Gallagher-Chroniken 02 - Gallaghers Krieg
schickte sich an, der Aufforderung nachzukommen, da wurde er von seinem verkleideten Kameraden unerwartet schmerzhaft angerempelt. Als die Aufmerksamkeit der umstehenden Drobarianer einen Moment lang ganz dem fluchenden Ingenieur galt, sah Cartier aus den Augenwinkeln, wie Clous Hand für einen Sekundenbruchteil zwischen den Lüftungsschlitzen an der Seite des Generators verschwand.
*
Das Shuttle, mit dem Clou und Cartier das Camp schließlich verließen, war alt, eng und schmutzig. Der Boden und die kargen, harten Sitzbänke des Passagierabteils waren zentimeterdick mit lehmiger Asteroidenerde bedeckt, die mit den Stiefeln und den Arbeitsoveralls der mit den Grabungen beschäftigten Drobarianer hereingetragen worden war.
Niemand versuchte, mit Cartier ein Gespräch anzufangen. Da Drobarianer nicht über Stimmbänder verfügten, konnten sie die menschliche Sprache nicht sprechen und Translatormodule waren in einer Umgebung, in die sich nur selten ein Mensch verirrte, eine Seltenheit.
Clou wurde ebenfalls respektvoll in Ruhe gelassen. Sein verbeulter Helm, die zerschrammte Rüstung und die abgebrochene Klinge an seinem rechten Panzerhandschuh zeugten davon, dass dieser Krieger einen langen, harten Tag hinter sich hatte. Die anderen Passagiere, die ebenfalls von der anstrengenden Arbeit erschöpft waren, hatten Verständnis dafür, dass dem müden Soldaten nicht der Sinn nach belangloser Plauderei stand. Cartier konnte noch nicht einmal mit Gewissheit sagen, ob Clou überhaupt wach war. Das undurchdringliche Helmvisier ließ keine Rückschlüsse auf den Zustand des Trägers der Rüstung zu.
Cartier verstand genug Drobarianisch, um einige interessante Details aus der gezischelten und gefauchten Unterhaltung seiner Sitznachbarn herauszuhören. So gab es scheinbar noch mehr als nur die eine Ausgrabungsstätte, die er und Clou gesehen hatten. Und er hatte den Eindruck, als wären sowohl Soldaten und Ingenieure als auch Wissenschaftler sowie einfache Hilfsarbeiter in den Camps tätig. Die verschiedenfarbigen Overalls der Drobarianer sowie gewisse wiederkehrende Vokabeln in den Gesprächsfetzen, die er aufschnappen konnte, unterstützten diese Theorie. Aber hatte die Expedition nun einen militärischen, einen wirtschaftlichen oder einen wissenschaftlichen Charakter?
Cartier seufzte und schloss die Augen. Bald würden sie das Flaggschiff der Drobarianer erreicht haben. Dort würde er die Antworten finden, nach denen er suchte. Dort würde er vielleicht endlich Professor Kross kennenlernen.
Und vielleicht würde er sogar dort sterben …
Kapitel 11: Wahlkampf
Der Himmel lag wie eine konturlose schiefergraue Masse über der Hauptstadt von Kerian. Es regnete schon seit Tagen. Die Meteorologen der lokalen Rundfunkanstalten trauten sich kaum noch, mit ihren schlechten Neuigkeiten vor die Kameras zu treten. Blitze zuckten über den Himmel und ein kalter Wind pfiff durch die beinahe menschenleeren Straßen der sonst so lebhaften Millionenstadt. Die Temperatur war inzwischen auf zehn Grad Celsius gefallen. Es war früher Nachmittag an einem Tag im Hochsommer.
Auf Tonyas momentanen Gemütszustand hatte das ›Suizidwetter‹, wie es in der Regenbogenpresse mit einem Anflug von Galgenhumor bezeichnet wurde, eine deprimierende Wirkung. Es schien schon seit Wochen, dass sich das gesamte Universum gegen sie verschworen hatte. Nun war offensichtlich auch der Wettergott nicht mehr auf ihrer Seite.
»Scheißwetter, was?« Rath Mors erschien in der Tür ihres Büros. Die Premierministerin machte auf den ersten Blick einen überraschend gelassenen Eindruck, dachte Mors; Tonya saß entspannt in ihrem schwarzen Ledersessel, die Hände hinter dem Kopf verschränkt und die langen Beine auf die Schreibtischkante gestützt. In ihren Augen jedoch las er grenzenlose Traurigkeit.
»Was ist los, Mädchen? Nervös wegen deines großen Auftritts heute Abend?«
Tonyas Mundwinkel zuckten nach oben. Am heutigen Abend fand die zentrale Veranstaltung des Wahlkampfes statt. In einer moderierten Podiumsdiskussion würden die Kandidaten der großen Parteien sich den Fragen ihrer jeweiligen Gegner und des Moderators stellen. Im Anschluss an die Live-Übertragung konnte das Volk dann online abstimmen. Die Stimmenauszählung erfolgte in Echtzeit, sodass das amtliche Endergebnis wenige Minuten nach dem Ende der Sendung bereits feststand.
Für Tonya war es der erste große Auftritt vor einem Milliardenpublikum. Je nach Ausgang der Wahl konnte es auch
Weitere Kostenlose Bücher