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Galileis Freundin (German Edition)

Galileis Freundin (German Edition)

Titel: Galileis Freundin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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nüchterne Sprachlosigkeit aus meinen Zeilen erkennen. Vielleicht ist das der richtige Sinn, den ich selbst empfinde. In meinem Schmerz bin ich schmerzlos geworden. In meinen Zornesausbrüchen bin ich sprachlos geworden. Auch wenn meine Seele nach Rache schreit! Kann mir jemals wieder die Genugtuung widerfahren, die mein Leid löschen kann? Nicht die Angst ist es, die mir zu schaffen macht. Das grenzenlose Unverständnis über die u n würdige Tat lähmt meine Zunge, lässt meine Gedanken zu Salzsäulen erstarren.
    Wenn Ihr diese Zeilen lest, erwarte ich nicht von Euch den Rat des erfahrenen Mannes, die tröstenden Worte des gelehrten Astronomen. Dass Ihr nunmehr von meinem Leid erfahren habt, soll mir in dieser Stunde genug des Mitfühlens sein. Was anderes könnt ich sonst erwa r ten?
    Meine Achtung habe ich selbst vor mir. Meine Ehre lebt in mir. Der Mond dreht sich weiterhin um die Erde. Die Erde wird sich ewig noch um die Sonne wenden. Was kümmert sie die Reden der Verlogenen?
    Ich gedenke der lehrreichen Stunden mit Euch auf Picchena oder in Florenz. Ich werde Euer gedenken, wenn schwatzhafte Dummköpfe mit Stolz und Arroganz die Wahrheit verneinen.
    Stets die Eure, bleibe ich in hoher Achtung vor allen Euren Erkenntnissen
     
    Eure Caterina Picchena.
    
    Als Galileo von der baldigen Rückkehr seines Freundes hörte, schickte er dem Senator und Staatssekretär einen Boten entgegen, er möge in Pantassieve, einem Städtchen etwa einen ha l ben Tagesritt von Florenz entfernt, auf ihn warten. Galileo machte sich mit dem Arzt Octavio Brenzoni sogleich auf den Weg, um den Senator vor seiner Ankunft in Florenz zu sprechen. In der Abendstunde traf man aufeinander und freute sich der glücklichen Rückkehr des Sen a tors.
    Nach dem Austausch von Höflichkeiten ergriff Octavio das zögerliche Wort. Er schaute plöt z lich auf und begann die Missetat zu schildern, wie er zu Caterina gerufen war und wie er den Abt in seiner Kutte, die Tochter Picchenas, aber auch die Amme, vorgefunden hatte. Er beric h tet mit der Methodik des Arztes, wohl wissend, wenn er über das Leid Caterinas, der lieblichen Tochter seines Freundes mit allzu viel Gefühlen berichten würde, könnte er die Rede nicht lä n ger sachlich halten und müsste selbst sich stets unterbrechen, um die Tränen aus seinen Augen zu trocknen. Galileo berichtete darauf über den Brief der Tochter des Grafen, wie das Schrif t stück ihn entsetzt habe.
    Schweigend, mit dunkler Miene hörte sich der Staatsmann die Reden seiner Freunde an. Viele politische Schicksale hatte er miterlebt, Krankheiten und Seuchen, Kriege, Mord und Totschlag erfahren, sogar das Siechtum und den Tod seiner geliebten Frau Alessandra nach Caterinas Geburt erdulden müssen. Das aber, was ihm nun zu Ohren gekommen war, war ein grausamer Schicksalsschlag.
    Ausführlich berichteten die Herren das Geschehen der Tat, die Verfassung seiner lieben Toc h ter Caterina aber auch die Reden in Florenz, die schadenfroh eine Untat seiner Tochter schi l derten.
    Noch immer schweigend schaute der Senator in die Augen seiner Freunde. Um seinen Mund arbeitete es zornig. Das war der schwerste Schlag, den Curzio Picchena, der Landgraf aus e d lem kämpferischem Geschlecht nach dem allzu frühen Hinweggang seiner geliebten Frau Ale s sandra erleiden musste . Das war das Unrecht in seiner übelsten Form. Das Vertrauen, das er dem Lehrer Pandolfini und seinem Abt geschenkt hatte, war so schändlich missbraucht , dass es die Seele töten wollte.
     
    Am nächsten Morgen fiel die Heimfahrt dem Grafen Picchena so unendlich schwer. Wie könnte er nun seiner Tochter in die Augen sehen, welche Worte würde er ihr als erste sagen?
    Picchena strebte, ohne erst in den Palazzo Granducale einzukehren, direkt zu seiner Villa an der Piazza dei Giudicci zu. Mit traurigem Herzen erreichte er das Eingangsportal, und eher als er dachte, stand da schon seine so gequälte Tochter Caterina vor ihm auf der breiten Treppe.
    Der Schritt des Vaters stockte eine Weile. Ernst und liebevoll schaute er in die getrübten A u gen seines Kindes, schloss es schweigend in die Arme. Endlich, den Trost des Vaters, des einz i gen nahen Menschen, den sie so unendlich liebte, zu spüren, begann Caterina still zu weinen. Sie ließ den Tränen freien Lauf und hielt sich dabei an den Schultern ihres Vaters. Ohne den Ausbruch der Trauer auch nur einen Augenblick zu dämmen, hielt der Graf das Mädchen fest in seinen Armen.
    "Caterina". Das Wort, das sie

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