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Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)

Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)

Titel: Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerouac
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Seidenmalereien, auf denen zwei kleine Menschen durch eine endlose Landschaft wandern, überall knorrige Bäume und Berge, so hoch, dass sie mit dem Nebel oben in der seidenen Leere verschmelzen. Ich werde dreitausend Jahre daran schreiben, und es wird vollgestopft sein mit Angaben über Bodenkonservierung, die Tennessee Valley Verwaltung, Astronomie, Geologie, Hsuan Tsungs Reisen, chinesische Theorien über Malerei, Aufforstung, Nahrungsketten und Meeresökologie.»
    «Dann mal los.» Wie immer schritt ich hinter ihm her, und als wir anfingen, bergauf zu steigen, und das Gepäck fühlte sich gut an auf unserem Rücken, als wären wir Tragtiere und fühlten uns ohne eine Last nicht wohl, da ging es mit demselben alten, einsamen und vertrauten quapp quapp den Pfad hinauf, langsam, eine Meile in der Stunde. Wir kamen ans Ende des steilen Weges, wo wir zwischen ein paar Häuser hindurchmussten, die nahe an steile buschbewachsene Abhänge mit rieselnden Wasserfällen gebaut waren, dann bergauf zu einer hochgelegenen, steilen Wiese voller Schmetterlinge und Heu und etwas Siebenuhr-Morgentau, dann runter auf einen staubigen Feldweg, dann ans Ende des Feldweges, der immer höher anstieg, bis wir auf Corte Madera und Mill Valley in der Ferne und sogar auf die rote Spitze der Golden-Gate-Brücke herabsehen konnten.
    «Morgen Nachmittag auf unserem Weg nach Stimson Beach», sagte Japhy, «wirst du das ganze weiße San Francisco meilenentfernt in der blauen Bucht liegen sehen. Ray, bei Gott, später in unserem zukünftigen Leben können wir in diesen kalifornischen Bergen einen feinen Stamm von Nomaden gründen, Mädchen holen und Dutzende von strahlenden, erleuchteten Gören kriegen, wie Indianer in Hogans wohnen und Beeren und Keime essen.»
    «Keine Bohnen?»
    «Wir werden Gedichte schreiben, wir besorgen uns eine Druckerpresse und drucken unsere Gedichte selbst, die Dharma Press, wir schreiben Gedichte über alles und machen für die blöde Menschheit ein dickes Buch voller Gift und Bomben.»
    «Ach, die Menschheit ist so schlecht nicht, sie hat auch zu leiden. Andauernd liest man vom Brand in irgendeiner Dachpappenhütte im Mittelwesten, drei kleine Kinder kommen um, und man sieht ein Bild, wie die Eltern weinen. Sogar das Kätzchen ist mit verbrannt. Japhy, glaubst du, Gott hat die Welt gemacht, um sich zu amüsieren, weil er Langeweile hatte? Denn wenn das so ist, dann müsste er ja gemein sein.»
    «Ho, wen meinst du mit Gott?»
    «Einfach nur Tathagata, wenn du so willst.»
    «Also, in der Sutra heißt es, dass Gott oder Tathagata nicht selbst eine Welt aus seinem Schoß hervorgehen lässt, sondern dass sie einfach in Erscheinung tritt, weil die fühlenden Wesen viel zu unwissend sind.»
    «Aber er hat die fühlenden Wesen und auch ihre Unwissenheit hervorgebracht. Es ist alles so furchtbar traurig. Ich hab keine Ruhe, bis ich herausfinde, warum , Japhy, warum .»
    «Ach, stell nicht zu hohe Anforderungen an die Kraft deines Geistes. Denk daran, dass es im reinen Geist Tathagatas kein Fragen nach dem Warum gibt und dass ihm noch nicht mal irgendeine Bedeutung zugemessen wird.»
    «Dann geschieht also eigentlich gar nichts.»
    Er warf einen Stock nach mir und traf mich am Fuß.
    «Das ist aber geschehen», sagte ich.
    «Ich weiß wirklich nicht, Ray, aber ich hab Verständnis für deine Traurigkeit über die Welt. Es ist tatsächlich alles traurig. Denk an die Party neulich Nacht. Alle wollten lustig sein und strengten sich richtig an, aber am nächsten Tag wachten wir alle auf und waren traurig, und jeder war für sich. Wie denkst du über den Tod, Ray?»
    «Ich glaube, der Tod ist unsere Belohnung. Wenn wir sterben, kommen wir direkt in den Nirwanahimmel, und das ist alles.»
    «Aber angenommen, du wirst tief unten in der Hölle wiedergeboren und musst dir von Teufeln heiße, glühend heiße Eisenkugeln in den Hals stecken lassen.»
    « Mir hat das Leben bereits einen eisernen Fuß in den Mund gesteckt. Aber ich glaube, das ist alles nichts weiter als ein Traum, den sich ein paar hysterische Mönche ausgedacht haben, die Buddhas Frieden unter dem Bo-Baum nicht verstanden haben, genauso wenig wie übrigens den Frieden, der in Christus ist, wenn er auf die Häupter seiner Peiniger niedersieht und ihnen vergibt.»
    «Du magst Christus richtig gern, nicht?»
    «Selbstverständlich. Und schließlich sagen viele, er ist Maitreya, der Buddha, von dem prophezeit wurde, dass er nach Sakyamuni erscheinen würde. Weißt du,

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