Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)
dem Rücken, und er geht in die Stadt, um sich mit den Schlachtern zu betrinken, erleuchtet, und ein anderer kleiner Junge geht auf den Berg mit einem kleinen Bündel und einem kleinen Stab.
«Es geht immer weiter, die Jünger und die Meister machen dasselbe durch, erst müssen sie den Ochsen ihres reinen Geistes finden und bändigen, und dann lassen sie davon ab, dann schließlich gewinnen sie nichts, dargestellt durch dies leere Bild, dann, nachdem sie nichts gewonnen haben, gewinnen sie alles, das heißt Frühlingsblüten an den Bäumen, so kommen sie endlich in die Stadt hinab, um sich mit den Schlachtern zu betrinken, wie Li Po.» Das war eine sehr weise Bildergeschichte, sie erinnerte mich an meine eigene Erfahrung, wie ich im Wald versuchte, meinen Geist zu bändigen, dann erkannte, dass alles leer und wach war und ich nichts zu tun brauchte, und jetzt betrank ich mich mit dem Schlachter Japhy. Wir spielten Schallplatten, gammelten rum und rauchten und gingen dann raus und hackten weiter Holz.
Als es dann am Spätnachmittag kühl wurde, gingen wir zur Hütte rauf und wuschen uns und zogen uns für die große Sonnabendnacht-Party um. Während des Tages ging Japhy mindestens zehn Mal den Hügel rauf und runter, um Telefongespräche zu führen und mit Christine zu sprechen und Brot zu holen und für sein Mädchen am Abend Bettlaken hochzubringen (wenn er ein Mädchen hatte, legte er saubere Laken über seine dünne Matratze auf den Strohmatten, ein Ritual). Aber ich saß bloß im Gras rum und tat nichts oder schrieb Haikus oder beobachtete den alten Geier, der den Hügel umkreiste. ‹Hier muss irgendwo was Totes sein›, dachte ich mir.
Japhy sagte: «Warum sitzt du den ganzen Tag auf deinen Arschbacken?»
«Ich übe Nichtstun.»
«Wozu? Lass die Finger davon, mein Buddhismus ist Aktivität», sagte Japhy und stürmte wieder den Hügel hinunter. Dann konnte ich ihn in der Ferne Holz sägen und pfeifen hören. Er konnte nicht eine Minute ruhig bleiben. Seine Meditationen richtete er nach der Uhr, er hatte morgens beim Aufwachen als Erstes meditiert, dann hielt er seine Nachmittagsmeditation ab, nur etwa drei Minuten lang, dann bevor er zu Bett ging, und damit hatte es sich. Alles genau nach den Regeln! Aber mir genügte es, wenn ich meine Ruhe hatte und stillvergnügt vor mich hin träumen konnte. Wir waren zwei seltsame, voneinander grundverschiedene Mönche auf demselben Pfad. Ich nahm mir aber doch eine Schaufel und ebnete den Boden in der Nähe des Rosenstrauchs, wo mein Graslager war; es war ein bisschen zu uneben, um bequem zu sein. Ich machte es mir zurecht, und in der Nacht schlief ich gut nach der großen Weinparty.
Die große Party war wild. Japhy hatte ein Mädchen mit Namen Polly Whitmore zu sich eingeladen, eine herrliche Brünette mit einer spanischen Frisur und dunklen Augen, eine richtig atemberaubende Schönheit, außerdem eine Bergsteigerin. Sie hatte sich gerade scheiden lassen und wohnte allein in Millbrae. Und Christines Bruder Whitey Jones brachte seine Verlobte Patsy mit. Und Sean kam natürlich von der Arbeit heim und machte sich für die Party schön. Noch ein Typ kam zum Wochenende, der große, blonde Bud Diefendorf, der als Hausmeister bei der Buddhistischen Vereinigung arbeitete, um sich seine Miete zu verdienen und kostenlos am Unterricht teilnehmen zu können, ein großer, sanfter, pfeiferauchender Buddha mit allen möglichen ausgefallenen Ideen. Ich mochte Bud, er war intelligent, und mir gefiel es, dass er als Physiker an der Universität Chicago angefangen, dann zur Philosophie übergewechselt hatte und nun schließlich bei dem furchtbaren Mörder der Philosophie, Buddha , angelangt war. Er sagte: «Ich hatte einmal einen Traum, ich saß unter einem Baum und zupfte eine Laute und sang: ‹Ich habe keinen Namen.› Ich war der namenlose Bhikku.» Ich freute mich so, nach der rauen Tramperei auf den Straßen mit so vielen Buddhisten zusammen zu sein.
Sean war ein seltsamer, mystischer Buddhist mit einem Kopf voller Aberglauben und Vorahnungen. «Ich glaube an Teufel», sagte er.
«Nun», sagte ich und streichelte seiner kleinen Tochter das Haar, «alle kleinen Kinder wissen, dass jeder in den Himmel kommt», worauf er mit einem traurigen Nicken seines bärtigen Schädels zustimmte. Er war sehr freundlich. Er sagte immer «Aye», was zu seinem alten Boot passte, das draußen in der Bucht vor Anker lag und immer wieder von Stürmen leckgeschlagen wurde, und wir mussten
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