Galileis Freundin (German Edition)
Viele Kinder liefen dem Zug hinterher, bis auch sie hi n ter der nächsten Wegbiegung zurückblieben. In dem langen Zug kehrte nach einigen lauten Kommandos Ruhe ein.
Der Arzt aus San Gimignano dachte nicht erst jetzt an die Gräfin Picchena. Der Gedanke an die geliebte Frau verwirrte erneut seine Sinne. Zu sehr hatte er sich an sie gewöhnt. Wie leich t sinnig hatte er sich der Gräfin angedient, hatte er seine Heimat und seine Zukunft aufs Spiel gesetzt. Günstig schien es, dass sich der Franzose als Betrüger herausgestellt hatte. D a durch schienen alle Wege für ihn offen gewesen zu sein. Doch sie hatte ihm unmissverständlich zu ve r stehen gegeben, an ihm nicht interessiert zu sein . Warum nicht? Galt ihr Interesse dem Fischer, dem einfachen und im Grunde genommen bitterarmen Menschen. Was nur hatte er, Valerio, alles so falsch gemacht? Mit diesen Gedanken beschäftigte er sich, als die Karaw a ne die ersten Meilen hinter sich brachte.
"Ob es nicht doch ein Fehler gewesen war, Caterina mit dem Fischer Bool für viele Tage allein auf dem Meer zu lassen? Nicht wegen der Gefahr, die ihnen begegnen könnte. Unerträglich war es für ihn, seine geliebte Frau viele Tage allein mit dem Fischer zu wissen. Er hätte alle Möglichkeiten, die Gräfin für sich zu gewinnen. Valerio war sich sicher, der Bool würde dies auch versuchen. So hatte er schließlich noch dazu beigetragen, dem Fischer alle Tore und Möglichkeiten mit Caterina Picchena zu öffnen.
Valerio zürnte sich selbst. Wenn er gekonnt hätte, würde er noch umkehren, und sich für eine Reise mit Caterina auf dem Schiff entscheiden. Er würde alle Mühen und Strapazen auf sich nehmen, selbst eine erneute Seekrankheit, einen Sturm oder einen Angriff von Piraten. All di e se Mühen schienen ihm sehr gering und unbedeutend gegenüber dem Leid, das er jetzt erfuhr. Sie für viele Wochen nicht zu sehen, kam einem Martyrium gleich. Wenn er sie überhaupt j e mals wieder sehen würde. Schlimmer noch war, dass er sie dem Fischer offen in die Arme g e spielt hatte.
In dem hinteren Drittel der Karawane trottete er dumpf auf seinem Gaul dahin. Obwohl ihm sein Platz weit vorne bei den Kaufleuten und dem Mönch zustand, zeigte er keinerlei Bew e gung, sich mit diesen Menschen in ein Gespräch einzulassen. Das Leben erschien ihm trostlos und traurig. Er entfernte sich mit jedem Schritt seines Pferdes von seiner Gräfin. Beide bewe g ten sich auf ganz anderen Wegen. Er hatte die schmerzliche Empfindung, dass die Bande zw i schen ihr und ihm immer dünner wurden.
Einige Meilen hinter der Stadt Marseille schwenkte der Pfad in die Küstenstraße zu den wu n derschönen Calanques ein, die er von dem kleinen Segelboot aus liebengelernt hatte. Er blickte von einer steilen Küstenstraße auf die offene, blaue See. Als könne er besser erkennen, ob das kleine Segelboot in dem tief unten liegenden Wasser auszumachen war, beugte er sich zur Se i te. Seine Sehnsüchte eilten über das Meer und suchten verzweifelt den Weg zu seiner geliebten Frau. Seine Brust verkrampfte sich, seine Eingeweide schmerzten. Mehr als einmal war er nahe daran, den Schritt seines Pferdes zu wenden und die Küste entlang zu reiten, um Ausschau nach Caterina halten zu können.
Kurz bevor die Karawane in Marseille losgezogen war, hatte das kleine Schiff mit den Hei m kehrern vom Kai abgelegt. Ein ruhiger Wind hatte in die Rahen des Fischerbootes geblasen. Mit stolz geschwellten und geblähten Segeln, aber bei stillem Wasser, war das Schiff aus dem Hafen gefahren und erst auf der Höhe von Fort St. Jean hatte er das tapfere Boot aus den A u gen verloren. Caterina hatte ihm lange freundlich nachgewunken. Der Fischer war zu sehr mit seinen Segeln und mit dem Steuer beschäftigt gewesen. Ihre Freundlichkeit schien sich beim Abschied sogar in Fröhlichkeit zu wandeln, hatte er verbissen bemerkt. Vielleicht war sie gar so glücklich, weil sie endlich mit dem Fischer allein sein konnte, und ihm ihre Zuneigung u n eingeschränkt zeigen konnte.
Die Straße am Rande der steilen und weißgrauen Kalkfelsen in der Nähe der Calanques führte schnell wechselnd bergauf und bergab. Die Pferde schnauften. Die Treiber hatte n alle Mühe, ihre Maultiere bei Laune zu halten. Auf den steilen Hängen wurde die Gangart der schwer belad e nen Tiere erheblich langsamer. Einer der Reiter aus der Eskorte machte ihn darauf aufmer k sam, sich an das Tempo des Zuges zu halten. Wenn er der Meinung wäre, er könnte nicht mi t
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