Gang nach Canossa: Ein Mann, ein Ziel, ein Abenteuer (German Edition)
Filme gesehen und deine Storys gelesen und gedacht: Ganz ehrlich – das ist genau der Host, den wir suchen.»
Ich: «Hm.»
Constanze: «War eigentlich jemand von euch schon mal in Thailand?»
Der Tom und ich: «Hm.»
Constanze: «Habt ihr da auch dieses Zeug aus den Kokosnüssen getrunken?»
Der Tom und ich: «Hm.»
Constanze: «Also, es ist verrückt! Das schmeckt genauso wie dieses Wasser hier, so leicht säuerlich. Die Kellnerin hat bestimmt ein paar Spritzer Kokos-Aroma in die Kanne gegeben. Wie süß, I like!»
Dem Tom sein Handy klingelt, und ich verschwinde auf die Toilette, doch der bestialische Kloakengestank treibt mich schnell wieder zurück an unseren Tisch. Ich fürchte, bei dem vermeintlichen Kokos-Aroma handelt es sich nur um Partikel von Kneipengästen vergangener Jahrzehnte. Die Kartoffelnase hat schon wieder ausgetrunken.
Kartoffelnase: «No e Schlickele, min Schmüskatzele!»
Wirtin: «Hesch eini in de Kapp?»
Kartoffelnase: «Min Miisele!»
Wirtin: «Du Grasdackel!»
Der Schnauzbart schweigt.
So geht das wohl schon seit Jahrhunderten. Während draußen vor der Tür eine Besatzungsmacht nach der anderen brandschatzt, sitzen Kartoffelnase und Schnauzbart gemütlich im Warmen und saufen fröhlich vor sich hin. Der Tom und Constanze wollen zum Punkt kommen.
Constanze: «Also, wir wollen mal zum Punkt kommen. Ich habe die Rechte für ein spannendes Doku-TV-Format, das im neuseeländischen Fernsehen megaerfolgreich war.»
Der Tom: «Und wir würden das gerne mit dir auf Deutsch ausprobieren.»
Constanze: «Der Arbeitstitel ist …»
Der Tom: «In achtzig Stellungen um die Welt!»
Ich: «In achtzig Stellungen?»
Constanze: «Voilà.»
Ich: «Oh!»
Der Tom: «Worauf stehen russische Frauen beim Sex?»
Constanze: «Sind Japaner wirklich so versaut, wie man sagt?»
Der Tom: «Wie heiß treiben es eigentlich die Eskimos?»
Constanze: «Wir wollen einfach einen Dennis Gastmann, der sagt: Ganz ehrlich, ich will jetzt mal über Sex reden. Richtig frech und offen und ohne Tabus.»
Ich: «Hm.» Und ich denke: Warum nicht gleich «Zwanzigtausend Meilen unter der Gürtellinie»?
Nun klingelt Constanzes Handy, der Tom steckt sich die nächste Zigarette an und winkt die Wirtin herbei.
Der Tom: «Ich denke, es wird jetzt Zeit für ein Bier. Trois bières, bitte!»
Die Wirtin schreibt auf ihren Block.
Ich: «Avez-vous aussi bière, äh … sans Alkohol?»
Wirtin: «Na.»
Der Tom sagt, man müsse die Serie «In achtzig Stellungen um die Welt» essayistisch drehen. Er habe schon mal eine Outline geschrieben, das Drehbuch für eine fiktive Folge in Korea. Drüben in Seoul, da sei es total krass. Die Koreaner hätten doch tierische Probleme, jemanden kennenzulernen, weil sie nur auf ihre supermodernen Smartphones starren. Der Tom würde so beginnen: Handys, Köpfe, schnelle Schnitte. Constanze geht zum Telefonieren nach draußen, und der Tom meint, auch Moskau sei echt fresh, da könne man abgefahrene Sachen machen. Es lohne sich aber genauso, nach Mumbai zu fahren. Mumbai sei eine supergeile Stadt. Da sei alles noch hundert Mal abgefahrener.
Der Tom: «In Mumbai könntest du den einfachen Mann auf der Straße befragen, der sonst in der Kanalisation sitzt und die Scheiße wegmacht: Ey, Kollege, wie ist es mit Sex in Bollywood-Filmen? Alle Inder gehen ja superoft ins Kino.»
Ich: «Hm.»
Das Bier ist da, Constanze kommt wieder an unseren Tisch, und die beiden möchten, dass wir auf unser gemeinsames Projekt anstoßen. Mein leerer Bauch krampft.
Constanze: «Eins will ich dazu noch sagen. Ich liebe diese Serie, und da geht es mir gar nicht ums Geld. ‹In achtzig Stellungen um die Welt› ist mir echt super-super-wichtig.»
Ich: «Hm.»
Der Tom: «Das könnte echt ein supergeiles Ding werden.»
Constanze: «Ich denke, die Sender werden sich darum reißen. Wir verlangen von dir, Dennis, einfach nur totales Commitment. Wir wollen einen Dennis Gastmann, der voll für die Sache brennt.»
Der Tom: «Genau, du musst dich voll committen. Es gibt doch eine Sache, die wir alle drei wollen – Erfolg!»
Constanze: «Cheers!»
Ich muss plötzlich husten, dem Tom sein Handy vibriert, und Constanze erwähnt, dass sie auch noch mit anderen Kandidaten im Gespräch seien. Telefonierend prostet der Tom uns zu. Und so nähert sich dieser seltz-same Nachmittag langsam, aber todsicher seinem Ende. Der Tom und Constanze möchten zahlen.
Der Tom: «Die Rechnung, bitte!»
Die Wirtin reagiert
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