Galileis Freundin (German Edition)
Würmer unter der Erde dienen.“
„Schönes Fräulein“, schwärmte der Händler unbeirrt fort, „der Duft der Rose ist für eure Schönheit geschaffen. Als Gott der Herr die Rose schuf, muss er eure Wohlgestalt und euren Liebreiz vor Augen gehabt haben. Die alte Fuchtel neben euch dagegen muss einem stinkenden Esel entsprungen sein.“ Sein Gesicht wurde zitronensauer, als er sich zur Nanini wandte. Dann lächelte er wieder die kleine Gräfin an.
„Ihr werdet glücklich erkennen, wie sich die Menschen freundlich nach eurem Gesicht u m schauen werden. Doch habt keine allzu große Besorgnis, dass euch zu viele der unersättlichen Mannsbilder verfolgen werden, solange ihr von dieser schlechten Laune, dem Totengräber je g licher Schönheit, begleitet werdet.“
Mit einem Gerstenhalm, den er schnell von dem Tisch einer Bäuerin ergriffen hatte, wies der Gewürzhändler auf die schwarz gekleidete Begleiterin.
„Gottloser Türke, schändlicher Jude, mörderischer Heide“, zischte die grämige Amme zornig. Kaum jemand verstand ihre Verwünschungen, „wir werden euch noch die Maske der schändl i chen Lüge von eurem Gesicht reißen.“
Der Händler, ein Gemisch aus sizilianischer Haut, indisch fein geschnittenem Gesicht und der Schläue aus dem fernen Morgenland, beugte sich mit seinem Haupt nahe zum Boden, als seine Arme die untertänige Bewegung vollendeten, dieweil sich das versammelte Volk um die junge Gräfin drängte und bei seiner Geste lachte. Manch einer fragte nach dem Namen des Händlers. Andere versuchten an dem Ohr der Gräfin zu schnuppern.
„Nun, ihr Frauen und Mädchen,“ rief der Händler, als sich die Amme und das Mädchen en t fernten, „so werdet alle hübsch und lieblich wie sie, mit meinem göttlichen Rosenöl, das jedem Mann die Sinne raubt.“
Die Frauen lachten. Manch ein Ölkrügelchen wechselte noch in die Hände eines Fräuleins.
„Krämerseelen, die nur Beleidigendes auf ihren lügnerischen Lippen tragen“, knurrte Nanini finster.
Das Mädchen reagierte nicht. Es war das Geleier der keifenden Amme gewohnt.
Nanini vernahm von weitem das Schnaufen der alten Berta, stand bald wie zufällig neben der zukunftsagenden Hexe und schätzte sich glücklich, ungestört mit der Berta die unglaublichsten Geheimnisse aus den Grafen-und Fürstenhäusern zu bereden.
Zwischen den bunten Auslagen der Händler sprang das Mädchen fröhlich hindurch. Hier erfül l te sich das lebendige, wahre Leben. Hier gab es spannende Geschichten, seltsame Menschen und freche Kerle. Junge Burschen prügelten sich, klauten Obst von den Verkaufsständen und zogen den Marktweibern Gesichter. Ein braungebrannter, hemdloser Bauernjunge in einer ze r rissenen Hose und mit nackten Füßen zeigte ihr die Zunge. Die kleine Gräfin lief auf den fr e chen Kerl zu, streckte ihm ebenfalls die Zunge heraus und gab ihm eine Ohrfeige. Bevor sich der Knabe rächen konnte, verschwand Caterina in einer kleinen Seitengasse.
Sie schlenderte durch die enge Straße und lief in andere Wege hinein. An diesem bunten Ort Castel San Gimignano erfuhr sie das Auf-und Nieder der Nachbarn. Sie erlebte hautnah mit, wie der Stellmacher das Holz für die Wagenräder bog, wie der Schreiner einen Schrank baute. Sie fasste einen Webstuhl an, schaute dem Färber beim Färben zu und beobachtete den Händler, der die duftenden Gewürze aus großen Transportsäcken in kleinere umfüllte, und wie er Schubladen mit Mehl, Zucker und Salz befüllte.
Ganz besondere Aufmerksamkeit erwies sie der Arbeit des Schmiedes. Datini war ein rech t schaffener Mann mit vielen exzellenten Fähigkeiten. Im Auftrag ihres Vaters hatte er in der Burg Picchena eiserne Gitterstäbe an den Fenstern angebracht, ein neues, breites Eisentor vor den Ei n gang zur Burg gesetzt und an der schmalen Treppe in den finsteren Keller hinab das schwarze Geländer erneuert. Bei diesen schweren Arbeiten fand er in der kleinen Gräfin eine interessierte Zuschauerin. Seine Arbeiten in der Werkstatt faszinierten sie. Aus starrem Eisen schuf Datini wahre Kunstwerke. Unter seinen Fingern schmolz das harte Metall butterweich dahin, nahm ungeahnte Formen an und diente den Menschen zur Augenweide, zum Nutzen und zur Sicherheit.
So mussten die Ritter mit wuchtigem Schwert gekämpft haben, wie Datini mit seinem kraftvollen Arm den Hammer schwang. Er war ein wahrer Held. Schon immer hatte sie dem gespräch igen Mann viele Fragen gestellt und konnte sicher sein bereitwillig Antworten zu kommen
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