Galileis Freundin (German Edition)
verstand.
Der Gequälte wusste ebenso nicht, ob die junge Gräfin Zugang zu seinen Schilderungen finden würde. Wahrscheinlich war es falsch, den Irrsinn seiner Erlebnisse zu berichten. Doch sie war bisher die einzige gewesen, die nach seinem Leid gefragt hatte. Vielleicht hatte sie doch die Mittel, mit der Macht ihres Vaters ein Gesuch bei den Medici einzureichen, dass man den u n schuldigen Datini in Ruhe ließe. Es war eine letzte Hoffnung. Nach der ersten angedrohten Folter hatte er noch an einen Irrtum geglaubt. Doch dann hatte die Inquisition ihn erneut geholt und ihn einer furchtbaren Folter unterzogen. Beim dritten Mal würde er die Tortur, die immer grausamer wurde, nicht überleben. Es war seine letzte Hoffnung, mit Caterina Picchena zu reden, ob sie nun jung oder älter war.
Wenn sie ihren Vater informierte, und der Landgraf sich für seinen alten Schmied einsetzen würde, könnte es eine Chance sein.
"Was heißt, rechtschaffen leben?“ fragte er. Ich habe immer geglaubt, dass ich rechtschaffen gelebt habe. Ich habe meine Arbeit getan, ich gehe zur Kirche, ich verehre die heilige Jungfrau. Ich bete und tue Gutes. Doch das alles war nicht genug. Die Inquisition hat mich erneut zu einer Vernehmung geholt. Sie beschuldigt mich der Verbindung mit dem Teufel. Sie klagt mich der Hexerei an."
Datini war außer Atem geraten.
"Was ist es, was man euch vorwirft?"
"Mein Erfolg ist es."
"Euer Erfolg, Datini, das kann nicht sein. Man kann euch doch nicht euren Erfolg vorwerfen."
"Gerade das ist es. Weil ich als Sc hmied mein gutes Auskommen habe . Er fragt mich danach, wie ich mit dem Teufel zusammen arbeite."
"Verzeiht, Datini, ihr arbeitet doch wohl nicht mit dem Teufel zusammen?“ erschauerte sie.
"Nein, Gott bewahre, jetzt fangt ihr an zu zweifeln."
"Nein, nein, ich zweifele nicht an euch. Ich glaube euch. Ich kenne euch sehr gut. Warum soll das, was ihr jetzt tut, anders sein, als das, was ihr vorher getan habt? Ich habe euch bei eurer Arbeit bei uns auf der Burg aber auch oft genug hier in eurer Werkstatt zugeschaut. Ich habe euch beobachtet, wie ihr geschickt die Werkstoffe schmiedet, wie ihr das Eisen lenkt und die Löcher in Scharniere macht. Ich habe gesehen, wie ihr das Geländer für eine Treppe dreht. Ich habe erfahren, wie schnell ihr bei der Arbeit seid, dass euch niemand ablenken kann, dass ihr nicht wie viele Handwerker, mal eben zw i schendurch einen Toskaner trinkt."
"Nur das ist es wohl, was mir vorgeworfen wird. Meine schnelle und gute Arbeit. Mein gutes Geld, das ich damit verdiene. Die Gilde der Schmiede beobachtet es auch mit Stolz, dass einer ihrer Diener ein Meister ist, der über die Grenzen von Castel San Gimignano und die umli e genden Städte und Dörfer hinaus, einen guten Namen hat. "
"Warum neiden sie euch euren Wohlstand?“, schaute sie ihn unsicher an.
"Neid und Eifersucht sind die hässlichen Schwestern des Erfolges und des Wohlstandes. E in Schmied aus Castel neidet mir meinen Erfolg. Auch wenn es nichts ist, wenn es nichts gibt, was er mir anlasten kann, dann erfindet er es, dann ist es etwas Geheimnisvolles, das nicht e r klärbar ist. So hat man eben erfunden, dass mein Erfolg mit dem Teufel in Zusammenhang steht.“
"Warum mit dem Teufel? Das verstehe ich nicht."
"Seht, ihr versteht es auch nicht. Es ist auch nicht zu verstehen. Es ist weder zu beweisen, noch ist das Gegenteil zu beweisen. Ich soll gestehen, dass ich mit dem Teufel in Verbindung stehe. Aber ich kann nichts g e stehen. Weil nichts davon wahr ist. Und glaubt mir, wenn die Inquisition euch eines Vergehens beschuldigen will, dann werden sie auch Gründe und s o genannte Beweise genug finden."
"Wer hat denn behauptet, dass ihr mit dem Teufel....."
"Behauptet hat es die Inquisition. Der Inquisition hat es ein anderer Schmied mitgeteilt. Ich will darüber nicht sprechen, weil es nur Vermutungen von mir sind. Aber da gibt es Zusammenhä n ge."
"Was habt ihr bei der Inquisition erlebt?"
"Darüber kann und werde ich nicht reden. Das unterliegt der Schweigepflicht. Es wird alles genau protokolliert, aber darüber reden darf ich nicht. Ich habe mich dazu verpflichtet."
"Datini erzählt mir, was ihr erlebt habt. Wie soll ich meinem Vater euer Leid schildern, wenn ihr mir nicht erzählt, was euch geschehen ist."
Ihm stieg vor Zorn die Röte ins Gesicht. Doch er besann sich sogleich. Für einen Außenst e henden war nicht zu erkennen, welch grausame Geschehnisse wirklich in dem Folterkeller pa s
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