Gallagher-Chroniken 02 - Gallaghers Krieg
Sir.«
»Und geben Sie mir eine halbe Stunde Bedenkzeit, ehe Sie ein Kamerateam zu mir schicken. Ich denke, in den Abendnachrichten sollte ich einen Kommentar zu dieser Affäre abgeben.« Er grinste zuversichtlich. »Mir kommt da gerade eine Idee, wie wir diese Angelegenheit doch noch zu unseren Gunsten verwerten können.«
*
General Verne Tulan stürmte ohne ein Wort des Grußes in das Büro von Rath Mors. Sein sonnengebräuntes, faltiges Gesicht trug einen Ausdruck höchster Besorgnis.
»Hast du vorhin die Nachrichten gesehen, Rath?«, fragte er mürrisch.
»Danke, gut. Selbst auch?« Der dunkelhäutige Minister sah von den Akten auf, in die er vertieft gewesen war.
»Die Nachrichten. Die SNA-Abendnachrichten«, drängte Tulan.
»Ach so. Nein, habe ich nicht. Wieso?« Mors legte seine Unterlagen beiseite und bot Verne einen Stuhl an. Der Verteidigungsminister nahm schnaufend Platz.
»Unser aller Freund Katachara hat sich dazu herabgelassen, höchstpersönlich einen Kommentar zur Lage der Nation zu geben«, sagte er matt.
»Ich verstehe. War’s wenigstens unterhaltsam?«, fragte Mors sarkastisch.
Tulan zuckte hilflos mit den Schultern. »Die üblichen Tiraden, die Leute wie Kiergaard und Gonzales morgen wie Papageien nachplappern werden. Wie wenig effizient unsere Interimsregierung ist, was für ein Flittchen unsere Chefin ist und so weiter.«
»Flittchen?« Mors runzelte die Stirn. »Na, na!«
»Sie ist, wie Katachara heute publik machte, immerhin die Ex-Freundin von unserem Staatsfeind Nummer eins«, sagte Tulan. »Ich glaube nicht, dass uns das bei der Wahl helfen wird.«
»Tonya und Gallagher?« Die Kinnlade des Innenministers blieb offen stehen. »Herrgott, das muss ja noch zu einer Zeit gewesen sein, als beide Offiziersanwärter in der Marine gewesen waren.«
»Nicht ganz«, berichtigte ihn der General, »erinnerst du dich an die Affäre Weldrak?«
Mors rief sich die Fakten des Skandals in Erinnerung, der vor über fünfzehn Jahren Kerian erschüttert hatte. Im Zentrum der Affäre, die einen berühmten Admiral seine Pension und den Bruder des Königs sein Amt gekostet hatte, hatte ein unbedeutender kleiner Söldner namens Clou Gallagher gestanden. Außerdem war da noch eine junge Offizierin in den Fall verwickelt gewesen, erinnerte sich Mors jetzt … Tonya Delanne.
»Tonya und Gallagher«, wiederholte der Minister tonlos.
»Auch eine Affäre, sozusagen«, Tulan grinste schief. »Aber da ist noch nicht alles. Katachara hat auch von deiner Aktion auf Tarsia Wind bekommen.«
»
Unsere
Aktion«, berichtigte ihn Mors, »
mein
Geheimdienst,
deine
Kriegsschiffe. Wieso, hat er was davon erzählt?«
»Mehr, als ich hören wollte. Er hat das unangemeldete Eindringen von sechs schwer bewaffneten Jagdmaschinen in tarsianischen Luftraum als kriegerischen Akt dargestellt; unsere Suche nach Gallagher – die ja paradoxerweise erst durch die parteiische Berichterstattung der SNA ausgelöst worden war – war nun auf einmal für ihn eine Überschreitung von Kompetenzen und ein Beleg für den desolaten Zustand von Tonyas Regierung; außerdem hat er angedeutet, dass auch der Unfalltod von irgendeinem tarsianischen Provinzpolitiker durch unseren Geheimdienst arrangiert worden sein könnte.«
Rath Mors schüttelte schwer den Kopf. »Das ist nicht gut. Gar nicht gut, Verne.«
»Ich weiß«, gab der General gereizt zurück. »Die SNA dreht und wendet die Fakten, wie es ihrem Direktor in den Kram passt. Und da Katachara zwei Drittel der Medien mit seinen sogenannten Informationen füttert, sieht die öffentliche Meinung hinsichtlich unserer Wiederwahl verdammt negativ aus.«
Der Innenminister schwieg. Nach einer langen Pause schüttelte er erneut den Kopf. »Ich habe Tonya bereits klargemacht, dass wir Gallagher finden müssen. Ich werde ihr jetzt klarmachen, dass wir ihn nicht nur finden, sondern auch vor Gericht stellen müssen, wenn wir wiedergewählt werden wollen. Katachara hat uns gerade dafür das Ticket ausgestellt.«
»Was?« Der General sah ihn verwirrt an.
»Nehmen wir einmal an, Tonya bekennt sich in der Öffentlichkeit dazu, einmal die Freundin von Clou Gallagher gewesen zu sein«, sagte Mors und fing an, nachdenklich auf einem Kugelschreiber herumzukauen. »Nehmen wir weiterhin an, es gelingt uns, Gallagher zu fassen, ihn als Mörder des Königs zu überführen und ihn zu verurteilen … Dann haben wir plötzlich eine Präsidentschaftskandidatin, die ihr Amt so ernst nimmt, dass sie für das
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