Garan - Der Ewige
Keptas unseliges Suchen hatte zu guter Letzt sein eigenes Ende herbeigeführt.
Aus der Dunkelheit kehrten die Vogelgestalten zurück und schwebten an uns vorbei, ohne uns auch nur einen Blick zu schenken.
Wir dachten, sie wären alle fort, als plötzlich ein letzter von ihnen über uns erschien. Er kreiste über unseren Köpfen und schoß dann herab, bis seine Saugfüße die Oberfläche der Brücke berührten. Zum dritten Mal sahen mich jene unirdischen, purpurnen Augen an.
»Also, Mensch, kehrst du in die äußere Welt zurück, nachdem du erreicht hast, was dein Wille war? Du wirst nicht mehr lange dort bleiben können. Auch wir können die Warnung lesen, die zwischen den Sternen steht, die wir niemals gesehen haben. Krand hat uns hervorgebracht, und nun können wir diese Welt verlassen wie eine zu klein gewordene Haut. Sei frei von Furcht vor uns, Mensch, denn wir sind durch Äonen voneinander getrennt!«
Seine Schwingen schlugen rascher; er erhob sich in die Luft und senkte sich in sanften Spiralen in den Abgrund hinunter. Wir waren allein.
Noch während wir wie betäubt dastanden und versuchten, uns wieder zu fassen, hörten wir in der Ferne vor uns Rufe.
»Dort kommt Hilfe!« sagte ich, und mir schien, daß Thrala erschauerte und ihre Miene sich veränderte, als ob sie eine Maske aufgesetzt hätte.
Langsam wandte sie sich ab, und alle Leichtigkeit war ihrem Schritt genommen. Zusammen gingen wir den anderen entgegen, und dann und wann erhob ich meine Stimme, um die fragenden Rufe zu beantworten.
Nicht lange darauf sahen wir den Schein ihrer Strahlerstäbe. Aber anstatt ihren Schritt zu beschleunigen, wurde Thrala immer langsamer. Sie sah mich an, aber ich konnte die Bedeutung ihres Blicks nicht erkennen. Sie ging gebeugt, als wäre ein eisiger Wind über sie hinweggefegt.
Mich erfüllte dagegen ein Hochgefühl. Hatte sie nicht willig in meinen Armen gelegen? War sie nicht mein?
Jenseits des abgesplitterten Brückenteils kauerten Zacat, Anatan und Thran. Sie hatten aus Seilen ein Netzwerk geknüpft, so daß wir uns zu ihnen hinüberschwingen konnten. Thrala sprang als erste, und als ich sie sicher in Thrans Händen landen sah, befestigte ich die Seile um meinen eigenen Leib. Einen Augenblick schwebte ich wieder über dem Abgrund, dann zogen Anatans Hände mich auf festen Boden.
»Kepta?« fragte der Gorlianer.
»Jene aus dem Abgrund haben ihn sich geholt.«
»Du bist verletzt!« Anatan hatte das getrocknete Blut auf meinen Rippen entdeckt.
»Nur ein Kratzer.«
Im Licht von Analias Radiumzelle untersuchte Thran die Wunde und verband sie mit einem Streifen Seide aus seiner Gürteltasche. Dann zog er den Ersatz-Schuppenanzug hervor und half mir, ihn anzulegen. Die ganze Zeit über jedoch ruhte sein Blick auf Thrala, die abseits stand mit Analia, und zu meinem wachsenden Unbehagen sah ich, daß sie es vermied, meinem Blick zu begegnen.
»Kepta ist also nicht mehr«, bemerkte Thran, als ich meinen Schwertgurt befestigte.
»So ist es, und die Art seines Abgangs war keine angenehme.«
Ich beschrieb das Erscheinen und Verschwinden der geflügelten Gestalten aus dem Abgrund.
»Kepta tot«, murmelte Thran. »Endlich ist Kooms Macht gebrochen. Es bleibt – Krand.«
Ich sah, wie Thrala aufblickte.
»Ja«, ihre Stimme war fest, obgleich ihre Lippen zitterten, »es bleibt Krand.«
9.
Nun, da wir wußten, was uns bevorstand, drängte es uns mehr noch als zuvor, wieder an die Oberfläche zu kommen. Ich zweifelte nicht, daß es irgendeine Möglichkeit gab, der kommenden Katastrophe zu entfliehen. Jene Flügelgestalten hatten eine solche Möglichkeit angedeutet, und Thrala erklärte, daß Keptas Vorbereitungen zur Flucht fast abgeschlossen gewesen waren.
Was Kepta vorhatte, konnten auch wir tun, wenn genügend Zeit blieb. Während des ganzen restlichen Rückwegs beschäftigte sich der eine Teil meines Hirns mit der Flucht, während der andere der Erinnerung an jene wundersamen Augenblicke mit Thrala nachhing. Und wenn ich so an sie dachte, begriff ich nicht, daß sie mich jetzt ständig mied. Sie eilte voraus und hatte immer Analia an ihrer Seite, während ich gezwungen war, Thrans Fragen zu beantworten.
Seine Suche entlang der rechten Abzweigung der Wege hatten ihn, Anatan und Analia mitten durch eine seltsame, sumpfartige Mulde geführt, wo abscheuliche Lebensformen inmitten gigantischer Schwämme existierten. Und einmal waren er und seine Gefährten gezwungen gewesen, sich ihren Weg mit den
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