Gangster auf der Gartenparty
Auf meine Ohren kann ich mich
verlassen.“
„Was meinst du? Welche Töne?“
„Dieses Geklimper habe ich schon mal
gehört. Heute! Als ich die Sonnenbrille zu Obrecht brachte. Seine Frau — oder
wer das war — hat sie entgegengenommen. Obrecht — oder Kessling, was auch
möglich ist — saß am Klavier und hat genauso geklimpert. Genauso! Das bedeutet:
Wir sind in seinem Haus.“
„Bist du sicher?“ staunte Sauerlich.
„Absolut. Und wenn ich’s mir genau
überlege: Der Dünne und der Eckige — figürlich könnten das Obrecht und Kessling
sein. Auffällig ist doch, daß zwei der Ganoven kein Wort von sich geben. Nur
der Eckige sülzt. Bei dem tippe ich auf Obrecht. Und dessen Stimme kennen wir
nicht. Denn beim Rasenmähen vorhin hat er den Mund nicht aufgekriegt.“
„Tim! Wenn die Ganoven merken, daß wir
sie durchschaut haben, kommen wir hier lebend nicht raus. Und..
Er stockte.
Die Tür wurde aufgeschlossen.
Das Trio kam herein. Jeder Kidnapper
hielt seine Pistole in der Hand.
„Schon eingelebt?“ fragte der Eckige.
„Das fällt nicht schwer“, meinte Sauerlich,
„bei dem Luxus.“
„Es freut uns, daß Sie sich wohl
fühlen. Es soll an nichts mangeln. Nachher gibt’s Wasser und Brot. Trotzdem
möchten wir - auch in Ihrem Interesse — den Aufenthalt nicht unnötig ausdehnen.“
„Bedauerlich“, sagte Klößchens Vater.
„Ihrer lieben Frau müssen wir nun
leider eine schlaflose Nacht bereiten. Andererseits macht das mürbe. Sie wird
bestimmt spuren, wenn sie nachher Bescheid erhält. Sie, Sauerlich, werden
anrufen. Ihre Frau soll die Bullen aus dem Spiel lassen — und eine Million als
Lösegeld bereithalten.“
„Eine Million?“ fragte Hermann
entsetzt. „Wofür halten Sie mich? Ich stelle Schokolade her, keine Banknoten.“
„Eine Million ist ein
Freundschaftspreis. Immerhin seid ihr zu zweit.“
„Ich bin überhaupt nichts wert“, sagte
Tim. „Mich sollten Sie als Zugabe wegschenken — äh — freilassen, meine ich.“
Sauerlich lächelte bitter. „Wirklich,
Herr Obergangster. Eine Million ist zuviel. Ich bin ja bereit, für meine und
Tims Freiheit zu bezahlen. Aber alles muß im Rahmen bleiben. Ich kann Ihnen
versichern: Die Geschäftslage für Schokoladen-Fabrikanten ist zur Zeit
katastrophal. Die Leute sind gesundheitsbewußt. Sie wissen: Schokolade macht
dick. Jedenfalls wenn man zuviel davon ißt. Und man bekommt schlechte Zähne. Es
sei denn, sie werden sofort nach dem Naschen geputzt. Aber das tun die
wenigsten. Deshalb steuert unsereins auf den Ruin zu. Und die Gemüsehändler
reiben sich die Hände.“
„Sie tun mir in tiefster Seele leid“,
meinte der Eckige. „Wieviel können Sie denn zahlen?“
„Eigentlich gar nichts.“
„Wenn Sie uns verarschen wollen, Sauerlich,
wird’s hier ungemütlich. Wieviel können Sie zahlen?“
„50 000.“
„Ihre Freiheit kostet 500 000. Und für
den Jungen verlangen wir 50 000. Klar?“
„Geht’s nicht mit 500 000 für uns beide“,
erwiderte Hermann. „Das läßt sich auch viel schneller zählen.“
Er hat ganz schön Mut, dachte Tim.
Kleinkriegen läßt er sich nicht. In so einem Unternehmer steckt eben Courage.
Die Maskierten starrten Sauerlich an.
Waren sie wütend? Oder belustigt?
Ohne Erwiderung stiefelten sie hinaus,
und die Tür wurde abgeschlossen.
„Nur der eine redet“, flüsterte Tim. „Immer
nur der eine.“
„Es paßt zu deinem Verdacht.“
„Ich wußte ja gar nicht, Herr Sauerlich,
daß Ihre Geschäfte so schlecht gehen.“
„Keine Spur. Die Menschen verschlingen
meine Schokolade. Die Geschäfte gehen hervorragend. Aber ich kämpfe um jede
Mark.“
23. Rätselhaftes Verschwinden
Es war entsetzlich gewesen.
Erna und Gaby merkten zuerst, daß die
beiden fehlten.
Hatten sich Hermann und Tim im Keller
verirrt?
Erna und Gaby suchten. Karl und
Klößchen kamen hinzu. Weder der Hausherr noch der Anführer der TKKG-Bande
wurden entdeckt. Ein Rätsel.
Mutmaßungen führten zu nichts.
Karl stellte fest, daß Tims Rad noch
immer an der Garage lehnte. Und Sauerlichs Jaguar stand in seinen vier Wänden.
Machten die beiden einen Spaziergang?
Unmöglich! Doch nicht während der
Party.
„Vielleicht sind sie zum Italiener in
die Pizzeria gegangen, um was Vernünftiges zu essen“, meinte Klößchen.
Aber sein Witz kam nicht an.
Eine Stunde später hatte sich das
rätselhafte Verschwinden unter den Gästen herumgesprochen, und alle beteiligten
sich an der Suche.
Von Garten-Party
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