Ganz oder Kowalski
schnarchte noch immer leise, also ging er ins Bad und schloss die Tür hinter sich.
Schnell drehte er das heiße Wasser in der Dusche auf und wusch sich den Schweiß ab. Dann stellte er das kalte Wasser an, bis er hellwach und in jeglicher Hinsicht abgekühlt war. Anschließend trocknete er sich das Haar, frottierte sich ab und schlang sich das Handtuch um die Hüften.
Er hatte den Mund voller Zahnpasta, als die Tür aufging und Emma hineinkam. Schlaftrunken rieb sie sich über das Gesicht. Sie trug einen Stapel frischer Kleidung im Arm. Verwirrt blinzelte sie in das helle Licht und drückte trotzdem auf den Lichtschalter. Erst als sie fast mit Sean zusammengestoßen wäre, schien sie ihn zu bemerken.
„Oh.“ Sie blieb stehen und sah ihn aus leicht zusammengekniffenen Augen an. „Ich dachte, du wärst noch im Bett.“
Er spuckte die Zahnpasta aus und schnappte sich das Handtuch, um sich den Mund abzuwischen. „Für gewöhnlich bilde ich unter der Decke eine größere Wölbung.“
„Ich habe nicht richtig hingesehen, weil du die Decke einfach zurückschlägst und …“ Sie verstummte, als ihr Blick auf das Handtuch um seine Hüften fiel, wo der Begriff „größere Wölbung“ gerade eine ganz neue Dimension annahm. Seine Bemühungen, seine körperlichen Gelüste zu bezwingen, waren vollkommen umsonst gewesen. „Oh.“
Statt darüber nachzudenken, in welchem Tonfall sie das „Oh“ herausgebracht hatte, packte er sie bei den Schultern und schob sie weit genug nach links, um an ihr vorbeigehen zu können. Sobald er der Situation entkommen war und im Schlafzimmer stand, schloss er die Badezimmertür hinter sich und fluchte unterdrückt.
Noch peinlicher hätte es nur werden können, wenn ihm auch noch das Handtuch heruntergerutscht wäre.
Nachdem er sich in Rekordgeschwindigkeit angezogen hatte, ließ er sich aufs Bett fallen und starrte an die Decke. Das war die Art von Geschichten, die Frauen normalerweise mit ihrer besten Freundin teilten. Nur, dass ihre beste Freundin mit seinem Cousin verheiratet war. Und sein Cousin war ein Plappermaul. Die Geschichte würde also wundervoll ausgeschmückt die Runde machen. Es wäre nur eine Frage der Zeit, bis einer seiner Brüder ihn anrufen und fragen würde, warum er nackt vor einer Frau stand, vor der er nicht nackt hätte stehen sollen.
Laut seufzend erhob er sich wieder und machte sich auf den Weg nach unten. Erstens brauchte er dringend Kaffee. Und zweitens wollte er nicht ausgestreckt auf dem Bett liegen, wenn Emma irgendwann aus dem Badezimmer kam. Noch peinlicher, als mit einem Handtuch um die Hüften erwischt zu werden, das eine Erektion kaum verbergen konnte, war es, darüber reden zu müssen.
Cat saß am Tisch und nippte an ihrem Tee, als er in die Küche kam. „Heute sind Sie vor Emma unten.“
„Das passiert nicht so oft.“ Er schenkte Kaffee in zwei Becher und erstarrte, weil er keinen blassen Schimmer hatte, wie Emma ihren Kaffee trank. Zwar wusste er, dass sie Kaffeesahne nahm, aber beim Zucker war er sich nicht sicher. Möglichst unauffällig schob er sich vor die Kaffeebecher, damit Cat nicht sehen konnte, was er genau machte, und gab je zwei Teelöffel voll Zucker in die Becher.
„Wie gefällt Ihnen die Zusammenarbeit mit meiner Enkelin?“
Da er erst eineinhalb Tage mit ihr zusammengearbeitet hatte, konnte er genau genommen nicht viel dazu sagen. „Ach, das geht schon. Sie arbeitet hart und hat einen guten Sinn fürs Geschäft.“
„Und sie hat großartige Führungsqualitäten“, fügte Cat hinzu.
Er lachte und dachte an ihren Ausflug in den Supermarkt. „Ja, das kann man wohl sagen.“
„Ich schätze, Sie kennen sie ziemlich gut.“
Sie beobachtete ihn, also bemühte er sich, ehrlich auszusehen. Wie auch immer das aussehen mochte. „Sie ist eine vielschichtige und nicht ganz unkomplizierte Person. Ich bezweifle, dass irgendjemand sie wirklich gut kennt. Außer Ihnen natürlich.“
Als besagte vielschichtige und nicht ganz unkomplizierte Person die Küche betrat, lachte Cat.
„Guten Morgen, Gram. Was ist so lustig?“
„Ich habe nur ein bisschen mit Sean geplaudert. Nachdem du jetzt auch da bist, will ich mal ein paar arme Ritter zubereiten.“
Sean sah zu, wie Emma ihren ersten Schluck Kaffee nahm. Als sie sich weder schüttelte noch das Gesicht verzog, vermutete er, dass er mit dem Zucker richtiggelegen hatte. Und während Cat die Zutaten aus dem Kühlschrank holte, fiel ihm außerdem auf, dass Emma es vermied, ihn
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