Galileis Freundin (German Edition)
unzufriedenem Gesicht sein Leid. Er wartete unruhig, bis das Schiff fertig wäre, damit er mit seinem neuen Kumpan endlich die Flucht nach Hause antreten konnte. Keine Besorgnis über stürmische See, kein Piratenschiff und kein Durst konnte ihn mehr schrecken. Alles war besser, als die glückl i che Caterina jeden Tag erleben zu müssen. Ihr Glück war seine Bitterkeit. Ihre Liebe wurde sein Hass .
Ein Galeerensklave
Auf dem Platz zwischen Quai du port und dem Arsenal des Galères, dem Werftbau, pulsierte das überschäumende Leben. Ein festlicher Feiertag, ein Tag, den alle Welt nutzte, um sich den Vergnügungen hinzugeben. Marseille bekleidete sich mit den Zeichen einer Weltstadt. Eines Hafens, von dem man nicht umsonst in Ost und West, in Nord und Süd sprach und wohin viele Sehnsüchte der Seefahrer gelangten, wenn sie in anderen, eher trostlosen Städten rund um das Mittelmeer herum, in finsteren Kaschemmen und Spelunken, hausten.
Caterina entdeckte toskanische Seidenhändler, die ihre farbenprächtigen Stoffe anboten. Von ihnen hielt sie sich abseits. Verkaufsstände mit Keramikwaren und duftende Gewürzschalen ließen die Menschen schwindlig werden.
Gackernde Hühner, Enten, Gänse, Kühe, Hasen, selbst Rehe wurden angeboten. Seidenwaren aus China und Indien, arabische Tücher, Korbwaren und Keramikgeschirr aus Deutschland, Bibeln in der feinsten Art gedruckt aus Mainz, bunte Fenster, bemalte Balken für Türrahmen, Gaukler, Tänzer, Musikanten, Jongleure, Hexenmeister, Wahrsagerinnen, der größte und der kleinste Mensch, der Dickste und der Dünnste. Es schien alles zu geben, was sich darstellen konnte.
Leichte chinesische Drachen, lange Schlangen aus Papier, Ballons und fein geschnitzte Stöcke, Lederwaren aus dem bekannten Gebiet am Main, Schuhe und Strümpfe. Vor allem die ve r schiedensten Früchte schmückten manch einen Verkaufstisch und ließen ihn zu einem farbe n prächtigen nach orientalischen Wundern leuchtenden Schmuckstand werden. Eine lebenslustige Gesellschaft. Menschen, die der Freude voll waren und die sich ihr Glück gegenseitig zuriefen. Andere, die wohl dem Wein zu intensiv zugesprochen hatten, begannen sich zu prügeln, warfen sich Tonkrüge an den Kopf. Kinder jauchzten und sangen auf einem Esel. Glückliche Paare lachten fröhlich.
So, wie alle Glücklichen, wie die Stillen, nur Zweisamkeit Suchenden, so wie sie alle zusa m men, so fühlte sich Caterina. Ein überschäumendes Herz, das voll war von Freude und Übe r schwang und das explodieren wollte.
Ein buntes Zelt. Bemalt mit den bizarrsten Formen, mit weichen ineinander laufenden Farben, mit großen Glaskugeln, einem alten Gesicht, einer hell scheinenden Sonne und einem gelb leuchtenden Mond.
Die „Zukunft“ war mit Pinselstrichen auf das Zelt gemalt. Mme Coquet sagt Ihnen Ihre Z u kunft. Für nur trois sous, erhalten Sie Ihre glücklichsten Stunden.“ Gleichzeitig rief ein Werber diese Worte und lenkte die Neugierigen geschickt in einen kleinen Vorraum, in dem sich die Kasse befand.
„Entrez, entrez, bella Italiana, kommen sie herein. Lassen sie sich umfangen von den Wundern der einmaligen Wahrsagerkönigin, von Mme Coquet. Sie alleine beherrscht die gute Gabe der Weissagung, sie fehlt nie, sie wird sie nicht enttäuschen.“
„Ihr seid doch Italienerin, schöne Frau?“ fragte er zu Caterina gebeugt, „für mich hat der he u tige Tag soeben seinen Höhepunkt erfahren, da ich euch, Schönste aller Schönen, sehen durfte. Kommt zu uns. Weil ihr mir ein solches Vergnügen bereitet habt, erfahrt ihr kostenlos eure Zukunft. Ich bin der glücklichste Mensch dieser Welt.“
Das Volk lachte, es hatte seinen Spaß an der Begeisterung des Ausrufers. Caterina war von ihm in das Hauptzelt abgedrängt worden. In einer dunklen Ecke, die sehr finster schien, gerade, weil es draußen so hell war, hockte unbeweglich ein altes Weib mit langen, schwarzen Haaren. Das Alter hatte der Schönheit dieser Frau nichts anhaben können. Die Züge ihres Gesichtes glichen nicht denen einer Zigeunerin, auch wenn die Masse in ihr eine sehen wollte. Ihre dun k len, vollen Haare unterstrichen die hellen, wasserblauen Augen. Eine fein geschwungene Nase kündete von einem gefühlvollen Leben. Sie war so wenig eine Zigeunerin, wie Caterina eine Bäuerin war. Der Blick in die Zukunft hatte diese alte Frau nicht zufriedener gemacht, eher nachdenklich. Erschrecken und Begeisterung, beides konnte die Sicherheit dieses Weibes nicht
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