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Ganz oder gar nicht

Ganz oder gar nicht

Titel: Ganz oder gar nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Sellers
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sagte Najib in den Telefonhörer. „Aber ich schätze, dass sie es sich inzwischen anders überlegt hat."
    Najiab musste gähnen. Unwillkürlich massierte er sich den Kopf, wodurch seine ohnehin zerzausten Haare noch mehr durcheinander gerieten. Draußen ging gerade die Sonne auf, und eine Amsel sang aus voller Kehle. Die aufgehende Sonne beschien Najibs weiße Pyjamahose und seine nackten Füße.
    Unter seinem offenen Morgenmantel war sein Oberkörper nackt. Najib saß weit zurückgelehnt und mit lang ausgestreckten Beinen in einem Sessel, die Zehen in den flauschigen Teppich gegraben, als würde er unbewusst den Kontakt mit dem weichen Material suchen.
    „Was soll das heißen?" fragte sein Gesprächspartner.
    Ashraf hatte ein unglaubliches Talent, die unterschiedlichen Zeitzonen einfach zu ignorieren. Aber Najib nahm ihm das nicht wirklich übel. Er hatte ja auch seit dem Kaljuk-Krieg genug Training im Wachwerden auf Kommando.
    „Nun, ich denke, sie ist alarmiert und wird auf eigene Faust versuchen, unterzutauchen."
    Ashraf schwieg einen Moment, bevor er antwortete. „Dann hätte die Gegenseite leichtes Spiel."
    „Kann sein." Najib war so wütend auf sich selbst wie schon lange nicht mehr. Er hatte viel zu überstürzt gehandelt, hatte ihr gar keine Zeit zum Überlegen gelassen. Kein Wunder, wenn sie nicht wagte, ihm zu vertrauen.
    Aber sie sollte ihm vertrauen und ihm die ganze Wahrheit sagen.
    Das schnurlose Telefon in der Hand, ging Najib ans andere Ende des Zimmers und blickte aus einem der riesigen Fenster auf den weltberühmten Hyde Park. Ein Reiter auf einem temperamentvollen Schimmel kam vorbei.
    „Meinst du, Ghasib hat sie schon auf seine Seite gebracht?" fragte Ashraf.
    Najib runzelte die Stirn. Er wollte nicht glauben, dass sie dazu fähig wäre. „Ich denke, nicht."
    „Aber warum lügt sie dann?"
    „Vielleicht weil sie die al Jawadi Rose verkauft hat." Najib blickte auf Rosalinds Foto, das vor ihm auf dem Schreibtisch lag. So wie auf dem Foto sah sie ihn nie an, so vertrauensvoll lächelnd. Ihm gegenüber war sie immer kühl, misstrauisch, ironisch, bitter. Es verletzte ihn zutiefst.
    „Das erklärt aber nicht, weshalb sie versucht, uns über den Jungen etwas vorzumachen."
    Was war er doch für ein Narr! Natürlich gab es keinen Grund für sie, ihn so anzublicken wie auf dem Foto. Wenn er nur nicht dieses Gefühl hätte, dass zwischen ihr und ihm unter anderen Umständen eine ganz andere Art von Beziehung möglich wäre.
    Er hatte in der Nacht von ihr geträumt, und im Traum, da hatte sie ihn vertrauensvoll angelächelt.
    „Könnte es sein, dass Jamshid ihr alles über sich gesagt hat und sie dankend abgelehnt hat?"
    „Dann hätte Rosalind aber gewusst, weshalb ich gekommen bin, oder?" Unverwandt blickte er auf das Foto. Sie verheimlichte ihm etwas, das spürte er. Aber was? Und wie gefährlich war die Information?
    „Ich würde ihr gern die ganze Wahrheit sagen, Ashraf. Ich glaube, wenn sie wüsste ..."
    „Du hast doch selbst gesagt, sie hasst uns alle. Wenn du ihr alles erzählst und sie geht damit zu ... Das haben wir doch alles schon besprochen, Najib."
    Ja, sie hatten die Sache von allen möglichen Blickwinkeln aus diskutiert. In den falschen Händen könnte Jamshids Sohn -womöglich zusammen mit der al Jawadi Rose - zu einer furchtbaren Waffe werden.
    „Wäre es möglich, dass sie die Wahrheit sagt und Samir doch nicht Jamshids Sohn ist?" fragte Ashraf.
    „Auf der Geburtsurkunde steht..."
    „Sie könnte von Anfang an gelogen haben."
    Das würde bedeuten, dass sie Jamshid betrogen hatte und spä ter seinen Großvater in ihrem Brief belogen, und all das nur aus Geldgier. Wieder betrachtete er das Foto. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Frau einem Mann so etwas antat.
    Doch er wollte einfach nicht glauben, dass Rosalind zu solch einem Betrug fähig wäre.
    „Warum sollte sie ausgerechnet jetzt, wo endlich Geld fließen wird, leugnen, dass Jamshid Samirs Vater ist?" gab Najib zurück.
    Aber es wäre fatal, wenn er sich jetzt von Gefühlen gegenüber der Mutter von Jamshids Kind leiten ließe. Auf keinen Fall durfte das geschehen, nicht in den nächsten Wochen oder Monaten.
    Danach vielleicht.
    Am folgenden Montag nahm das Schicksal für Rosalind eine ganz und gar unerwartete Wendung.
    Die Agentur, die Rosalind ihre Übersetzungsaufträge vermit telte, fragte an, ob sie Interesse an einem langfristigen Engagement habe. Es gehe um die Übersetzung einer historischen, parvanischen

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