Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)
kam, machte Japhy Slumgullion für uns alle drei in der Hütte, dann liehen wir uns Seans Klapperkasten und fuhren gut einhundertfünfzig Kilometer die Küste hoch zu einem abgelegenen Strand, wo wir von den umspülten Seefelsen Muscheln pflückten und sie auf einem großen, mit Seetang bedeckten Holzfeuer räucherten. Wir tranken Wein und aßen Brot und Käse, und Psyche verbrachte den ganzen Tag damit, in Jeans und Pullover auf dem Bauch zu liegen, und sagte nichts. Aber einmal blickte sie mit ihren kleinen blauen Augen hoch und sagte: «Wie oral du bist, Smith, immer isst und trinkst du.»
«Ich bin Buddha Leerfraß», sagte ich.
«Ist sie nicht pfiffig?», sagte Japhy.
«Psyche», sagte ich, «diese Welt ist ein einziger Film, der von vorn bis hinten aus demselben Zeug gemacht ist, und er gehört keinem, und das ist alles.»
«Ach Blödsinn.»
Wir liefen am Strand umher. Einmal wanderten Japhy und Psyche weit voraus, und ich ging allein und pfiff ‹Stella› von Stan Getz, und ein paar schöne Mädchen ein Stück vor mir mit ihren Freunden hörten mich, und ein Mädchen drehte sich um und sagte: «Swing.» Es gab an diesem Strand natürliche Höhlen, wo Japhy einmal große Partys veranstaltet und Nackttänze am Lagerfeuer organisiert hatte.
Dann kamen wieder die Wochentage, und die Partys waren vorbei, und Japhy und ich fegten die Hütte aus, winzige, vertrocknete Gammler, die in kleinen Tempeln Staub wischen. Ich hatte von meinem Stipendium vom letzten Herbst noch etwas übrig, in Reiseschecks, und ich nahm einen und ging in das Kaufhaus unten an der Landstraße und kaufte Mehl, Haferflocken, Zucker, Sirup, Honig, Salz, Pfeffer, Zwiebeln, Reis, Trockenmilch, Brot, Bohnen, Erbsen, Kartoffeln, Mohrrüben, Kohl, Salat, Kaffee, große Streichhölzer für unseren Holzofen, und kam wieder den Hügel hinaufgestolpert mit alledem und einer halben Gallone Portwein. Japhys ordentliches, kleines Vorratsregal war plötzlich mit zu viel Lebensmitteln beladen. «Was sollen wir damit alles machen? Wir müssen alle Bhikkus miternähren.» Es dauerte nicht lange, da hatten wir mehr Bhikkus, als wir bewältigen konnten: Der arme versoffene Joe Mahoney, ein Freund von mir vom vorigen Jahr, kam zu uns raus und schlief drei Tage und sammelte Kräfte, damit er wieder in North Beach und im Place schaffen konnte. Ich brachte ihm das Frühstück ans Bett. Am Wochenende waren manchmal zwölf Leute in der Hütte und diskutierten und sabbelten, und ich nahm etwas Maismehl und mischte es mit gehackten Zwiebeln und Salz und Wasser und goss mit dem Esslöffel kleine Maisfladen in der heißen Bratpfanne aus (mit Öl) und versorgte die ganze Bande mit köstlichem heißem Gebäck zum Tee. Vor einem Jahr hatte ich ein paar Pfennige hochgeworfen und im Chinesischen Buch der Wandlungen nachgesehen, welches Schicksal mir bevorstand, und herausgekommen war: «Du wirst andere ernähren.» Ich stand in der Tat immer an einem heißen Herd.
«Was bedeutet es, dass diese Bäume und Berge da draußen nicht magisch, sondern wirklich sind?», rief ich und zeigte nach draußen.
«Was?», sagten sie.
«Es bedeutet, dass diese Bäume und Berge da draußen nicht magisch, sondern wirklich sind.»
«Ja?»
Dann sagte ich: «Was bedeutet es, dass diese Bäume und Berge gar nicht wirklich sind, bloß magisch?»
«Mensch, nun sag schon!»
«Es bedeutet, dass diese Bäume und Berge gar nicht wirklich sind, bloß magisch.»
«Ja was denn nun, verdammt nochmal!?»
«Was bedeutet es, dass ihr fragt: ‹Ja was denn nun, verdammt nochmal?›», rief ich.
«Na was denn?»
«Es bedeutet, dass ihr fragt: ‹Ja was denn nun, verdammt nochmal?›»
«Ach lass dich in deinem Schlafsack begraben, bring mir ’ne Tasse heißen Kaffee.» Ich kochte ununterbrochen kannenweise Kaffee auf dem Ofen.
«Hör bloß auf», rief Warren Coughlin, «oder es passiert sonst was!»
Eines Nachmittags saß ich mit ein paar Kindern im Gras, und sie fragten mich: «Warum ist der Himmel blau?»
«Weil der Himmel blau ist.»
«Ich will wissen, warum der Himmel blau ist.»
«Der Himmel ist blau, weil du wissen willst, warum der Himmel blau ist.»
«Ach, du bist selbst blau», sagten sie.
Manchmal kamen auch ein paar kleine Kinder vorbei und warfen Steine auf das Dach unserer Hütte, weil sie dachten, da wohnt keiner drin. Eines Nachmittags, zu der Zeit, als Japhy und ich eine kleine pechschwarze Katze hatten, kamen sie zur Tür geschlichen, um reinzugucken. Gerade als sie die
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