Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Galileis Freundin (German Edition)

Galileis Freundin (German Edition)

Titel: Galileis Freundin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
Vom Netzwerk:
o chenmärkten und jährlichen Messen zwischen der Levante Küste und der Po Ebene, dem grö ß ten Weizenanbaugebiet, verkauft.
    Wie die gesamte Produktions-und Verteilerkette, war es für die großen Handelshäuser bedeu t sam, die Handelswege zu sichern. Überfälle, erpresserische Zahlungen an Aubergen und T a vernen oder unnötige Steuern an regionale Fürsten störten das Geschäft. Die Verluste durch Raub und Diebstahl auf den langen Strecken konnte einem Handelshaus zusätzlich schweren Schaden zufügen.
    Eine verlorene Karawane war erheblich kostspieliger als der Preis für eine Schutztruppe, kleine Geschenke an die Aubergen oder wohlwollende, größere Geschenke an die Landesfürsten, Zollbeamte oder Polizeipräfekten. Versuche, Polizei, Zoll und Bürgermeister zu bestechen, waren an der Tagesordnung. Meist blieb es nicht bei den Versuchen.
    Valerio erfuhr von der großartigen strategischen und logistischen Planungsleistung, die d er gewaltige Zug, den die Familien der Boglio und der Pessia aus Rapallo, von Avignon aus nach Florenz schickte, erforderte. Dreißig Maultiere mit ihren Treibern. Drei bewaffnete Sippenmitglieder vor dem Zug und drei bewaffnete Sippenmitglieder am Ende des Zuges. Sie beschützten den Handelszug von schnellen Pferden aus. Drei weitere bewaffnete Reiter gehörten zur bewegl i chen Eskorte. Sie patrouillierten links und rechts neben der Karawane, rückten in die Wälder aus, um einzelnen Landstreichern das Leben so schwer wie möglich zu machen. Auch waren die Maultiertreiber zusätzlich mit Musketen bewaffnet.
    Im vorderen Drittel des Zuges ritten auf ihren Pferden Ferdinando Boglio und Gervasio Pessia, die beiden Vertreter der reichen Handelsagenturen. Zwei Gäste hatte der Zug in seinen Schutz aufgenommen. Darunter war Valerio, der Arzt aus San Gimignano.
     
    Der erste Teilzug aus Avignon erreichte bereits nach zwei Tagen das Gebiet von Marseille. Im Südosten, in dem Gelände der Auberge de la Poterne, versammelte sich die Karawane.
    Mehr als sechshundert Meilen sollten bewältigt werden. Das würde einen Monat in Anspruch nehmen. Die Maultiere waren schwer beladen. Fünfzehn Meilen am Tag hatte die Karawane n leitung als Durchschnitt angenommen. Entsprechend waren die Etappen mit den Übernac h tungsmöglichkeiten eingeplant worden. Daran hatte man sich zu halten. Zweiundzwanzig Me n schen und fünfundvierzig Tiere verlangten stets nach Verpflegung und Unterbringung.
    In der Kirche des kleinen Ortes am Rande von Marseille las der Pfarrer die heilige Messe. V a lerio vermutete, dass auch dies eine Spende der Handelsfamilien war. Nicht nur sah er, dass die beiden Kaufleute eine Menge Geld in den Klingelbeutel legten. Vor dem Kirchenportal erhielt der Pfarrer nochmals von Ferdinando Boglio einen großzügigen Obolus. Nach soviel bar b e zahltem Segen musste ihre lange Reise zu einem Erfolg werden. Ihm, dem Valerio, sollte es gleich sein. Er hielt nicht viel von dem Zauber. Vielleicht aber hatte er einen Teil davon mitb e glichen, als er seinen Gesamtobolus entrichtet hatte.
    Für das kleine Dorf gestaltete sich der Abzug der Karawane zu einem Volksfest. Tische und Stände waren aufgebaut worden, an denen Lebensmittel, Kleidung und allerlei Hausrat feilg e boten wurde. Noch einmal konnten die Knechte ihr Glück an Kartenspieltischen versuchen. Für die Treiber und Eskorten boten sich hübsche Mädchen vor der langen Reise zum Vergnügen an. Ein Kinderchor sang, aus Blasinstrumenten wurden Abschiedslieder gespielt.
    Nachdem der Pfarrer seine Geldbörse in die Sakristei gebracht hatte, schritt er noch einmal mit einem Kaplan und zwei Messdienern aus dem Kirchenschiff heraus und schwenkte gewaltig das silberne Weihrauchfass . Zweimal ging er an dem ganzen Zug vorbei, der sich in einer Zweie r reihe mit den Tieren aufgestellt hatte. In dem frei gebliebenen Mittelgang zog er mit ruhigen, wohlgesetzten Schritten, neben sich die Ministranten und den Kaplan, von Maultier zu Mau l tier und von Treiber zu Treiber.
    An einer silbernen Kette hing die Navicula, in der Weihrauch auf glühenden Kohlen brutzelte und die Karawane in einen dichten, stark duftenden Nebel hüllte. Die Menschen fielen auf die Knie und bekreuzigten sich, als der heilige Mann sie segnete. Manch einer der draufgänger i schen Zugbegleiter hatte sein Mädel im Arm, das ihm noch vor ein paar Augenblicken in ihrem Bett ein wenig Körperwärme geschenkt hatte.
    Der traurige Valerio bildete das Ende der beiden Reihen. Die

Weitere Kostenlose Bücher