Galileis Freundin (German Edition)
warum er geladen worden ist", der Richter wandte sich seinen beiden Nachbarn zu und lächelte sanft. "Es scheint so, dass uns da ein kleiner Fehler unterlaufen ist .“
Valerio atmete durch, also ein Fehler. Er wähnte sich bereits in Freiheit auf der Piazza Santa Croce.
Wie ein Paukenschlag knallte die nächste Frage an sein Ohr.
"Was habt ihr, Valerio, während des langen Rittes von Marseille bis nach Florenz mit Fra’ G i rolamo de' Pagagliotti zu bereden gehabt?"
Valerio erschrak bis ins Mark über diese Frage. Was wollte der Inquisitor? Wollte man ihm eine Verschwörung anlasten?
"Herr, was habe ich mit ihm beredet? Ich weiß es nicht mehr so genau. Ich habe während der langen Wegstrecke mit vielen der Begleiter geredet. Auch mit dem Mönch. Und doch weiß ich nicht mehr, was wir beredet haben. Sicherlich vieles über ein gottesfürchtiges Leben und da r über, wie man sicher den Himmel bei unserem Herrgott erreichen kann."
"Ihr seid euch nicht mehr ganz sicher. Sagt uns einfach einen Teil von dem wenigen Halbsich e ren, das ihr beredet habt?"
Valerio bemerkte den Zynismus in der Frage. Sein starrer Nacken schmerzte .
"Herr, ich kann die Worte nicht wiedergeben. Sie sind mir entfallen."
"Nun, ich will euch ein wenig helfen, Valerio. Habt ihr euch über die Forschungsarbeiten des Girolamo in der Abtei von Sénanque ausgetauscht?"
"Herr, wir haben über vieles geredet. Vielleicht auch darüber."
"Habt ihr oder habt ihr nicht? Antwortet mit ja oder mit nein."
"Ja, Herr, wir haben."
"Was hat euch der Mönch über diese Arbeiten erzählt?"
"Er hat von dem Leben einer häretischen Gruppe berichtet, die im Languedoc vor allem behe i matet war, und die " Katharer" genannt wurden."
"Hat euch der Bruder des heiligen Dominicus auch berichtet, dass seine Studien und Forschu n gen geheim waren und nicht für die Ohren einfacher Gläubiger gedacht waren?"
"Ja, Herr, nein, das hat er nicht getan."
"Was nun, hat er oder hat er nicht?"
"Ja, Herr, er hat nicht."
Valerio war konfus geworden. Er wusste jetzt nicht mehr, wie er antworten sollte. Weil er nicht mehr wusste , welche der Wahrheiten ihn aus dieser Todeszone herausbringen könnte.
"Schreiber notiert, der Delinquent bezeugt, dass der Mönch ihn über seine Forschungen info r miert habe, dass er aber auch seinen Freund Valerio darüber informiert habe, dass diese Fo r schungen und Studien geheim gewesen seien und nur für die Ohren auserwählter Kreise der Heiligen Römischen Kirche bestimmt gewesen seien."
"Herr Valerio, ist das richtig so?" fragte er gleich anschließend.
"Ja, Herr, so ist es."
"Was, Herr Valerio, glaubt ihr von Fra’ Girolamo de' Pagagliotti. Wer scheint er in euren A u gen zu sein?"
"Herr, ein frommer Bruder aus dem Orden der Dominikaner. Er hat mich ganz schön zu Recht gewiesen und hat mich aufgefordert, mein Leben in Verzicht, Bescheidenheit und Gottesfurcht zu verbringen."
"Was ist er noch, in euren Augen, Herr Valerio."
"Ein frommer Prediger, der sich um die christliche Lehre verdient gemacht hat."
"Sagt mir, wie ihr das meint."
"Nun, er hat die Katharer Philosophie für abwegig geheißen."
"Sagtet ihr Philosophie? Sagte er Philosophie?"
"Ja Herr, er sprach von einer religiösen Philosophie."
"Herr Valerio, sprach er wirklich von einer religiösen Philosophie?" schrie der Inquisitor laut.
"Herr, das tat er. Herr, was werft ihr mir vor, was soll ich getan haben? Ich versichere euch, nichts mit dem versuchten Mord an dem Granduca zu tun zu haben. Ich bin unschuldig."
"Oh, wer hat denn gesagt, dass wir euch deswegen anklagen? Herr Valerio, wir wollen euch nur ein paar Fragen stellen. Ich muss euch aber darauf aufmerksam machen, dass wir ein wenig nachhelfen werden, wenn euer Gedächtnis und eure Wahrheitsliebe nachlassen sollten . Hat euch der Mönch Girolamo über die Familie seiner Durchlauchtigsten Hoheit befragt?"
"Nein Herr."
"Hat er seine Meinung über den Großherzog wiedergegeben?"
"Herr, er hat gesagt, dass alle Menschen gleich seien und dass auch die Großherzöge keine b e sonderen Menschen seien?"
"Das hat er gesagt, Valerio? Hat er so unseren Herrn, seine Durchlauchtigste Hoheit, den Granduca der Toskana beleidigt?"
"Herr, ich fand es nicht als Beleidigung, es war nur so seine Meinung."
"So, nur so seine Meinung. Valerio, ihr seid ein studierter Mann. Ihr wisst doch, ihr wisst doch, wann man nur so etwas mal eben sagt. Hat sich der gemeine Mönch noch mehr über unseren Herrn, seine
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