Galileis Freundin (German Edition)
Ästen und dem Laub auf den braunen, feuchten Waldboden und spielten do rt mit schwankenden Gräsern. Datini atmete die frische Brise aus dem kühlen Wald tief ein.
Dennoch freute er sich wieder einmal über eine Arbeit außerhalb seiner Werkstatt. Vor allen Dingen, wenn es auf dem Weg durch diesen wundervollen Wald und die Leben spendende fr i sche Luft ging. Er war so zufrieden, wie er es selten in den letzten Wochen gewesen war. Sein Leben nahm eine glückliche Wende.
Die Quälereien würden sicher ba ld vergessen sein. Die Hoffnung auf be s sere Tage ließ ihn euphorisch werden. So, wie er es früher, als junger, kraftstrotzender Bursche des Öfteren getan hatte, begann er bald ein Lied zu pfeifen und fiel nach kurzer Zeit mit seiner tiefen Stimme in die Melodie ein. Datini sang ein Lied. Nach Jahren, nach vielen Jahren sang Datini zum ersten Mal wieder ein Lied. Er erreichte ausgelassen die Burg Picchena. Caterina empfing ihn und führte ihn zu ihrem Vater.
Der Landgraf begrüßte den Schmied freundlich. Lange berichtete der Verfolgte von seinen Quälereien, von der Unglaublichkeit der Verfolgung, von seiner Unschuld und von den Äng s ten, die ihn nachts quälten. Viele Worte wurden gewechselt zwischen den beiden. Es war eine vertraute Atmosphäre. Es war für Datini wie ein Stück Heimat, seine Zuflucht. Es war für ihn der sichere Hort eines befreundeten Menschen. Niemand konnte die Worte, die gesprochen wurden, mithören. Der Graf hatte die Türen geschlossen und seine Dienerschaft geheißen, ihn alleine mit Datini zu lassen.
Nach Stunden des Berichtes verabschiedete Picchena den Schmied aus seiner Audienz. Datini wandte sich an Marco und beide ersetzten das Gartentor, das am Hinterausgang des Parks in das Tal hinabführte. Er packte seine Werkzeuge wieder zusammen, lud das alte Gartentor auf, holte sein Pferd von der Weide, schirrte es an und lenkte sein Gespann frohen Mutes zurück auf den kühlen Weg in den Wald hinein.
Noch am frühen Nachmittag, Datini hatte seine Werkstatt soeben verlassen, schaute der Schmied Checco in Castel San Gimignano bei seinem Zunftbruder Datini vorbei. Schnell erfuhr er von dem Burschen, dass sich der Meister zur Burg Picchena begeben hatte.
Checco hatte kaum die Werkstatt verlassen, als er flink wie ein Wiesel zu laufen begann. Er eilte in die Locanda Romana. Die finstere Spelunke hatte den schönen Namen nicht verdient. Sie lag an der Straße von Volterra nach Colle di Val d'Elsa. Hier kehrte allerlei Gesindel ein. Verarmte Reisende, denen man ihre Habe geraubt hatte oder denen einfach das Geld unterwegs ausgegangen war, Diebe und Strolche und ein paar Huren, die ihre schönsten Jahre längst hi n ter sich hatten.
Durch die kleinen Fenster fiel selbst bei Sonnenschein nur wenig Licht in den niedrigen Raum. An den verdreckten Tischen hingen Spieler und Vagabunden. Söldner, die bereit waren, für ein paar Taler, das Schwert gegen jedermann zu erheben.
Bei manch einer Prügelei flogen nicht selten Tische und Stühle durch die Locanda, die an den Wänden oder auf den Knochen anderer Gäste zerschellten. Die Kaschemme war ein Ort auße r halb der Gesetze. Hierhin reichte nicht das Recht des toskanischen Staates. Oft genug hatte der Vikar aus San Gimignano im Auftrag und auf Befehl der Herrscher in Florenz, Soldaten in di e ses finstere Loch geschickt. Die Soldaten wurden in Schlägereien verwickelt, ihre Uniformen zerrissen, sie wurden mit Fleisch und Hundekot beworfen und mit Bier und Wein übergossen. Finstere Gesellen, die sich Gäste der Locanda nannten, wurden ab und an verhaftet und man sah sie nie wieder oder sie wurden je nach Lust und Laune des Vikars wieder auf fre i en Fuß gesetzt. So wurde auch nach einer Erstürmung der Locanda durch Soldaten nach ku r zer Zeit das Treiben in dem brodelnden Tiegel fortgesetzt.
Der Wirt hatte viele Freunde unter den Offizieren und unter den Klerikern, die ihn aus jeder Anklage befreiten. 'Piero Il Magnifico, Duca di Castel San Gimignano', so ließ sich dieser alte Haudegen von Fremden in seiner Locanda nennen. Messer Piero hieß er vor Gericht. Freunde durften ihn Piero nennen. Der Duca di Castel San Gimignano nahm innerhalb der dunklen Kneipe seine Titel ernst. So wurde hier verfahren. Hier herrschte sein Gesetz. Es war das G e setz der Gesetzlosen, der Armen, der Hungerleider, aber auch der Ahnungslosen, der Obdach Suchenden, der Einsamen und der Huren. Duca Piero war streng gläubig. Er schätzte die Kl e riker in
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