Gallagher-Chroniken 02 - Gallaghers Krieg
in der Richtung. Was weiß denn ich?«
*
Faulckners Schädel dröhnte. Der Faustschlag hatte ihn unvorbereitet und mit voller Wucht mitten ins Gesicht getroffen, ihn von den Beinen gerissen und in den feuchten Kies geworfen, ehe ihm noch klar geworden war, wer Ishmael wirklich war. Sein rechtes Auge würde am nächsten Tag vermutlich zugeschwollen sein und in völlig neuen Farben leuchten, dachte er verdrossen.
Er tastete vorsichtig mit der Zungenspitze seine Zahnreihen ab. Alle noch da, dachte er erleichtert, wenn sich auch einige Zähne ein wenig locker anfühlten. Großartig.
Er schlug die Augen auf und versuchte mühsam, wieder auf die Beine zu kommen.
»Das tat vielleicht gut«, sagte Clou Gallagher.
Faulckner schüttelte benommen den Kopf und tastete sein Gesicht behutsam ab. Die Gegend um sein rechtes Auge herum fühlte sich an wie ein überreifer Pfirsich.
»Freut mich für Sie«, murmelte der Reporter.
»Haben Sie eine Vorstellung davon, was Sie angerichtet haben, Faulckner?«, fragte Clou anklagend. »Mein Leben ist nicht schöner durch Sie geworden!«
»Ich weiß«, murmelte Faulckner verlegen. »Es tut mir leid.«
»Es tut ihm leid«, echote Clou spöttisch, »alle mal herhören, es tut ihm leid. Es tut Nigel Faulckner leid, dass er mein Leben zur Hölle gemacht hat, es tut ihm leid, dass ich von Planet zu Planet fliehen musste, es tut ihm leid, dass ich von der Freien Volkspartei zum Freiwild erklärt wurde, es tut ihm …«
»War es vor unserem Interview so viel anders?«, fragte Faulckner trotzig.
Clou verstummte überrascht. »Was?«
»Ihr Leben. Von Planet zu Planet fliehen, hier und da kämpfen, verfolgt von Kopfgeldjägern und den Symirusen und so weiter. War das anders, bevor ich Sie damals interviewte?«
Clou dachte einen Moment lang nach. »Es gab eine Zeit«, dachte er langsam, »da war das mein Leben, ja. Dann aber, als ich gerade anfing, sesshaft zu werden und Verantwortung für eine Familie zu übernehmen, da kamen Sie und warfen mich wieder um Jahre zurück. Reden Sie sich da nicht heraus!«
»Das will ich ja gar nicht«, wandte Faulckner ein.
»Gut. Wissen Sie eigentlich, wie oft ich daran gedacht habe, Sie umzubringen, Faulckner?«
»In den letzten Tagen oder in den letzten paar Jahren?«
Clou lachte verächtlich. »Sowohl als auch.«
»Warum tun Sie’s jetzt nicht?«, fragte Faulckner unerschrocken.
Clou packte den Reporter am Kragen und zog ihn zu sich heran. »Weil ich, ebenso wie Sie, viel zu sehr Profi auf meinem Gebiet geworden bin, um eine Sache wie diese persönlich werden zu lassen. Es steht mehr auf dem Spiel, als Sie ahnen, Faulckner!«
Faulckner schluckte hart, wich aber Clous zornigem Blick nicht aus. »Dann klären Sie mich auf.«
Clous Mundwinkel zuckten nach oben. »Vor laufender Kamera?«
»Ich bitte darum.«
*
Faulckners Hände zitterten leicht, als er einen frischen Speicherchip in seine Kamera legte. Da er weder ein Stativ noch einen Scheinwerfer bei sich trug, legte er das kleine Gerät auf einen flachen Stein nahe dem Lagerfeuer, das er nahe dem Landeplatz in den Bergen entfacht hatte. Aus dem Winkel sollte es möglich sein, sowohl ihn als auch seinen Gesprächspartner bei dem anstehenden Interview ins Bild zu bekommen, ohne Faulckners lädierte Gesichtshälfte zu zeigen.
Er drückte die Aufnahmetaste und ließ sich neben dem Feuer in den Schneidersitz sinken.
»Da sind wir also«, sagte Faulckner, »mal wieder bei einem Interview.«
»Ja«, sagte Clou Gallagher, »es ist ein paar Jahre her. Ich will schwer hoffen, dass Sie seit damals dazugelernt haben.«
»Diesmal gibt es keine Tricks und keinen doppelten Boden«, versicherte der Reporter, »also schießen Sie los. Wozu das ganze Versteckspiel mit Ishmael und diesem ›Subjekt G‹?«
Clou sah nachdenklich in die Flammen des Lagerfeuers. »Das ist ’ne lange Geschichte. Wissen Sie, nach dem Attentat auf Sseggi damals habe ich mit Debi und unserer Tochter das symirusische Imperium recht schnell verlassen müssen. Die einen hielten mich für einen Komplizen des Attentäters, die anderen einfach nur für einen lausigen Leibwächter. Angeheizt wurde diese Diskussion natürlich von der Freien Volkspartei, die mich immer wieder gerne mit dem fehlgeschlagenen Oea-Feldzug ihres damaligen Führers Nnuddz in Verbindung bringt.«
»Ich hörte, Sie gingen nach Canus. Ist das richtig?«
»Korrekt. Wir haben uns einen Weinberg gekauft. Nach zwei schlechten Ernten mussten wir allerdings
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