Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)

Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)

Titel: Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerouac
Vom Netzwerk:
mit einem Dolch in der Hand und sprang fünfzehn Fuß tief in den Hof, wo das Holz lag. Es war irre. Wir gingen in bester Stimmung bergab. Alle zersägten Holzklötze waren mehr oder weniger aufgesprungen, hatten einen Riss, in den man den schweren Eisenkeil mehr oder weniger tief einführte, und dann, indem man einen fünf Pfund schweren Vorschlaghammer über den Kopf hob und sich weit zurückstellte, um nicht den eigenen Knöchel zu treffen, ließ man ihn – Wong! – auf den Keil niederfallen und spaltete den Klotz säuberlich in zwei Hälften. Dann setzte man die Hälften auf einen Haublock und ließ die zweischneidige Axt niedergehen, eine lange, herrliche Axt, scharf wie ein Rasiermesser, und – Wapp! – hatte man Viertelklötze. Dann setzte man einen Viertelklotz auf und teilte ihn in Achtel. Er zeigte mir, wie man den Hammer und die Axt schwingt, nicht zu hart, aber wenn er selbst in Fahrt kam, merkte ich, dass er die Axt so hart schwang, wie er konnte, und dabei seinen berühmten Schrei ausstieß oder fluchte. Ziemlich bald hatte ich es raus und machte es, als ob ich es mein ganzes Leben lang getan hätte.
    Christine kam auf den Hof hinaus, um uns zuzusehen, und rief: «Ich hab ein schönes Mittagessen für euch.»
    «Okay.» Japhy und Christine waren wie Geschwister.
    Wir machten eine Menge Kleinholz. Es war schon gewaltig, den Vorschlaghammer zu schwingen – das ganze Gewicht drauf auf den Keil! – und zu fühlen, wie der Stamm nachgab, wenn nicht das erste, dann das zweite Mal. Der Geruch von Sägespänen, Kiefern, die Brise, die von der See über die friedlichen Berge blies, der Gesang der Lerchen und die Schmetterlinge im Gras, es war vollkommen. Dann gingen wir rein und aßen ein gutes Mittagessen mit heißen Würstchen und Reis und Suppe und Rotwein und Christines frischen Biskuits und saßen im Schneidersitz und barfuß da und blätterten Seans ungeheure Bibliothek durch.
    «Hast du von dem Schüler gehört, der den Zen-Meister fragte: ‹Was ist der Buddha?›»
    «Nein, was denn?»
    «‹Der Buddha ist ein getrocknetes Stück Kot›, war die Antwort. Dem Jünger wurde schlagartige Erleuchtung zuteil.»
    «Einfach Scheiße», sagte ich.
    «Weißt du, was schlagartige Erleuchtung ist? Ein Jünger kam zu einem Meister und löste sein Koan, und der Meister schlug ihn mit einem Stock und stieß ihn drei Meter von der Veranda runter in eine Dreckpfütze. Der Jünger stand auf und lachte. Er wurde später selbst Meister. Nicht durch Worte wurde er erleuchtet, sondern durch den tüchtigen, gesunden Stoß von der Veranda.» ‹Wälzte sich im Dreck, um die kristallene Wahrheit des Mitleids zu beweisen›, dachte ich, aber ich hütete mich, Japhy meine ‹Worte› wieder laut zu verkünden.
    «Huuh!», rief er und warf mir eine Blume an den Kopf. «Weißt du, wie Kasyapa der Erste Patriarch wurde? Der Buddha wollte gerade eine Sutra auslegen, und zwölfhundertfünfzig Bhikkus warteten mit geordneten Gewändern und gekreuzten Füßen, und da tat der Buddha nichts weiter, als eine Blume hochheben. Alle waren verwirrt. Der Buddha sagte nichts. Nur Kasyapa lächelte. So kam es, dass der Buddha Kasyapa erwählte. Dies ist bekannt als die Blumenpredigt, Junge.»
    Ich ging in die Küche und holte eine Banane und kam raus und sagte: «Ich werde dir sagen, was Nirwana ist.»
    «Was?»
    Ich aß die Banane und warf die Schale weg und sagte nichts. «Das ist die Bananenpredigt.»
    «Huuh!», rief Japhy. «Hab ich dir schon mal vom Alten Mann Coyote erzählt und wie er und Silberfuchs die Welt schufen? Sie stampften im leeren Raum umher, bis ein bisschen Boden unter ihren Füßen erschien! Sieh dir übrigens mal dies Bild an. Das sind die berühmten Stiere.» Es war eine alte chinesische Bildergeschichte, die zuerst einen kleinen Jungen zeigte, der mit einem kleinen Stab und einem kleinen Bündel in die Wildnis hinauszieht, wie ein amerikanischer Nat-Wills-Tramp von 1905, und auf den folgenden Bildern entdeckt er einen Ochsen, versucht ihn zu bändigen, versucht ihn zu reiten, bändigt und reitet ihn auch schließlich, aber lässt den Ochsen dann laufen und sitzt einfach meditierend im Mondschein; schließlich sieht man ihn vom Berg der Erleuchtung herabkommen, und das nächste Bild zeigt dann auf einmal absolut gar nichts, danach dann ein Bild, das Blüten an einem Baum zeigt, dann auf dem letzten Bild sieht man, wie der kleine Junge ein dicker, fetter, alter lachender Hexenmeister ist mit einem riesigen Sack auf

Weitere Kostenlose Bücher