Gallaghers Tod
langen, lautlosen Moment still zu stehen. Clou würde diesen Augenblick niemals vergessen können.
Dann stürzte er mit einem gellenden Schrei, den er selbst nicht hören konnte, vorwärts und nahm den leblosen Körper seiner Frau in die Arme.
Kapitel 7
Mosaik
›Mad‹ Ota Jedrell ging langsam am Fußende des Krankenbettes auf und ab und flüsterte etwas in das Mikrofon seines Headsets. Hin und wieder warf er verstohlene Blicke zu Clou hinüber, doch Clou starrte lediglich regungslos an die Zimmerdecke. Er hatte das beste Zimmer in der besten Klinik des Planeten, die besten Ärzte hatten ihm die besten Implantate in die ruinierten Gehörgänge eingesetzt, und einer seiner besten Freunde forderte einige ausstehende Gefallen bei den lokalen Behörden ein, um ihm zu helfen.
Trotzdem lag sein Leben in Trümmern.
Debi war tot.
Debi Gallagher, geborene Powers, verwitwete Branigunn. Die Liebe seines Lebens, von einem Moment zum nächsten ausgelöscht wie eine Kerze im Wind. Einem Attentat zum Opfer gefallen, das, wie Clou stark vermutete, in Wahrheit gar nicht ihr gegolten hatte – sondern ihm. Wenn es einen Zusammenhang mit den Vorgängen auf Kerian gab, war es naheliegend zu glauben, dass Gufod Neem oder einer seiner Komplizen früher oder später auch an dem Mörder des Königs von Kerian Rache nehmen wollte. Wie es ihnen gelungen war, Clou hier an seinem Altersruhesitz aufzuspüren, darüber konnte er nur spekulieren. Immerhin hatten Debi und er sich alle Mühe gegeben, sich unter anderem Namen eine neue Existenz aufzubauen, und zwei Jahre lang war auch alles gut gegangen.
Und nun war gar nichts mehr gut.
»Okay. Danke, Tommi.« Jedrell beendete die Verbindung und ließ das Headset in einer Innentasche seines fliederfarbenen Jacketts verschwinden. Dann setzte er sich auf die Bettkante und legte die Fingerspitzen aneinander. »Wo soll ich anfangen?«
Clou zuckte lustlos mit den Schultern. Es war ihm völlig egal. Etwas unbeschreiblich Grauenhaftes war geschehen, schlimmer als alles, was ihm in seinem langen Leben jemals zugefügt worden war. Jedrell hatte mit kriminalistischem Eifer begonnen, die Puzzlestücke zusammenzutragen, die ihm seine Kumpel bei der hiesigen Polizei zugesteckt hatten, doch Clou interessierte sich überhaupt nicht dafür. Ganz gleich, was Jedrell herausgefunden zu haben glaubte – das Resultat war das gleiche, und es tat unendlich weh.
»Also, pass auf«, begann Jedrell nach einer Pause. »Was Debi … was dein Haus getroffen hat, war eine Granate aus den Beständen von Cartier Ballistics. Den Ausmaßen der Explosion nach zu urteilen, Kaliber fünf-fünfundachtzig.«
Clou hob eine Augenbraue. »Tralenal R?«, fragte er mit brüchiger Stimme.
»Dreißig Gramm pro Granate«, nickte Jedrell und reichte Clou ein Glas Wasser.
»Scheiße!«
»Genau. Abgefeuert von einem tragbaren Mörser, den die Spurensicherung einen halben Kilometer von deinem Haus entfernt am Straßenrand gefunden hat«, fuhr Jedrell fort.
Clou trank einen Schluck und stellte das Glas auf seinen Nachttisch. Das erklärte immerhin, warum weder die Alarmanlage des Hauses noch die Sensoren des vor der Tür geparkten Raumschiffs ausgelöst worden waren. Der Angreifer hatte aus sicherer Entfernung geschossen und sich auf die vernichtende Sprengkraft des Tralenal R verlassen.
»Du wirst mich jetzt vermutlich fragen, warum der Attentäter den Mörser einfach zurückgelassen hat«, sagte Jedrell, »oder warum er nach der Explosion nicht ins Haus eingedrungen ist, um euch … um sich zu überzeugen, dass ihr … nun ja …«
»Um sich davon zu überzeugen, dass wir wirklich alle tot sind. Sprich es ruhig aus.«
Jedrell seufzte. »Darauf wollte ich hinaus, ja.«
»Und? Warum?«
»Weil man ihn überrascht hat«, sagte Jedrell lapidar. »Ausgerechnet eine Polizeistreife hat die Rauchwolke der Explosion in der Ferne gesehen und wollte nach dem Rechten schauen. Dabei haben sie den Typen überrascht, der mit einer Waffe in der Hand auf dem Weg zu deinem Haus war. Kurzer Schusswechsel, lange Verfolgungsjagd zurück in die Stadt. Leider ist er entwischt.«
»Schade«, brummte Clou, und in seinen Augenwinkeln glitzerten Tränen. »Ich hätte ihn gerne persönlich kennengelernt.«
»Die Chancen dafür stehen gut.« Jedrell atmete tief durch. »Einige Stunden vor dem Anschlag ist Folgendes passiert: Jemand namens Gian Ezquerra hat eine gebrauchte Raumjacht bei einem Second-Hand-Raumschiffmakler am Raumhafen verkauft.
Weitere Kostenlose Bücher