Garan - Der Ewige
nicht, ich kannte meine Pflicht und hatte sie stets nach bestem Vermögen erfüllt. »Als ich vor drei Monaten Urlaub nahm, habe ich es sogar persönlich versucht. Ich bin nicht klüger zurückgekehrt. Und mit diesem.« Ich löste die Halsspange meines Mantels und deutete auf eine dünne blaue Narbenlinie an meiner Kehle. »Es sollte ein Todesschlag sein.«
»Davon wußte ich nichts.« Thran sah mich eindringlich an.
»Niemand wußte davon bis jetzt. Welcher Mann ist stolz auf eine Niederlage?«
»Aber unser Problem bleibt«, sagte Thran von Gorl.
Thrala schüttelte den Kopf. »Im Gegenteil, es ist gelöst.«
»Was meinst du?«
»Daß ich nach Koom gehen werde. Mich wird Kepta nicht verdächtigen. Warum sollte er? Habe ich mich nicht ferngehalten von allen Laborarbeiten und kein Interesse gezeigt an der Wissenssuche, so daß selbst mein Vater mich für eine Schande unserer Kaste hält? Ich werde nach Koom reisen um eines angenehmen Abenteuers willen, und der Gebieter von Koom wird nichts argwöhnen.«
»Nein!« rief ich scharf. »Das kannst du nicht tun! Wenn wahr ist, was ich von Koom vermute, kann kein anständig lebendes Wesen sich dorthin wagen und hoffen, unbefleckt von dort zurückzukehren. Kepta spielt um den höchsten Preis.«
»Und wer ist Lord Garan, mir zu befehlen?«
In diesem Augenblick muß ich gewiß mein so sorgsam gehütetes Geheimnis aller Welt preisgegeben haben. Ich erwiderte: »Der niedrigste deiner vielen Diener, königliche Lady. Und dennoch wage ich, deinem Willen in dieser Angelegenheit entgegenzutreten.«
»Er hat nur allzu recht«, stimmte Zacat zu. »Koom ist kein Ort für eine Frau.«
Thran nickte ebenfalls zustimmend, aber Thrala wollte sich nicht überzeugen lassen. Welche weiteren Argumente sie zu Gunsten ihres Planes noch vorgebracht hätte, erfuhren wir nicht mehr, denn plötzlich ertönte über uns in der Kuppel ein sanfter Glockenschlag. Thran und Thrala erstarrten und blickten dann einander an.
»Das ist eine Warnung«, erklärte der Gorlianer. »Jemand kommt den Gang entlang. Wir müssen gehen.«
»Zeig ihnen den inneren Korridor, Thran!« schlug Thrala vor.
Thran ging zu dem Vorhang, durch den Thrala und er gekommen waren. Die Wand teilte sich und enthüllte eine kleine Tür, durch die wir uns einer nach dem anderen zwängten.
»Jetzt geh du, Thran«, flüsterte Thrala. »Und denkt daran, nur die Stimme einer Frau schließt dieses Portal.«
Gehorsam trat er zu uns in den schmalen Gang jenseits der Tür – aber Lady Thrala folgte nicht. Statt dessen schlossen sich die beiden Wandhälften wieder, und wir standen allein in der Dunkelheit. Thran warf sich gegen die Wand.
»Es ist Wahnsinn!« rief er wütend. »Sie kann Ila nicht gut genug spielen, um einen Vertrauten dieser Frau zu täuschen.«
Erst jetzt begriff ich, daß Thrala uns getäuscht hatte, und ich warf mich ebenfalls gegen die Wand, aber ohne Erfolg. Jemand grub eine Hand mit langen Nägeln in meinen Rücken.
»Hört auf!« schrie Analia. »Diese Tür öffnet sich nur auf das Geräusch einer Stimme hin. Laßt es mich versuchen!«
Thran und ich traten zurück und überließen ihr den Vortritt.
Stumm warteten wir, während sie irgendeine Formel mit der hohen, schrillen Stimme der echten Lania mehrmals wiederholte.
Ein dunkler Spalt erschien in der Wand, und im gleichen Augenblick konnten wir sehen und hören, was im Raum der Grippons vor sich ging. Ich für meinen Teil war nicht überrascht, Keptas dunkles Gesicht mit dem spöttischen Lächeln vor uns zu sehen. Aber hinter ihm stand noch jemand.
Thran packte meinen Arm. »Ila!«
Ja, die echte Ila war es, die Ila aus dem weißschwarzen Zimmer, mit ihrem ausgezehrten Körper und dem prachtvollen Haar, ihrem geschminkten Gesicht und der boshaften Stimme. Vor ihnen stand, mit stolz erhobenem Kopf, Thrala. Zwei Ilas – und doch so verschieden!
»Ein unerwartetes Vergnügen«, sagte Kepta gerade. »Die Lady Ila fühlte sich geschmeichelt, daß du Gefallen daran findest, die gleiche Art von Gewand zu tragen, wie sie selbst. Dennoch fürchte ich, wir müssen so unhöflich sein und nach dem Grund für diese reizvolle Begegnung fragen.«
Ila setzte seiner Rede ein Ende, denn sie hatte das verräterische Aufbauschen des Vorhangs vor der Geheimtür gesehen, hinter dem wir uns verbargen. Diese Vorhänge waren so gewebt, daß sie durchsichtig waren für jene, die sich hinter ihnen befanden, undurchdringlich aber für jene im Raum.
»Du Narr!« fuhr sie Kepta
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