Gallaghers Tochter (German Edition)
zwischen uns was passieren sollte – was ich ernsthaft bezweifle –, dann musst du schon mehr bieten als ein paar abgedroschene Sprüche.«
Sie wandte sich zum Gehen. »Komm mit, Lisnoa!«
»Charly. Manchmal. Komisch. Ja«, zirpte eine dünne Stimme neben Armands Ohr, dann waren Charlene und ihr dekletianischer Begleiter verschwunden.
Er blieb allein im Cockpit zurück. Allein mit den Instrumenten, die monoton tickten.
Allein mit seinen Gedanken.
*
»Charly. Gemein. Zu. Armand.« In der kieksenden, dünnen Stimme des Dekletianers klang ein vorwurfsvoller Unterton mit.
Charlene starrte mit verschränkten Armen aus dem Aussichtsfenster, welches den größten Teil der Backbordwand des Mannschaftsraums einnahm. Zugegeben, sie war ein wenig gemein zu Armand gewesen. Sie hatte sehr schnell erkannt, dass der junge Mann sich bis über beide Ohren in sie verliebt hatte – und sie hatte sich nicht verkneifen können, ein wenig mit ihm zu spielen. Es war dumm gewesen, dem Jungen falsche Hoffnungen zu machen, dachte sie jetzt. Er war zu naiv, zu verliebt, um zu bemerken, dass sie sich nur über ihn lustig machen wollte. Vielleicht dachte er ja wirklich, dass sie seinetwegen mitgekommen war.
»Armand. Naiv«, fuhr Lisnoa fort.
»Ich weiß«, entgegnete Charlene geistesabwesend.
Vielleicht hatte sie einen Fehler gemacht, überhaupt an Bord zu kommen. Schön, es war das Gratisticket gewesen, um Primwelt Z schnell und unauffällig zu verlassen, aber nun hing ihre Zukunft davon ab, was Ota Jedrell als Nächstes tat.
Sie seufzte schwer. Die Aussicht, eventuell ihren Vater wiederzusehen, hatte einen tiefen Konflikt in ihr ausgelöst. Einerseits fragte sie sich, ob er wirklich noch lebte und wie es ihm ging; ob das, was sie und ihre Mutter die letzten zwanzig Jahre geglaubt hatten, eventuell nicht die Wahrheit über sein Leben gewesen war. Andererseits war sie noch immer skeptisch, was den Wahrheitsgehalt von Jedrells Version der Geschichte betraf. Vielleicht klammerte er sich ja an Strohhalme oder handelte aus falsch verstandener Loyalität zu seinem alten Freund. So oder so, die einzige Möglichkeit, die Wahrheit herauszufinden, schien wirklich in einem Wiedersehen mit ihrem Vater zu liegen.
Womit Charlene zu dem nächsten Punkt kam, der ihr Kopfschmerzen machte – die Erfolgsaussichten dieser Mission. Schön, Jedrell hatte das alte Schiff ihres Vaters ausfindig gemacht, aber das besagte noch nichts. Der Aufenthaltsort ihres Vaters war momentan noch unbekannt. Oder konnte es sein, dass Jedrell mehr wusste, als er zugab? Vielleicht würde er erst alle Karten auf den Tisch legen, wenn er sein Team komplett zusammengestellt hatte. Sie selbst würde vermutlich genau das tun, wenn sie an seiner Stelle wäre, dachte sie. Im Moment konnte sie nicht einmal mit Gewissheit sagen, wie groß das Team letztendlich sein würde; die Jacht bot Platz für eine zwölfköpfige Crew, und derzeit waren lediglich fünf Leute an Bord, wenn man Lisnoa mal außen vor ließ. Andererseits konnte sie nicht ausschließen, dass noch irgendwo ein zweites Schiff unterwegs war, das zu Jedrells Kommando gehörte. Was das betraf, tappte sie völlig im Dunkeln.
»Charly. Sagt. Armand. Süß. Warum. Dann. Charly. Gemein. Armand?«
Charlene lächelte schwach. »Das verstehst du nicht, Lisnoa.«
»Lisnoa. Versteht. Armand. Verliebt. Charly. Auch. Verliebt.«
Charlene lachte schallend. »Du verstehst noch weniger als er!«
»Vielleicht. Bisschen«, gab der Dekletianer kleinlaut zu und surrte davon.
Nein, sie war nicht verliebt. Charlene schüttelte den Kopf. Wie konnte Lisnoa nur so etwas denken? Okay, Armand war ein gut aussehender Junge, gebildet, gut erzogen und auch sehr nett … ganz anders als die Typen, mit denen sie in der Vergangenheit zu tun gehabt hatte. Aber er war halt nur ein Junge, und sie und er hatten so gut wie keine gemeinsamen Interessen, soweit sie es bisher beurteilen konnte. Wäre er nicht so hoffnungslos in sie verliebt gewesen, vielleicht hätte sie ihn wirklich für eine Nacht oder zwei mit in ihre Kabine genommen. Es wäre sicher amüsant gewesen … aber so? Nein, es wäre nicht fair ihm gegenüber, nur mit ihm zu spielen und ihn dann fallen zu lassen. Es würde nichts Dauerhaftes sein können, dessen war sie sich sicher. Dann lieber gar nichts.
Sie beschloss, mit ihm zu reden. Das war es, sie würde mit ihm reden und eventuelle Missverständnisse
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