Gallagher-Chroniken 01 - Gallaghers Mission
anhand seines Gesichts oder seiner Zähne identifizieren?«
»Auf die Idee sind wir auch schon gekommen, Mister Gallagher«, seufzte Hhuccr. »Aber wie Ihnen unsere Gerichtsmedizin bestätigen wird, hat sich unser Attentäter vor weniger als einer Woche einem chirurgischen Eingriff unterzogen. Das heißt, jemand hat ihm ein komplett neues Gesicht gegeben.«
Clou dachte einen Moment lang nach. »Wer hat die Mittel für eine solche Operation? Das MediCentre?«
Hhuccr kratzte sich am Kinn. Er selbst hatte eine Weile in der Polizeidienststelle der symirusischen Ärztestadt gearbeitet. »Das MediCentre. Durchaus möglich. Ich werde meine Kontakte dort mal aufwärmen, Mister Gallagher. Vielleicht erfahren wir ja auf diese Art und Weise etwas Interessantes, was meinen Sie?«
Clou zuckte mit den Achseln. »Einen Versuch ist es wert.«
*
»Auf Oea wurde die Ausstrahlung des umstrittenen Gallagher-Interviews mit großer Begeisterung aufgenommen«, meldete der SNA-Nachrichtensprecher. Clou glaubte fast, eine Spur von Schadenfreude aus der Stimme des Reporters herauszuhören. »In der oeanischen Bevölkerung ist die Erinnerung an den missglückten symirusischen Invasionsversuch, welcher von Clou Gallagher quasi im Alleingang vereitelt worden war, noch sehr lebendig. Die Regierung von Oea, welche im Rat der Kaffi-Liga eine wichtige Rolle spielt, hat ebenfalls ihre vorbehaltslose Zustimmung mit den Äußerungen des Söldners signalisiert —«
»Das reicht!« Sseggi II. beendete die Übertragung mit einem Fausthieb auf die Fernbedienung. Der Monitor der Kommunikationskonsole wurde dunkel, und das Gerät verstummte mitten im Satz.
Clou stand am Fenster von Sseggis Audienzzimmer und sah nachdenklich auf den Schlosshof hinab. Er ahnte bereits, was der Kaiser zu diesen Neuigkeiten sagen würde.
»Wissen Sie eigentlich, wie viel Zeit, Geld und Arbeit es mich gekostet hat, die Beziehungen zwischen der Kaffi-Liga und Symirus wieder halbwegs zu kitten?«, polterte Sseggi. »Alles umsonst, mein Freund, alles umsonst! Ich hatte mich so bemüht, den Oeanern ein besseres Bild von uns Symirusen zu vermitteln, und nun werden wir wieder mit diesen Fanatikern von damals in einen Topf geworfen!«
»Wer weiß, was für eine Version des Interviews auf Oea ausgestrahlt wurde«, murmelte Clou dumpf.
»Meinen Sie, man hat nochmals die Sendung umgeschnitten?«, fragte Nnallne und kratzte sich nachdenklich seinen struppigen Kinnbart.
»Ist nicht auszuschließen. Wenn die Agitatoren bei der SNA clever sind, lassen sie ihr jeweiliges Zielpublikum das hören, was es hören will«, entgegnete Clou.
»Und die Version, die bei uns ausgestrahlt wurde?«, fragte Sseggi wütend. »Wer wollte so etwas hören?«
»Die Freie Volkspartei«, sagte Nnallne achselzuckend.
»Das können wir nicht beweisen«, schnaubte Sseggi.
»Aber die Freie Volkspartei kann den meisten Profit aus der derzeitigen Situation schlagen«, gab Nnallne zu bedenken. »Könnte es möglich sein, dass die Freie Volkspartei die SNA bezahlt hat, das Interview so zu manipulieren, dass Mister Gallagher und Seine Majestät diskreditiert werden sollten?«
»Denkbar, aber unwahrscheinlich«, sagte Clou. »Außerhalb von Symirus haben sie keine Kontakte und keinen Einfluss. Nein, das vermurkste Interview ist auf dem Mist von diesem schnöseligen Starreporter gewachsen …«
»Nigel Faulckner«, soufflierte Nnallne.
»Genau der. Tja, und die Genossen von der Freien Volkspartei haben höchstens spontan die Gunst der Stunde genutzt und ihre eigene Kampagne gestartet, um den Kaiser und mich in den Schmutz zu ziehen«, sagte Clou frustriert.
»Ich vermute, eine Gegendarstellung hilft uns jetzt auch nicht mehr«, schlug Nnallne hilflos vor.
»In welchen Medien?« Sseggi lachte spöttisch und sah seinen Ratgeber aus traurigen Augen an. »Die meisten werden von der SNA kontrolliert, und sie werden uns kaum zu Wort kommen lassen. Oder unsere Aussage wieder verfremden, damit sie selbst nicht den Schwarzen Peter zugeschoben bekommen. Drittens glaubt die Öffentlichkeit nur das, was sie auch glauben will. «
»Womit wir wieder am Anfang wären«, sagte Clou finster.
*
Kommissar Hhuccr hatte in den Jahren, in denen er in der Ärztestadt gearbeitet hatte, nur selten einen Fuß in die Straßen gesetzt, welche er jetzt entlanglief. Das Viertel, in dem er nun gezwungenermaßen unterwegs war, gehörte zu den dunkelsten Ecken des MediCentres, welches sich sonst als Ansammlung von makellos sauberen
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