Gallaghers Tochter (German Edition)
Cartier, »war schon eine verdammt hübsche Biene. Und clever dazu!«
»War sie«, bestätigte Jedrell dumpf, »bis zu ihrem Tod vor fünf Jahren.«
»Oh«, machte Cartier. In seiner Brust krampfte sich etwas zusammen. Wieder war jemand unwiederbringlich verloren, der ihn ein Stück seines Weges begleitet hatte. Wieder hatte er keine Gelegenheit gehabt, Abschied zu nehmen – keine Chance, all das zu sagen, was er Tonya gerne noch gesagt hätte. Dass er sie, als er noch jünger gewesen war, insgeheim glühend verehrt hatte, zum Beispiel … »Ich glaube«, sagte er nach einer Pause, »ich brauche jetzt einen Drink. Du auch?«
Cartier zuckte gleichgültig mit den Achseln. »Hättest du zufällig ’nen Kaffee für mich?«
»Sogar einen von der Erde«, lächelte Cartier müde, »einen sogenannten Espresso.«
»Dann gerne.«
*
Einige Minuten später saßen Jedrell und Cartier in der gemütlichen Wohnküche des Anwesens; Jedrell hielt eine winzige, dampfende Tasse in den Fingern, während Cartier ein halb volles Kognakglas schwenkte und genießerisch daran schnupperte.
»So ist das also damals mit Bulsara gewesen«, schloss Jedrell seinen Bericht, »ein für alle Seiten profitabler Job. Mein Team und ich, wir haben gut daran verdient. Und Bulsara ist unabhängig geblieben, bis zum heutigen Tag.«
»Du wolltest von Clou erzählen«, erinnerte ihn Cartier.
»Richtig. Also, nach getaner Arbeit habe ich mich artig bei der Directrice verabschiedet«, sagte Jedrell. »Und wie das so ist, wir kommen ins Plaudern. Jedenfalls kommen wir auf unseren gemeinsamen Bekannten Clou zu sprechen. Und da hat sie mir was sehr Seltsames erzählt.«
»Und zwar?« Cartier nippte an seinem Kognak.
Jedrell stürzte seinen Espresso hinunter, schüttelte sich kurz und leckte sich dann zufrieden die Lippen. »Also, sie hat mir gesagt, dass Clous Frau bei ihr aufgekreuzt ist und ihr eine Szene gemacht hat. Debi soll gesagt haben, Clou sei nicht zu ihr zurückgekehrt, und Debi hat wohl den Verdacht gehabt, Clou hätte sie mit Tonya betrogen.«
»Oh«, machte Cartier bestürzt. »Hat sie das wirklich geglaubt?«
»Scheint so. Vergiss nicht, dass damals die Regenbogenpresse scharf auf alles war, was Tonya Delanne – die damalige Premierministerin – mit ihrer Jugendliebe Clou Gallagher in Verbindung bringen konnte«, erinnerte ihn Jedrell, »ein gefundenes Fressen für die Gazetten. Ging ja durch alle Medien.«
»Stimmt«, Cartier nickte ernst, »und als Clou nicht zu ihr zurückkehrte, muss sie das als Eingeständnis seiner Schuld interpretiert haben.«
»Schon möglich.« Jedrell schenkte sich noch einen Espresso ein. »Aber das war noch nicht alles.«
»Was dann?«, fragte Cartier gespannt.
»Tonya wusste auch nicht, was aus Clou geworden ist. Sie war davon ausgegangen, dass er längst tot war. Da er aber weder bei ihr noch bei Debi aufgekreuzt war, vermuteten wir, dass ihm etwas zugestoßen sein musste. Also hielt ich meine Augen und Ohren offen.«
Cartier sah wortlos zu, wie sich der Söldner zwei gehäufte Löffel Zucker in die winzige Espressotasse schaufelte. »Jahrelang«, fuhr Jedrell fort, »bohrte ich alle meine Kontaktpersonen an, hörte mich in jeder freien Minute nach Clou um. Keiner hatte ihn gesehen, nirgendwo war er aufgetaucht. Es war, als sei er damals geradewegs in ein Schwarzes Loch geflogen.«
»Ich verstehe«, sagte Cartier langsam.
»Vor einem Jahr hatte ich dann endlich Erfolg«, Jedrells Augen blitzten plötzlich wild auf, »und ein Typ, der mir einen Gefallen schuldete, gab mir den Tipp, mich mal in einem abgelegenen Gebirge auf Fulgii XXII umzusehen.«
»Fulgii XXII«, wiederholte Cartier naserümpfend. Das war kein Planet, auf dem er gesehen werden wollte; das raue Klima dort hatte auf die einheimische Bevölkerung abgefärbt. Fulgii XXII und seine Bewohner genossen in der Galaxis einen sehr zweifelhaften Ruf.
»Und was finde ich da?« Jedrell stürzte den zweiten Espresso ebenso schnell hinunter wie den ersten. »Eine Garnison von Soldaten der Galaktischen Allianz. Keine Elitesoldaten, ganz und gar nicht, sondern der übliche Biomüll von Wehrdienstleistenden und zwangsverpflichteten Veteranen. Ein ziemlicher Sauhaufen, sage ich dir. Und was denkst du, was die dort taten?«
Cartier zuckte ahnungslos mit den Schultern. »Kann nichts Wichtiges gewesen sein. Ich meine, wir reden von Fulgii XXII, nicht
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