Gallaghers Tod
gewesen, dachte Rebecca.
Ihr Vater wirkte wie ein Fremder in seiner eigenen Wohnung, wie er da in seinem Sessel saß und seinen Kaffee umrührte, fand sie. Es sah nicht so aus, als fühle er sich in seiner Haut wohl. Immer wieder ertappte sie ihn dabei, wie er verstohlen aus dem Fenster nach draußen blickte – dorthin, wo Trigger geduldig im strömenden Regen wartete. In Momenten wie diesen sah man ihm seine achtundsechzig Jahre deutlich an. Und dass eine gemütliche Kaffeetafel mit Frau und Tochter nicht seine bevorzugte Form war, einen verregneten Nachmittag zu gestalten, war ebenfalls offensichtlich. Rebecca schätzte, dass er womöglich manchmal mit seinem alten Freund Ota Jedrell um die Häuser zog und von den alten Zeiten schwärmte oder so etwas in der Richtung.
»Wie läuft denn das Speditionsgeschäft so?«, wandte sich Debi an Claire in dem Bemühen, die eingeschlafene Konversation wieder in Gang zu bringen.
»Recht gut«, sagte Claire. »Kerian ist auf Importe dringend angewiesen. Die Ökosphäre des Planeten hat sich immer noch nicht erholt von —«
Sie verstummte mitten im Wort, und eine peinliche Stille legte sich über den Tisch. Rebecca seufzte leise. Claire hatte sich zu spät an Rebeccas Hinweis erinnert, dass Debi eine Offizierin des irdischen Flottenverbandes gewesen war, der die Hauptstadt des Planeten in einem orbitalen Bombardement ausgelöscht hatte. Sie war nicht stolz darauf und hatte auch den Dienst in der Flotte bei der ersten sich bietenden Gelegenheit quittiert – sie daran zu erinnern, war allerdings keine gute Idee.
»Ups!«, murmelte Clou unhörbar.
Wieder der Blick zum Fenster.
»Entschuldigung, mein Fehler«, sagte Claire dann und hob abwehrend die Hände. »Lasst uns das Thema wechseln.«
»Gute Idee.« Debi lächelte süßlich. »Wie lange habt ihr beiden Damen denn vor zu bleiben?«
Rebecca zuckte mit den Achseln. »Trigger und ich sind gerade zwischen zwei Aufträgen, sozusagen.«
»Ich bin eigentlich nur für ein paar Stunden weg aus Sianong, um den Kopf frei zu bekommen nach den Ereignissen von gestern«, sagte Claire. »Lange bleiben kann ich nicht. Ich muss mich um mein Geschäft kümmern.«
»Da gibt es nicht viel zu kümmern«, sagte Clou. »Kurz vor eurer Landung haben sie in den Nachrichten gesagt, es wäre eine Flugverbotszone rund um Kerian ausgerufen worden. Man will wohl verhindern, dass der Attentäter den Planeten verlässt.«
»Ich weiß nichts von einer Flugverbotszone«, widersprach Rebecca kopfschüttelnd. »Wir sind jedenfalls ungehindert gestartet.«
»Dann wurde das vielleicht erst anschließend angeordnet.«
»Das heißt aber auch, dass wir möglicherweise nicht die Einzigen sind, die vorher da rausgekommen sind«, gab Claire zu bedenken.
Debi seufzte. »Mit anderen Worten, dieser Gufod Neem sitzt entweder noch auf Kerian fest … oder auch nicht. Das grenzt die Möglichkeiten natürlich enorm ein.«
Clou zwinkerte ihr zu. »Ja. Herrlich, nicht?«
*
Gufod Neem verkaufte sein Raumschiff nur wenige Minuten nach seiner Landung auf dem Raumhafen von Oea XX. Eine halbe Stunde später hatte er ein anderes Schiff gemietet und ein Fahrzeug gekauft, an dessen Steuer er nun saß. Das Hovercar glitt über eine befestigte Straße durch eine sanfte Hügellandschaft mit grünen Wiesen, die nur ab und an von parkähnlichen Wäldern oder kleinen Seen unterbrochen wurden. Die perfekte Szenerie wurde nur davon getrübt, dass heftiger Starkregen unablässig gegen das Kanzeldach des Wagens trommelte. Das Wetter auf Oea XX war in diesem Punkt nicht besser als das auf Kerian, dachte Neem. Wenigstens in diesem Punkt musste er sich nicht erst akklimatisieren.
Nachdem er einmal die Puzzleteile zusammengefügt hatte, die darauf hindeuteten, dass Clou Gallagher und seine Frau unter anderem Namen ein neues Leben begonnen hatten, war es ein Kinderspiel gewesen, ihren Wohnort zu ermitteln. Mit gefälschten Identitäten kannte sich schließlich niemand besser aus als Gufod Neem. Gallagher hatte zum Teil die gleichen Tricks wie er angewendet, um seine Spuren zu verwischen – nur nicht so raffiniert.
Und nun war sein Ziel bereits in Sichtweite: ein gepflegtes, aber völlig unauffälliges, zweigeschossiges Haus, das etwas abseits von der Straße an einem See lag. Ein flacher Hangar und eine Garage nebenan, dazwischen ein kleines Landefeld, auf dem eine alte Raumfähre kerianischer Bauart parkte. Im Haus brannte Licht, doch kein Mensch war zu sehen.
Neem fuhr
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