Galileis Freundin (German Edition)
den Rest seines inneren Widerstandes.
In seinem Zimmer weinte er bitterlich ob seiner errungenen Freiheit.
Drei Tage nach dem Fest Santa Reparata wurde auf der Piazza Granduca ein mächtiges Gerüst erstellt. Das Monstrum maß zweiundvierzig Ellen in der Länge, neun Ellen in der Breite und nahezu vier Ellen in der Höhe. Auf Holzpflöcken stand der Koloss . Wie der Anlegesteg in e i nem Bootshafen in das Wasser hineinragt, führte das Gerüst von der Eingangspforte des Pala z zo Granducale an der Seite des Palastes entlang und stieß an der Ecke des Gebäudes in die Piazza Granduca vor. Am Ende des Steges, inmitten der großen Piazza wurde das Gerüst in einen Kreis auf über acht Ellen Durchmesser erweitert. Das Rondell über einer Granitscheibe im Pflaster, die an die Hinrichtung Savonarolas erinnerte, wurde mit Terrakottasteinen ausg e legt. Die Seiten wurden mit kleinen Ziegelmäuerchen eingedämmt. Zwischen den Mäuerchen und dem Holzgestell verhinderten aufgetragene Asche und Sand ein Übergreifen des Feuers auf die Balkenkonstruktion.
Kleine Holzstückchen auf den Terrakottaplatten sollten den Brand schnell entfachen. Über den Holzstücken legte man viele Reisigbündel und Besen, die wie zu einem Hexentanz zusamme n getragen wurden. In der Mitte des riesigen Scheiterhaufens wurde ein breiter Kastanienbalken senkrecht aufgerichtet. Der Balken reichte durch das Rondell hindurch auf den roten Terr a kottabelag der Piazza Granduca. Unter dem vier Ellen hohen Rondell wurde der senkrechte Balken wie der hohe Mast eines Schiffes zwischen Planken und Querbalken verstrebt.
An der Spitze dieses stehenden Balkens war ein Kreuz angebracht worden, über das ein starkes Seil lief, mit dessen Hilfe ein Käfig hochgezogen werden konnte. Ein schmaler Gang, der im Reisighaufen frei gelassen worden war, erlaubte den Durchgang bis zu dem Pfahl.
Eine große Menschenmenge hatte sich auf dem Platz versammelt. Sie musste durch Wachen davon abgehalten werden, sich zu nahe an das Holz heranzuwagen. Deutlich und drohend zeichnete sich inmitten dieser Zuschauer das Rondell mit dem Scheiterhaufen gegen den dun k len Abendhimmel ab.
Aus dem Portal des Palazzo Granducale schritten mehrere Wachsoldaten heraus. Mit Fackeln in den Händen beleuchteten sie den Weg für das Inquisitionsgericht und die hohen Würdenträger. Zum Schluss erschien Großherzog Ferdinand II., hinter ihm Kardinal Giancarlo. Seine rote Mitra leuchtete im Widerschein der Fackeln.
An einem auf dem Steg aufgebauten Tisch mit roten Brokattüchern nahmen Inquisitoren, Ka r dinal und Großherzog Platz.
Unter dem langsamen Takt einer dumpfen Trommel schleppten Folterknechte ein schwarzes, eisernes Gerüst, die Gabbia di Ferro, aus dem Portal des Palastes über den Steg. Als sie bei den Würdenträgern vorbeigingen, blieben sie stehen, setzten die Gabbia ab und verneigten sich. Kardinal Giancarlo segnete das eiserne Gerüst, die Knechte trugen es weiter bis zum Rondell des Scheiterhaufens. An einer Kette, die mit einer Leine über das Kreuz des Mastes gezogen war, wurde die Gabbia unter dem Geräusche von metallischem Kreischen befestigt. Die Knechte traten zurück. Sie verließen an der Ecke zum Palast das Podest. Trotz der vieltausend köpfigen Menge herrschte Totenstille.
Ein einzelner Paukenschlag zerriss das Schweigen. Fra’ Girolamo de Pagagliotti wurde von zwei Männern, die in dunkle Kapuzenkutten gehüllt waren, über den Steg geführt. Niemand hatte bemerkt woher er kam. Vor dem Tisch der Würdenträger hielt die Gruppe an. Pagagliotti wurde auf die Knie gezwungen. Ein Henker hielt seinen Kopf mit Gewalt auf den Brettern. Giancarlo segnete den Delinquenten.
Dumpfe Trommelschläge setzten erneut ein. In ihrem langsamen Takt wurde Girolamo zum Scheiterhaufen geführt. Seine Hände waren auf dem Rücken gefesselt . Der Henker fragte ihn nach einem letzten Wunsch. Die Kapuze wurde ihm abgenommen.
Valerio hatte den Eindruck als richtete sich Girolamo noch einmal zu seiner ganzen Größe auf.
Er blickte nicht auf den Boden. Er schaute den neugierigen Menschen geradewegs in die A u gen. Viele zogen ihren Blick zurück und senkten ihre Augenlider verschämt auf den Boden.
Girolamo aber rief:
"Tuet Buße, lebt in Bescheidenheit und Nächstenliebe. Hass , Verleumdung und üble Nachrede sei euch fern. Der wahre Gott vergebe euch eure Sünden."
Er drehte seinen Kopf ein wenig zum Palazzo Granducale. Dann rief er, bevor ihm die Henker die Kapuze wieder
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