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Galileis Freundin (German Edition)

Galileis Freundin (German Edition)

Titel: Galileis Freundin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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schossen ihm durch den Kopf. Für keine dieser Fragen konnte er sich eine erkl ä rende Antwort geben. Sicher war nur eines, man hatte ihn im Namen des Großherzogs verha f tet. Er befand sich in einer Sänfte, die von laufenden Soldaten durch die Stadt getragen wurde. In der Sänfte war es stockdunkel. Die Fenster waren mit dichtem Stoff verhangen, offensichtlich auch mit schwarzer Farbe zugeschmiert worden. Es ging auch nicht in den Palazzo. Dann wäre man längst am Ziel. Die Weite der Strecke verhieß ihm nichts Gutes.
    Eine böse Vorahnung legte sich dunkel auf seinen Geist. Es gab nur einen Ort in Florenz, der schlimmer als ein Verhör im Palazzo Granduca war. Eiskalt lief es ihm über den Nacken.
    "Ein Patient, der gesund ist, wird nicht in ein Krankenhaus gebracht", dachte Valerio. "Ein Gefangener, der unschuldig ist, kommt nicht nach Santa Croce."
    Das war das Wort, das er zu denken nicht gewagt hatte. Es war die grauenvolle Vorahnung einer bösartigen Erkenntnis. Dem Arzt schwand das Blut aus den Adern. Er spürte, wie sein Gesicht eiskalt wurde. Als hätte sich ein Skorpion unter sein Hemd geschlichen, erstarrte die Haut seines Rückens. Die Panik lief ihm vom Nacken über die Schultern an der Wirbelsäule entlang, ergriff die andere Seite seines Körpers und kroch den Bewegungen des Skorpions folgend an seinen Lenden hoch über den Bauch und die Brust wieder bis zum Hals. Seine Haut spannte sich über seinen Wangenknochen, seine Hände zitterten. An seinen Schläfen pochte das Blut, und er fühlte, wie seine Augen aus den Höhlen traten.
    Der kalte Schweiß hatte sich auf seine Gliedmaßen gelegt und die nackte Angst bemächtigte sich seiner, als die Sänfte mit einem groben Ruck abgesetzt wurde und sich die Tür öffnete. Vier Bewaffnete standen vor ihm und ergriffen ihn sogleich mit festem Handgriff. Seine Arme wurden gewaltsam auf den Rücken gedreht, seine Hände mit rauen Stricken zusammen g e bunden. Eine dunkle Augenbinde wurde ihm sofort über die Augen gelegt.
    Vor Angst hielt er sich nur mit Mühe auf den Beinen. Seine Knie wurden weich, seine Sche n kel zitterten. Zwei der Soldaten stützten ihn und schleppten ihn über lange Flure. Dann ging es eine endlos lange Treppe hinunter. Die Schritte der anderen beiden vernahm er neben sich.
    Stolpernd fiel er in ein Verließ. Die Augenbinde wurde abgenommen. In dem kahlen Raum befanden sich nur eine hölzerne Bank und ein hölzerner Tisch. Der Lehmboden voller Löcher und Steine . In einer Ecke stand eine Pritsche. In die Wand war ein handbreites Loch eingela s sen, vor dem sich gekreuzte Gitterstäbe befanden. Längst war die schwere Eichentür in das Schloss gefallen und ein dicker, runder Riegel hatte sich mit einem hässlichen , metallenen Schreien von außen zugeschoben. Noch fiel durch das vergitterte Fensterloch Licht in seine Zelle. Valerio lief wie ein Stier durch seinen höchstens zwölf mal zehn Fuß großen Kerker. Er wollte es nicht wahrhaben, dass er, der bekannte Arzt, von den Missbräuchen der Macht in einen Kerker geworfen worden war. Er schaute sich alle Ecken eingehend an. Keine Möglic h keit auszubrechen.. Der mächtige Riegel vor der schweren Eichentür machte jegliche Hoffnung mit einem Blick zunichte. Die Strahlen der Sonne beschienen einen kleinen Flecken der Wand. Valerio las in dem hellen Licht eine ungelenk eingekratzte Inschrift.
    "Wer hier beherbergt wird, hat Kost und Logis sein Leben lang."
    Tränen schossen ihm aus den Augen. Schwerfällig ließ er sich auf der Bank nieder . Was hatte er damit zu tun? Was wollte man von ihm? Welcher Unglücksbote hatte die Lügengeschichten über ihn verbre i tet, um ihn zu vernichten? Welcher ungeheure Irrtum stand Pate bei seiner Verhaftung? Es musste ein Irrtum sein. Nichts hatte er sich in Wirklichkeit zuschulden kommen lassen. Dieser Irrtum musste so schnell wie möglich aufgeklärt werden. Ein Hoffnungsschimmer durchlief seine Gedankenwelt. Das war es, was er doch nur zu tun brauchte. Er musste den Irrtum sofort aufklären. Dann wäre er in wenigen Minuten wieder frei.
    Valerio klopfte gegen die Tür. Niemand schien ihn zu hören. Dann schlug er mit der Faust auf das schwere Eichenholz. Nur das Echo in seiner eigenen Zelle war zu vernehmen. Mit lautem Gebrüll trat er gegen die Tür, hämmerte erneut gegen das Holz.
    "Bleib ruhig Kumpel, hier hört dich niemand außer deinen Leidensgenossen. Uns raubst du aber nur den Nachmittagsschlaf ,“ rief eine dünne Stimme von

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