Gallagher-Chroniken 01 - Gallaghers Mission
Tonya, korrigierte er sich sofort.
»Ich gehe nicht allein«, sagte Clou entschlossen und hielt Sanderson am Arm fest, als der sich schon zum Gehen wandte.
Sanderson riss entsetzt die Augen auf. »Sind Sie wahnsinnig?«
Clous Blick duldete keine Widerrede.
Sanderson seufzte. »Na schön, meinetwegen. Aber nur das Mädchen. Mit allen ist es zu gefährlich!«
Clou fluchte leise und nickte knapp. Er bedauerte es, die beiden tapferen Offiziere ihrem Schicksal überlassen zu müssen, die sich so für ihn eingesetzt hatten, aber dies war Sandersons Spiel, und er musste notgedrungen Sandersons Spielregeln einhalten.
Gaynor schlief noch immer, aber Captain Taddox wütete mit hassverzerrtem Gesicht wie ein Berserker in seiner Zelle, als Clou, Tonya und Sanderson den Gefängnistrakt verließen.
»Warum tun Sie das für uns?«, fragte Tonya.
Sanderson tippte eine blaue Kachel an, die wie jede andere der etlichen Tausend Fliesen in der Korridorwand aussah, und eine Geheimtür öffnete sich vor ihm. Er ging ihnen voran und stieg eine steile, unbeleuchtete Treppe hinunter. »Ich habe meine Befehle«, sagte er schlicht.
»Von wem?«, fragte Clou.
»Also, schön, wenn es Sie so brennend interessiert: Ich arbeite nebenbei in der Abteilung K des Geheimdienstes der Republik Terra. Die Gelegenheit, einen derartigen Skandal am kerianischen Hof aufzudecken, können wir uns nicht entgehen lassen. Die hiesige Regierung mit solch einer Sensation zu destabilisieren, ist ein echter Glücksfall.« Er schnaubte verächtlich, um seinen Worten einen sarkastischen Unterton zu verleihen. »Fünf Jahre, Gallagher! Fünf Jahre hat es gedauert, bis unser Geheimdienst endlich einen Mann hier eingeschleust hatte. Heute Nacht endet meine Vorstellung auf diesem Planeten.«
Tonya hielt sich an Clou fest. Die Treppenstufen waren feucht und glitschig.
»Was ist mit unserer Hinrichtung?«, fragte Clou.
»Ist für morgen früh angesetzt. Der Hohe Lordrichter hat grünes Licht von seinem Mitverschwörer bekommen«, sagte Sanderson.
»Mitverschwörer?«, hakte Clou nach. Sanderson wusste also auch schon von der Affäre Weldrak.
»Sie wissen schon.«
Clou ließ sich nicht anmerken, dass ihn diese Aussage verunsicherte. »Ja. Wir wissen schon, danke.«
»Heute Nacht jedenfalls werden Sie Kerian bereits verlassen. Eine Explosion wird den Generator des Magnetfeldes ausschalten, der Ihr Schiff festhält. Die Flotte im Orbit wird nicht auf Sie schießen, weil sämtliche Waffenleitstände durch Computerviren lahmgelegt werden. Außerdem machen wir die Schiffe manövrierunfähig. Sie haben fünfzehn Minuten, das System zu verlassen, bevor man Ihnen folgt.«
»Und was wird aus Ihnen? Captain Taddox hat Sie immerhin erkannt«, erinnerte ihn Tonya.
»Er wird es aber niemandem sagen können«, beruhigte Sanderson sie, »denn die Zellen, in denen Sie saßen, sind auch Gaskammern. Niemand wird jetzt noch nach den Gefangenen sehen, bis es zu spät ist.«
Sie waren am Fuße der Treppe angekommen. Hier entzündete Sanderson eine altmodische Fackel und leuchtete mit ihrem flackernden, traurigen Licht in einen langen, engen Tunnel.
»Folgen Sie diesem Gang. Er endet auf dem Militärsektor des Raumhafens, etwa hundert Meter von Ihrem Schiff entfernt«, sagte Sanderson. »Sie haben für die zwölf Kilometer drei Stunden, also verlieren Sie keine Zeit. Alles Gute. Und machen Sie diesen Bastarden ordentlich die Hölle heiß. Wir zählen auf Sie!«
»Verlassen Sie sich darauf, Sanderson«, sagte Clou ernst. Ihm war klar, was für den Geheimdienstmann auf dem Spiel stand – die sorgfältig etablierte Tarnexistenz dahin, Zeit und Geld verloren … alles nur, damit Clou eine Chance bekam, die kerianische Regierung ins Wanken zu bringen. So betrachtet würde Clou dem irdischen Geheimdienst eine Menge Arbeit abnehmen, wenn der Skandal um Weldrak und Dvoria erst einmal ins Rollen kam.
Er und Tonya machten sich zügig auf den Weg. Sanderson sah ihnen nach, bis die Fackel zu einem kleinen, glühenden Punkt in der Ferne geworden war, dann stieg er die Treppe zum Palast wieder hinauf.
*
Clou und Tonya folgten den Windungen des engen Tunnels. Beim Graben dieses Geheimganges hatte man mehrmals Keller, Kanalisationen und unterirdische Verkehrswege umgehen müssen. Trotzdem glaubte Clou, dass der Gang im Wesentlichen die kürzeste Verbindung zum Raumhafen war. Vermutlich war er ursprünglich angelegt worden, um dem Geheimdienstchef bei einer eventuell drohenden Enttarnung
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