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Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)

Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)

Titel: Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Ulrich Grimm
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auf eine »angeborene Überempfindlichkeit gegenüber süßen Geschmacksrichtungen« zurück. Die Ratten in ihren Versuchen hatten sogar stärker darauf reagiert als auf Kokain.
    Die Menschen spüren daher schon bei einer geringen Dosis die Signale der Beglückung – und essen weiter von den Früchten, immer die Arterhaltung unbewusst im Hinterkopf beziehungsweise im Nucleus accumbens. Zur Sucht führt erst die erhöhte Dosis.
    Solange es nur wenig Süßes gibt, gibt es auch keine Suchtgefahr, so die Studie von Forscherin Lenoir und ihren Kollegen: »Bei den meisten Säugetieren entstanden die Süßrezeptoren vor Urzeiten in einer Umgebung, in der es noch kaum Zucker gab. Der Mensch ist daher nicht eingestellt auf hohe Konzentrationen von süßem Geschmack.« Erst die »übermäßige Stimulation« der Rezeptoren durch eine zuckerreiche Ernährung infolge des überreichen Angebots an Süßem in modernen Gesellschaften führe zu »übermäßigen« Hirnreaktionen, die die Selbstkontrollmechanismen »überrollen und so zur Sucht führen« könnten.
    Solange es nur wenig Süßes gibt, ist es auch nicht nötig, den Verzehr zu begrenzen. Im Gegenteil. Eine Essbremse zum Beispiel wäre da nur hinderlich gewesen und hätte die Menschen davon abgehalten, die süßen Delikatessen zu verschlingen. Und wären sozusagen der Vorratshaltung im Wege gestanden. So war es ganz sinnvoll, dass der Körper die Essbremse, die er hat, bei Süßem ausschaltet. Der Körper hat dafür einen hormonellen Mechanismus, weiß Professor Robert Lustig: »Zucker lässt den Insulinspiegel ansteigen, das Insulin aber blockiert Hormone, die dem Körper normalerweise sagen, er solle aufhören zu essen.«
    Heute wäre eine Bremse natürlich prima. Heute gibt’s nicht nur die seltenen Früchte, sondern auch Nutella, Coca-Cola, Cornflakes und überzuckerte Cerealien von Kellogg’s, Smarties, Kitkat, Milka und die Milchschnitte. Und Zucker findet sich sogar in so überraschenden Verstecken wie im Schinken, den Brötchen, der Buchstabensuppe, den Abnehmprodukten von Du darfst oder den Weight Watchers.
    Die Mechanismen im Gehirn, die Suchteffekte des Zuckers, sind vor allem für die Übergewichtsforscher wichtig. Sie wunderten sich immer, warum die Dicken nicht einfach aufhören zu essen, warum auch die vielen Appelle an die Vernunft, die Macht der Erziehung, ans Maßhalten nichts bringen. Das Konzept der Drogenabhängigkeit könnte »uns helfen, das Übergewicht zu verstehen«, meint Nora D. Volkow, Direktorin des Nationalen Instituts für Drogenmissbrauch in Bethesda im US-Staat Maryland: »Die Daten sind so überwältigend, dass man es einfach akzeptieren muss.«

    Davor hat die junge Frau in Berlin, die sich Lara nennen will, ja auch schon Angst: dass sie irgendwann dick wird von dem Süßzeug aus dem Supermarkt. Dagegen will sie sich immunisieren und sich die Freiheit nehmen, nicht mehr zuzugreifen.
    Sie sitzt jetzt in dem Liegestuhl, in dem kleinen Häuschen am Waldrand, in dem hellen Zimmer mit dem großen Fenster, den blauen, transparenten Vorhängen, die den Blick freigeben auf den Garten, die Terrasse mit einem malerischen Durcheinander, ein paar Gartenmöbeln aus Teakholz, einem zusammengeklappten Sonnenschirm, einer Tonkugel, so groß wie ein Fußball, weiter hinten der Rasen und alte Bäume, die sich langsam wiegen im Wind.
    Sie hatte schon länger den Verdacht, ihr Verlangen nach Süßem sei »übermäßig«, sagte Lara, als sie im Liegestuhl sitzt, und Frau Althen, die Therapeutin an der Stirnseite des Tisches, fragt erst mal nach:
    »Und warum stört es Sie jetzt?«
    »Na ja, eigentlich in erster Linie weil es ungesund ist, aber auch weil ich mich da einfach nicht gut fühle, zum Beispiel wenn ich abends übermäßig viele Süßigkeiten esse, dann schlaf ich total schlecht und auch viel zu lang. Und das ist eben nicht tragbar. Weil ich dann am nächsten Tag wichtige Termine teilweise auch verschlafe. Und das stört mich eben. Und dass ich ständig zunehme, ich meine, ich bin jetzt nicht dick, aber das muss ja auch nicht sein. Dass man da ständig drauf achten muss, weil man kein Maß für Süßigkeiten hat.«
    »Und wann essen Sie die dann?«
    »Das ist auch so ein bisschen problematisch, also meistens abends oder nachts. Vorm Computer oder so. Ja. Also deswegen hat das irgendwie auch kein Maß, wenn man da noch nachts rausgeht und sagt, ach, komm jetzt, ich hab jetzt Lust auf was Süßes und dann …«
    »Also nachts, wenn Sie

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