Galileis Freundin (German Edition)
sein Pferd, blieb stehen und strich ihm sanft über die Nüstern. Das Reittier drückte seinen Kopf gegen die Hand seines Herr n.
Einzelne Wolken zogen über den klaren Himmel. Sehnsüchtig schickte der unglückliche Arzt seine Grüße zu den Boten am Himmel. Sie sollten seine Gedanken seiner kleinen Frau übermi t teln. Auf einem Baumstumpf ruhte er sich aus, stützte seine Ellbogen auf seine Oberschenkel, faltete die Hände und blickte mit erhobenem Kopf in die Ewigkeit des Weltalls. Die Ruhe und der nächtliche Frieden, der über der Landschaft lag, konnten seine verwirrten Sinne nicht ber u higen. Er wollte Ordnung in seinem Kopf machen. Er wusste nicht womit er beginnen sollte. In der Stille der Nacht erhob er sich wieder nach kurzer Zeit und spazierte ein wenig weiter an dem Gatter entlang. Seine Qualen wurden nicht geringer. Die Einsamkeit öffnete seinen Schmerzen jeglichen Zugang.
Leise flüsterte er: "Caterina, du hast mich verzaubert."
Seine gehauchten Worte entschwanden in die kühle Nacht.
"Ihr scheint euer eigenes, tägliches Leben kämpferisch zu verteidigen, wenn ihr so mit Macht gegen meine Prophezeiung wettert."
Fra Girolamo de Pagagliotti ereiferte sich in dem Wettstreit über Gebühr. Mit seiner rechten Faust schien er die wortreichen Angriffe seines Begleiters abzuwehren.
"Es ist doch nicht erst heute zu erkennen, dass in Florenz und der gesamten Toskana die Sucht nach Genüssen die Frömmigkeit der Menschen mit schwarzen Flügeln überschattet. Der Herr gebietet Keuschheit und Enthaltsamkeit, Valerio Chiarenti da San Gimignano." Die Augen des Mönches funkelten trotz der hellen Nachmittagssonne. Zorn und die Strafe Gottes schienen aus ihnen wie Blitze zu zucken. "Es sind die reichen Familien und die starken Handelshäuser, die bei Wein und Weib dem körperlichen Sinnentaumel zu frönen sich erdreisten. Die Fleischeslust, die Gier nach Nacktem und nach ergötzlichen Mägdelein ist in jeder der Villen und Palazzi das allabendliche Vergnügen. Wer nicht die richtige Magd gefunden hat, vergnüge sich an Knaben und manch ein anderer an Tieren gar. Die Sodomie ist so verbreitet, wie niemals zuvor auf dieser Welt."
Die Karawane war seit geraumer Zeit unterwegs. Etliche Tage lagen bereits hinter ihnen und Valerio hatte seinen Schmerz verwunden. Das Streitgespräch mit dem Mönch regte ihn an. Der Kampf mit Worten, das Jonglieren mit den Argumenten waren es gewesen, die ihn zur Wir k lichkeit seines Lebens zurückgeführt hatten. Er achtete den Mönch und schätzte den Disput mit ihm. Doch ebenso schleuderte er die Worte auch gegen den Dominikaner. Die Scheinheiligkeit der vielen Gottesmänner ließ ihn nicht ruhen, dem Angriff des Kirchenmannes einen Gegena n griff folgen zu lassen. "Fra Girolamo de Pagagliotti, hochgeschätzter Mönch aus Florenz, eure Gottesfurcht die schätz ich hoch. Doch vieles gilt es zu sagen, gegen das, was ihr vorgetragen habt. Um euch nicht verwirrt zu erscheinen, gehe ich der Reihe nach vor. Gestattet mir, den Disput ehrlich und auch offen, vor allem aber hart aufzunehmen."
"Valerio Chiarenti, Arzt aus San Gimignano, nur zu, nur zu. Haltet euch nicht zurück. Sagt das, was euch bewegt. Meist predige ich mein Wort von der Kanzel oder auf öffentlichen Plä t zen. Da s Gegenwort fehlt mir meist. Vielleicht kann ich mich bei eurer geschliffenen Rede noch schulen, um mich andern Orts noch besser darzustellen."
"Ich will und werde nicht beleidigend zu euch sein, Bruder Girolamo. Doch manches von dem, was ich zu sagen habe, wird auch euren Ohren nicht nur zu Gefallen sein. Und manches wird de m eigenen Stand eures hohen Hauses nicht zum Ruhme dienen."
"Valerio, ihr seid ein echter Kavalier der Rede. Doch spür' ich wohl die Vorsicht in eurer Spr a che. So seid noch einmal hier versichert, dass nichts für mich von übel sein kann, was mich bildet, den Angriffen in der Stadt noch besser standhalten zu können. Auch gestehe ich euch die Zorneswut gegen meinen eignen Stand zu. Eure Rede wird für euch keine schlechte Wirkung zeigen. Nicht hier und niemals. So nehmt mich denn beim Wort, das ich euch gebe."
"So ist es gut", stimmte Valerio bei. "Ich hab euch auf dieser Reise kennen gelernt als harten unnachgiebigen Disputanten. Als ehrenhaftem Manne schätze ich euch auch. So hab ich denn dies Vertrauen zu euch . Eure Ehrlichkeit ist unbestreitbar. Die glühende Wahrheit spricht aus euren Augen, ein Zeichen Gottes für die Aufrichtigkeit e u res Herzens."
"Wenn ihr mir
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