Galileis Freundin (German Edition)
Fluch heraus.
„Auf die Knie mit euch.“ Er kniff seine Augen zusammen.
„Dies ist mein letztes Wort. Das Urteil des Großherzogs wird in allen Teilen vollstreckt. Fe s tungshaft in dem Maschio di Volterra bis zum Ende eurer Tage. Ihr werdet dort niemals wi e der herauskommen. Ich werde dem Urteil eine Verordnung nachsenden. Wer sich der Vollstr e ckung des Urteils auch nur in geringstem Maße widersetzt, wird gehenkt werden.“
Der Kardinal betätigte das Zugband einer Glocke. Der Offizier erschien.
„Raus mit ihr, zur Vollstreckung“, brüllte Giancarlo.
Caterina wurde von den Soldaten erneut in die Vettura verbracht.
Sie saß zwischen zwei Soldaten, ein dritter hockte ihr gegenüber. Niemand sprach ein Wort. Die Türen waren verriegelt. Nach einer Weile hob der Offizier die Vorhänge der Fenster hoch, so dass Licht in das Innere des Wagens fiel. Da fuhren sie bereits durch enge Gassen von Fl o renz.
Der winterliche Tag deckte ein graues Band über die Straßen. Der Wagen rollte über den Po n te Vecchio. In den Buden und Geschäften hatten die Händler die ersten Fackeln angezü n det. Eilig besorgten die Menschen vor dem kommenden Regen noch einige Lebensmittel und Pr o dukte für ihren täglichen Bedarf. Bunt gekleidete Menschen liefen die Bürgersteige entlang. Auf den Plätzen bauten einige Geschäftemacher ihre Stände langsam ab. Die Vettura fuhr am Arno entlang, Richtung Süden aus der Stadt hinaus. Die Frau in der Kutsche nahm noch einmal die schönen Häuser und Kirchen, die Paläste und Straßen, die sie so sehr liebte, wahr. Sie schloss die Augen. Was war geschehen? Es war alles noch so unfassbar .
Volterra hatte es immer wieder versucht und geschafft, dem gewaltsamen Streben der Florent i ner Einhalt zu gebieten. Volterra, die Säule der Freiheit im Südwesten von Florenz in der To s kana, hatte ihr Hoffnung und Mut gegeben. Ausgerechnet jetzt sollte sie nach Volterra in die Festung gebracht werden. Diese Festung, dieses riesige Mauerwerk, galt als unüberwindlich für Ausbruchsversuche. Mehr noch als das. Wer nach Volterra verbracht wurde, war von der Welt vergessen.
Stunde um Stunde verging in dem holprigen Wagen. Die Pferde schnauften. In dem engen Raum wurde es unerträglich stickig. Die Soldaten saßen militärisch streng neben ihr und scha u ten sie kein einziges Mal an.
Frauen und Kinder machten auf der regennassen Straße Platz, als die großherzogliche Vettura unter Peitschenknallen, Pferdeschnaufen und den Rufen des Kutschers vorbeifuhr. Die Bauer s frauen verneigten sich, die Männer grüßten ehrfurchtsvoll mit ihren Hüten und Mützen und die Kinder versuchten lachend hinter der Kutsche herzulaufen.
„Das Leben sollte so für sie zu Ende gehen? Das Leben, auf das sie sich mit ihren Studien sor g fältig vorbereitet hatte, dem sie selbst einige wertvolle Impulse geben wollte. Das konnte nicht der Wille des Schicksals sein. Sie sah sich in den grausamen Fängen einer noch grausam e ren Welt gefangen. Ein einzelner, zwei einzelne Menschen zerstörten sie.
Je länger die Fahrt dauerte, je mehr sie sich mit dem Unrecht beschäftigte, desto heftiger reifte in ihr der Gedanke der Flucht, um dem Berater des Fürsten, Kardinal Giancarlo, der frömmel n den Großherzogin Christine von Lothringen, den gierigen Buondelmonti nicht noch einen we i teren Erfolg gönnen zu müssen. Jeder Mensch, der freiheitlich dachte, war all diesen ein Stein im Weg. Sie konnten sich damit nicht abfinden.
Diesmal ging es um sie, um die Markgräfin Caterina Picchena, stolzer Spross eines rebellischen Geschlechtes aus Picchena. Sie würde es schaffen, dem Fürstenhaus ein weiteres Mal Wide r stand zu leisten.
Der Gedanke zur Flucht wuchs, je weiter sie sich von Florenz entfernten. S ie müsste jeden Gedanken sorgfältig abwägen. Sie würde nur einmal die Chance zur Flucht haben. Mi s slänge der erste Versuche, würde man sie fesseln, bis nach Volterra, bis in das Verderben.
Für eine Flucht trug sie ein zu weites Kleid. Mit diesem Kleid konnte sie keinen Fluchtversuch unternehmen. Wenn sie ernsthaft fliehen wollte, müsste sie sich schnell des Kle i des entledigen. Wie sollte sie laufen können, vor allem noch durch dichtes Unterholz im Wald, durch sumpfige Wiesen und breite Bäche? Jeder Strauch würde sich zu einem unüberwindl i chen Hindernis entwickeln. Es müsste dunkel sein, nur dann könnte sie in einer Gegend, in der sie selbst zu Hause war, die Flucht wagen. Nur so könnte sie den
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