Kerzen für die Kirchen und die zahlreichen Hausaltäre, aber auch für die Beleuchtung zur nächtlicher Stunde in den Häusern und in den Kaschemmen wu r den sie genutzt.
    In der Rue des Aufiers bearbeiteten die Männer und Frauen das Spartgras und flochten Leinen und größere Taue. Selbst Segeltuch und sogar Schuhe aus Stroh wurden gefertigt.
    Manchmal entdeckte Caterina, wie Valerio und Bool aus der Rue Inganienne bei den alten Windmühlen heranschlichen, wenn sie sich aus dem Viertel mit den Prostituierten in die Rue de la Croix d’Or machten. Direkt hinter den Baracken der Galeerensträflinge, dehnte sich das b a bylonische Viertel aus, dort lagen die Tempel der Prostitution, der Wollust und der Liederlic h keit. In diesem Hafenviertel, zwischen der Rue de la Reynarde und der Rue Radeau und im Norden der Rue Caisserie, tummelte sich die Unsittlichkeit zwischen acht Häuserblocks. Diese Festung der Wollust mit den vielen kleinen Gassen, die abschüssig zum Hafen hin liefen, hatte Caterina auch einmal mit ihren Männern besucht. Sie waren durch die Straßen gegangen und hatten sich manch eine Anpöbelung gefallen lassen müssen. Es roch dort nach Fleischausdü n stungen und Küchenabfällen. Hunde streunten durch die Gassen und jagten die Katzen. Auf den engen Straßen duftete es wollüstig nach Huren und geilen Männern. Der Mann roch nach Frau und die Frau nach Mann. Darunter mischte sich der Gestank nach Fisch, Schweiß und Urin.
    Manch eine Geschichte hörten sich Caterina und Marzial in der Rue Siam mit seinem Teufel s brunnen an. Es verging nicht ein Tag, wenn sie an dem Brunnen verweilten, ohne dass ihnen nicht die gruseligsten Märchen aufgetischt wurden.
     
    Eine Woche nachdem sie ihrem ersten Brief aus Marseille nach Aix geschrieben hatte, fühlte sich Caterina bestätigt. Der Bote war zurückgekehrt. Er hatte eine Botschaft des geliebten Mannes mitgebracht. Sie zog sich in ihre Kammer

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