Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)
Fünffachen der deutschen Apfelernte im Jahr. Insgesamt wird in Europa eine Menge von 700 000 Tonnen Fruktose pro Jahr produziert. Und es ist nicht so, dass Fruktose den normalen Zucker ersetzt. Fruktose kommt obendrauf. Die Zuckerlast steigt. Und wenn die Menschen jetzt in zunehmender Zahl umsteigen auf diverse Ersatzstoffe, dann sind sie damit leider auch nicht auf der sicheren Seite. Denn viele der Ersatzlösungen haben ganz ähnliche Wirkungen auf den Körper. Etwa die sogenannten Zuckeraustauschstoffe. Das sind keine künstlichen Süßstoffe, sondern Süßungsmittel, die häufig ebenfalls aus Zucker gewonnen werden. Dank der Phantasie der Chemiker können auch völlig überraschende Quellen zur Versüßung des Lebens herangezogen werden. Etwa der Wald: Das sogenannte Xylit etwa wird aus Holz gewonnen. Auch die Inhaltsstoffe von Chicorée oder Artischocken sollen Zucker ersetzen – aber erhöhen die Menge des Süßen insgesamt. Die neuen Süßungsmittel, mögen sie auch aus der Natur stammen, können in isolierter Form dann allerdings unerwartete Nebenwirkungen haben.
Zum Beispiel Sorbit, E420 (auch Sorbitol genannt), von Natur aus beispielsweise in Aprikosen, Pflaumen oder auch im Bier enthalten, kann als Zuckerersatz in Kaugummis erheblichen Schaden anrichten. So berichtete die Süddeutsche Zeitung über eine 21-jährige Frau aus Berlin, die ins Krankenhaus kam, weil sie seit acht Monaten unter Durchfall und Unterleibsschmerzen litt. Sie hatte schon elf Kilogramm an Gewicht verloren, wog gerade noch 41 Kilo. Die Spezialisten der Berliner Charité um Jürgen Bauditz und Herbert Lochs, so die SZ, »konnten im Darm nichts Krankhaftes finden. Dafür fiel ihnen etwas anderes auf: Die Patientin produzierte eine unglaubliche Menge Stuhlgang – 1,9 Kilogramm pro Tag; normal wären 250 Gramm. Bald stellte sich die Ursache für das Unglück der Frau heraus: Sie kaute ständig zuckerfreie Kaugummis – im Schnitt 16 Stück pro Tag. Damit nahm sie rund 20 Gramm von dem Zuckeraustauschstoff Sorbit auf – viel zu viel, befanden die Ärzte. Im British Medical Journal warnten sie nun vor einem derart starken Konsum an Zuckerersatz. Der scheint nämlich gar nicht so selten zu sein: Kurz nach der Frau mussten die Internisten einen 46-jährigen Berliner behandeln, der ebenfalls schwer kaugummikrank war; er kaute täglich 20 Streifen mit dem zahnfreundlichen, aber wenig darmfreundlichen Sorbit.«
Wenn Sorbit mehr als zehn Prozent des Lebensmittels ausmacht, muss auf dem Etikett vor solchen Nebenwirkungen gewarnt werden: »Kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken.« Das hatten die Sorbit-Opfer wohl übersehen. Oder nicht lesen können, es ist ja meist sehr winzig geschrieben. »Dass Stoffe wie Sorbit zu Durchfall führen, ist schon länger bekannt«, sagt der Charité-Arzt Herbert Lochs. »Aber eine Mangelernährung dieses Ausmaßes haben wir nun erstmals beschrieben.«
Sorbit kommt nicht nur in Kaugummis vor. Oft wird er Lebensmitteln zum Feuchthalten zugesetzt, dadurch halten sie länger und wirken dauerfrisch. Brot zum Beispiel. Als Trägerstoff sorgt Sorbit dafür, dass zugesetzte Vitamine und Aromen sich nicht verflüchtigen. In Bier und manchen Obstsorten kommt es sogar natürlich vor. Es darf ohne Mengenbegrenzung in fast allen Lebensmitteln eingesetzt werden. Genutzt wird es vor allem für Diätlebensmittel und bestimmte kalorienreduzierte Produkte. Auch manche Desserts ohne Zucker, Fruchtzubereitungen, Marmelade, Kuchen, Kekse oder Eiscreme können mit Sorbit gesüßt werden, außerdem Saucen und Senf.
Bei den Fruktosekranken steht Sorbit auf dem Index. Ebenso die anderen Zuckerersatzstoffe auf Frau Freverts Liste, wie Maltit (auch Maltitol genannt, E965) und Isomalt (E953). Oder Xylit (auch Xylitol genannt, E967). All das kann ebenfalls »abführend wirken«. Wer den Zucker also ersetzt durch einen dieser Stoffe, schluckt damit keineswegs ein Nichts, einen Stoff ohne Eigenschaften, der sich zum Körper neutral verhält. Diese Stoffe, auch wenn sie kein normaler Mensch kennt, haben sehr wohl Eigenschaften – und manche wirken auf den Körper sogar ganz ähnlich wie Zucker. Sorbit, Mannit und Xylit stehen auch als ADHS-Auslöser im Verdacht, beim sogenannten Zappelphilipp-Syndrom also, wie der gemeine Zucker. Und die Zuckerersatzstoffe Sorbit oder Xylit können sogar die Cholesterinwerte verschlechtern, wie eine Studie der Emory Universität in Atlanta im US-Staat Georgia ergab. Genau wie der
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