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Gallaghers Tod

Gallaghers Tod

Titel: Gallaghers Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Hiltrop
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langsam an dem Anwesen vorbei. So also lebte der Mann, der für das Ende der Monarchie auf Kerian verantwortlich war. Der Mörder des Königs verbrachte seinen Lebensabend in einem behaglichen Eigenheim mit Ausblick auf eine idyllische Landschaft.
    Das durfte nicht sein.
    Neem hielt den Wagen hinter einer Kurve an und stieg aus.
    *

    »Ich will mich wirklich nicht aufdrängen, im Gegenteil«, sagte Claire Rutherford. »Ich hatte nicht vor, mich selbst einzuladen, aber …«
    »Unsinn, meine Liebe«, winkte Debi ab. »Du hast es doch gehört: Im Moment würden sie euch sowieso nicht auf Kerian landen lassen, da kannst du gerne so lange hierbleiben. Wir haben ein Gästezimmer.«
    »Vielleicht möchte sie sich lieber wieder an Bord von Trigger verstecken«, witzelte Clou.
    Rebecca sah Claire fragend an.
    Claire zuckte mit den Schultern. »Insiderwitz.«
    »Aha.«
    »Dir wird schon nicht langweilig hier«, sagte Debi. »Wir sind zwar hier etwas weit vom Schuss, aber es gibt auch hier einige Sehenswürdigkeiten zu entdecken.«
    »Ich fürchte, ich habe keine Zeit für Sightseeing«, widersprach Claire trotzig. »Auch wenn ich bleibe, muss ich meine Firma leiten. Darf ich mal eure Kommunikationskonsole benutzen?«
    Clou wies einladend in die Ecke des Wohnzimmers, in der das Terminal in die Wand eingelassen war. »Fühl dich wie zu Hause.«
    »Danke.« Claire schob ihr Kaffeegedeck beiseite und stand auf. »Dann will ich mal gucken, was meine Angestellten in meiner Abwesenheit alles schon angestellt haben. Hat jemand ’ne Idee, wie spät es gerade in Sianong ist?«
    Rebecca wollte gerade etwas sagen, als die gegenüberliegende Wand in einer Wolke aus Licht und Lärm verschwand.
    *

    Das Erste, was Clou bemerkte, war die völlige Stille. Das Zweite waren die Schmerzen in seinen Armen und Beinen. Die gute Nachricht war, dass er noch lebte. Die schlechte: Etwas Furchtbares war geschehen.
    Er hatte schon genügend Explosionen erlebt und überlebt, um zu wissen, was passiert war. Selten war er einer Detonation jedoch so nahe gewesen wie diesmal. Die Druckwelle hatte ihn quer durch den Raum geschleudert, und aller Wahrscheinlichkeit nach waren seine Trommelfelle geplatzt oder zumindest schwer in Mitleidenschaft gezogen worden.
    Jeder Muskel schmerzte, und als er versuchte, die Augen zu öffnen, bemerkte er, dass seine linke Gesichtshälfte geschwollen war und sich breiig und taub anfühlte. Er blickte an die Decke und brauchte einen Moment, um sich zu orientieren – er lag mit dem Kopf nach unten zwischen der Wand und einem Trümmerberg aus Holz und rotem Leder, der einmal ein Sessel gewesen war.
    Als er versuchte, sich in eine aufrechte Position zu bringen, stellte er fest, dass sein linker Arm ihm nicht gehorchte. Auf dem linken Auge war er weiterhin blind, und seine Knie schmerzten. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis er sich aus den Resten des zertrümmerten Sitzmöbels befreit hatte und sich in seinem Wohnzimmer umsehen konnte.
    Dies war nicht mehr sein Haus.
    Eine Wand des Gebäudes fehlte. Kalter Regen prasselte auf rauchende Mauerstücke, die überall verstreut lagen. Das Mobiliar war wie von einem Wirbelsturm durch den Raum geschleudert und an den Wänden zerschmettert worden. Nichts erinnerte noch daran, dass hier vor einigen Minuten vier Menschen gemütlich bei Kaffee und Kuchen zusammengesessen hatten. Über allem lag ein säuerlicher Geruch, den Clou augenblicklich wiedererkannte – das unverkennbare Aroma, das ein Sprengstoff namens Tralenal R bei der Detonation verströmte. Wer auch immer es auf ihn abgesehen hatte, meinte es ernst. Für einen Moment wurde ihm schwarz vor Augen, und er kämpfte dagegen an, sich übergeben zu müssen.
    Rebecca war schon wieder auf den Beinen. Sie schien die Explosion ohne größere Blessuren überstanden zu haben und kümmerte sich um Claire, die mit schmerzverzerrtem Gesicht an der Wand lehnte. Die beiden jungen Frauen waren gerade auf dem Weg hinüber zur Kommunikationskonsole gewesen, als das Wohnzimmer zur Hölle wurde, und so hatte die volle Wucht der Druckwelle sie nicht getroffen. Er und Debi hingegen …
    Debi!
    Sie war der Explosion am nächsten gewesen. Wo war sie jetzt?
    »Debi?«
    Schwerfällig kam er auf die Beine. Seine Frau war nirgends zu sehen. Er rief noch einmal nach ihr, ohne seine eigene Stimme zu hören. Aus den Augenwinkeln sah er, dass Rebecca langsam auf ihn zukam.
    »Debi!«
    Dann sah er sie, und sein Herz gefror.
    Die ganze Welt schien für einen endlos

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