Galileis Freundin (German Edition)
Arztes Valerio Chiarenti da San Gimignano, stiftete Aufsehen und Unruhe zugleich. Wie eine strahlende Göttin, erschien der blonde Engel mit den blauen Augen, entgegen dem allgemeinen Schönheitsideal nicht rundlich, eher schlank und hoch gewachsen. Aus ihrem bisherigen Leben, das allgemein bekannt schien, hatten Matronen und Hausfrauen, Spitzenklöplerinnen und Gitarrenspielerinnen eher eine vom Leid geplagte, sorgenvoll gekennzeichnete Witwe erwartet, ein verängstigtes Weib, dem sie mit ihrem überheblichen Mitleid nutzlosen Trost und geschwätzige Zuversicht vermi t teln könnten.
Mit blankem Erschrecken staunten die höfischen Damen über die sonnenähnliche Erscheinung, ihre weitgreifende Ausstrahlung, die Männer und Frauen gleichermaßen in den Bann nahm. Ihre innere Überzeugung, die Geradlinigkeit ihres Lebens, ihre Durchsetzungskraft und Furchtlosigkeit in den Auseinandersetzungen im Dasein verliehen ihrem Auftreten einen selbs t bewussten , selbstsicheren Glanz. Schon schlossen sich adlige Herren und reiche Kaufleute der Markgräfin an, fragten sie nach ihrem Wohlergehen. Liebevoll und bereit antwortete sie auf Fragen, diskutierte zurückhaltend mit der reichen Gesellschaft der Toskana. Jede Gelegenheit nutzte sie, ein rechtmäßiges Bild aufrechtzuerhalten.
Einen kurzen Spaziergang in den Parks des Landgrafen in Begleitung eines Adligen aus Lucca nutzten die Schergen des Großherzogs, um die Gräfin Caterina Picchena auf der Stelle zu ve r haften. Von vier Gardisten in der Livree des Granduca wurde sie an den Armen gepackt und in eine Vettura gezerrt. Die einfache Kutsche war von außen verschlossen und von innen nicht zu öffnen. Bevor ihr Begleiter, Valerio, den Landgraf della Tosa, bekannt als gefürchteten Rebell, informieren konnte, waren die Gardisten mit ihrer wertvollen Fracht längst entschwunden.
Verhaftung
Die beiden Begleiter waren in der Kutsche stumm wie Fische. Sie hatten den Befehl erhalten, sich nicht zu äußern und keine Fragen zu beantworten. Am frühen Nachmittag erreichten sie Florenz. Die Kutsche rollte über die Piazza San Felice zum Palazzo Pitti. Die Markgräfin schöpfte noch einmal Mut, als sie den Palast der Medici wahrnahm.
Die Gräfin war sich sicher. Ferdinand würde sie empfangen. Sie trug noch ihr Festkleid, das sie bei der Hochzeit getragen hatte, mit einem gewagten Dekolleté. Der Gardist hatte Caterina alleine zurückgelassen. Überwältigt von den Geschehnissen, fassungslos ob der sie überro l lenden Ereignisse schaute sie sich in dem fürstlichen Audienzsaal um. Hier war sie einige Mal mit ihrem Vater gewesen. Meist ging es dabei um Festlichkeiten und um Empfänge, die von dem Herrscherhaus veranstaltet wurden. Sie schritt zu einem der großen Fenster, blickte auf die Straße vor dem Haupteingang des gewaltigen Palastes. Über den Arno hinweg erblickte sie die Gärten im Westen von Florenz.
Der prächtige Audienzsaal erstrahlte mit seinen roten Seidentapeten, als die verschleierte So n ne hinter einer vorbeiziehenden Wolke hervorschaute und einige wenige leuchtende Strahlen den Wandschmuck trafen. Von der Mitte der hochgewölbten Kuppel hing ein gewaltiger Kro n leuchter aus Messing. Mindestens einhundert Kerzen schienen ihn zu schmücken. An der Wand, den Fenstern gegenüber, ruhte auf einer Konsole ein in Gold gefasster Lehnsessel. Sit z fläche und Lehne waren mit rotem Brokat bespannt. Auf dem nur an wenigen Stellen sichtb a ren Marmorboden, ruhte ein dicker Teppich, gemustert mit tanzenden Nymphen aus der gri e chischen Mythologie. Caterina hatte nur Gedanken für ihre Audienz bei dem Großherzog. Sie stellte sich vor, wie sie ihm, mit dem sie manche Kindheitstage verbracht hatte, am erfol g reichsten begegnen wollte. Sie sah Ferdinand auf dem thronähnlichen Sessel sitzen, seine Füße leicht auf den kleinen Hocker gestellt. Sie wählte in ihren Vorstellungen mit Bedacht die Worte aus, mit denen sie dem Großherzog begegnen wollte. Noch in ihren Gedanken versunken, ging sie langsam wieder zum Fenster mit dem Blick über den Arno in die Gärten Orti Oricellari. 'Dort, hinter dem grünen Dach der großen Platanen, habe ich mich mit Salvori getroffen', si n nierte sie über längst verlorene Zeiten. Inzwischen hatte es leicht zu regnen begonnen. An den Fensterbögen sammelten sich die dünnen Wasserfäden zu dicken Tropfen und fielen auf die Fensterbank. Die Markgräfin dachte an vergangene Tage aus ihrer Kindheit, als sie fasziniert den
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