Galileis Freundin (German Edition)
halten, müsste er rechtzeitig umkehren. Der Reiter entfernte sich sogleich wieder von ihm. V a lerio war mit seinem Kummer allein, mit seinem Schmerz einsam. Ärgerlich über sich selbst wollte er sein Problem nicht mit jedermann besprechen. Die Karawane bog nach einer Weile von dem Weg am Meer ab und zog quer durch das Land den schnelleren Weg nach Osten zu, nicht jeder Calanque folgend. In seiner leidenden Seele rechnete er die Strecke durch, die noch vor ihnen lag. Bis nach Florenz, so hatte er sich sagen lassen, waren mehr als vierhundert Me i len zurückzulegen. Einen Monat lang jeden Tag mindestens sechs Stunden im Sattel sitzen. Jetzt waren sie vielleicht drei Stunden unterwegs gewesen. Die Sonntage würden sie auf ihrer Reise wohl aussparen. Es war auch die Zeit, in der den Maultieren Ruhe gegönnt wurde , damit sie die Strapaze durchhielten.
Die Sonne schenkte der Provence einen wunderschönen, nachsommerlichen Tag. Es war ger a dezu heiß. Die Tiere waren mit Schweiß bedeckt. Die brennende Sonne, der Staub des Weges aber auch die Sehnsüchte und seelischen Qualen nach Caterina betäubten ihn. Inmitten der vi e len Menschen und Tiere zog er einsam seines Weges daher.
In einem sich öffnenden Tal, verbreiterte sich der Weg und die Berge rückten nach rechts und links fort. Die Leitung des Zuges befahl nach einer Biegung Halt. In der Abenddämmerung lag vor ihnen eine Auberge mit einer großen Scheune. Die Treiber luden das Gepäck von den R ü cken der Maultiere und stapelten es in der Scheune. Drei bewaffnete Begleiter wachten über die wertvolle Fracht. Die Maultiere wurden allesamt auf einer großen Wiese zusammengetri e ben. Befreit von der Last schrieen sie ihr Glück in den abendlichen Himmel.
Das Gepäck des Arztes, wie das des Mönches und der Herren Boglio und Pessia war eiligst in die Kammern verfrachtet worden. Maultiertreiber und Wächter schliefen auf dem Stroh in der Scheune. Dort auch wurde ihnen die Abendmahlzeit serviert. Die Auberge war zu klein für all die vielen Leute. Alldieweil die Herrschaften in Kammern schliefen und des Abends zum Schmaus in den Gasthof gebeten wurden. Zum Abendbrot verzehrten sie eine "Galette", ein Brotfladen. Anschließend wurde eine schmackhafte Kohlsuppe serviert. Die Signori Boglio und Pessia, legten sich genüsslich zurück, als sie ihre Mahlzeit zu sich genommen hatten.
"Nun, Sig nore Valerio", begann Pessia, " wie ist euch dieser erste Tag bekommen? Wir hoffen doch, eure Qualen waren nicht zu stark. Euer langer Aufenthalt in Marseille hat euch vom Re i ten entwöhnt. Ihr seid es eher gewohnt, auf einem Studiersessel zu sitzen, als auf dem Rü c ken eines Pferdes."
"Meine Studien haben mich wahrlich von dem harten Sattel entwöhnt", lächelte Valerio, "doch werde ich mich mit den neuen Gegebenheiten wieder vertraut machen."
"Ihr solltet euch heute recht früh zu Bett begeben und auf dem Bauch schlafen", ermahnte der Klosterbruder. "Eine Entzündung an den empfindlichen Stellen des Gesäßes würde euch nicht viel Freude bereiten."
"Nun, unser Herr Valerio ist ein Medikus, er wird seine Sälbchen und Cremchen für solche Zwecke schon bei sich haben", Boglio gab sich sehr zuversichtlich.
"Nun lasst uns denn auf den glücklichen Beginn und den friedvollen Verlauf unserer Reise tri n ken." Valerio hob seinen Becher, mit Wein gefüllt.
"Gott beschütze unsere Reise", pflichtete Boglio bei.
"Er erhalte uns unsere Tiere und Treiber", ermahnte Pessia.
"Der gütige Herr im Himmel schenke uns Gesundheit und Sicherheit", sagte nun auch der Mönch.
"Vater", Pessia sprach den Mönch an, "ich denke unsere Reise kann nur mit Glück beendet werden. Ihr, heiliger Mann, ihr werdet den Segen Gottes auf unser Haupt holen und der Med i kus sorgt sich um unsere Gesundheit. Die Eskorten verteidigen unsere Güter und unsere Str e cke hat einen guten Plan."
"Nicht zu vergessen die Maulesel, die eure Güter sicher in ihre Lagerhäuser bringen sollen." Valerio lachte ein wenig zu aufdringlich.
Die beiden Kaufleute begaben sich bald in ihre Kemenaten. Der Mönch schien sich zum Gebet zurückzuziehen. Valerio machte noch einen kleinen Gang um das Haus, um seine Glieder b e weglich zu halten. Er ging den halbdunklen Pfad zu der Weide mit den Tieren. Die Maultiere und die Pferde schnauften leise. Ab und zu stieß ein Pferd mit seinen Hufen in den Boden. In einer Ecke des Gatters unterhielten sich die Wächter mit flüsternder Stimme. In der Nähe des Holzzaunes erkannte er
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