Garantiert wechselhaft
Winterreifen.
«Sie haben aber auch ein Talent, mich zu erschrecken!»
«Do hat man immer a weng wos zu dun im Garddn, gell?»
«Jaja», sagte ich. «Vor allem im Frühling. Gell?»
«Sie müssen fei auf die Schneggn obacht geb’m, gell?» Gustl zeigte auf den hinteren Teil der Beete. «Den Riddersporn mögens b’sonders gern!»
«Ich werde es mir merken», versprach ich. Dann schaute ich wie zufällig auf meine Armbanduhr. «O je, schon so spät!» Flugs raffte ich meine Sachen zusammen und winkte meinem Nachbarn freundlich zu. «Ich muss leider los. Wiedersehen!»
Es war sowieso höchste Zeit, meine Mails zu verschicken.
Die Unterlagen unter dem Arm, klingelte ich bei Gundi. Stille. Ich unternahm einen weiteren Versuch und sah hinter dem Haus nach, wo ein Zettel an der Küchentür hing: Bin im Obstgarten , samt Lageplan.
Mist.
Der Garten schien aber nicht allzu weit weg zu sein, also trabte ich los.
Als ich das Ortsschild von Wiestal ohne weiteres Schnepfenrendezvous erreicht hatte, entspannte ich mich. Ich hielt mein Gesicht in die Sonne und sog die Frühlingsluft tief ein. «Du schaffst das», sagte ich mir leise. «Heute hat ja alles schon richtig gut geklappt.» Dann überquerte ich einen kleinen Bach und folgte dem Weg durch das Tal.
Ich war schon eine ganze Weile gegangen, als ich etwas im Gebüsch hörte. In der Hoffnung, ein Tier in freier Wildbahn beobachten zu können, sah ich mich genau um und staunte nicht schlecht, als ich Gundi im Unterholz entdeckte.
«Was machst du denn hier?»
«Pscht!» Sie hielt mir ein Fernglas hin. «Schau amol!»
Nach ihrem begeisterten Blick hatte ich mindestens einen kapitalen Zwölf-Ender erwartet, doch alles, was ich entdecken konnte, war ein alter Mann, der gleichmäßig eine Sense durch das hohe Gras zog.
Verdutzt sah ich sie an. «Und was ist daran so interessant?»
«Des ist der Walder!» Sie sagte es mit so viel Begeisterung, dass ich mir das Fernglas erneut vor die Augen hielt, um den Mann genauer zu betrachten. Gundis Angebeteter war Ende siebzig, hatte ein freundliches Gesicht und einen üppigen grauen Haarschopf.
Ich gab ihr das Fernglas zurück. «Nett sieht er aus.»
«Bald schnabb ich’n mir, und dann werd geheiert», sagte Gundi entschlossen.
«Ge-was?»
«Ge-hei-ra-tet.»
Ich war beeindruckt, aber dann kam mir ein Verdacht. «Weiß Walter schon von seinem Glück?»
«Bis jetz noch ned.»
«Und wenn er nicht will?»
Sie sah mich groß an. «Seit wann wissen Männer, was se woll’n?»
Wir gackerten beide los.
«Und was machst etzt du in Wald und Flur?», wollte Gundi dann wissen. «Musst’n du ned arbeid’n?»
«Doch, doch», sagte ich. «Aber dafür bräuchte ich heute das Internet meiner Nachbarin. Und die treibt sich ja gerade im Gelände herum!»
Gundi lachte. «Des hammer gleich!» Sie hakte sich bei mir unter, und zusammen gingen wir ins Dorf zurück.
Nachdem ich meine Korrespondenz auf den neuesten Stand gebracht hatte, erlaubte ich mir einen winzigen Ausflug zur Website der Firma Lodes. Leider konnte man hier zwar alles über die Dienstleistungen der Schreinerei erfahren, aber nichts über den Familienstand des Chefs.
Ich beschloss, diesen Mann für heute endgültig aus meinem Kopf zu verbannen und stattdessen das Internet für ernsthaftes Arbeiten zu nützen, solange ich es zur Verfügung hatte.
Ich hörte erst auf, als Gundi ins Zimmer kam, um mitzuteilen, dass ein Gurierdienst ein Bäckla für mich abgegeben hätte. Wobei Päckchen untertrieben war: Es handelte sich um einen großen Karton mit zwölf Flaschen bestem Bordeaux.
«Is wohl a besonderer Wein?», fragte Gundi, als sie sah, wie gerührt ich war.
Ich nickte. «Mein Lieblingswein. Von meiner Lieblingsfreundin.»
«Dann lass’n dir schmeggn», sagte Gundi. «Aber fang fei nedd gleich damit an, gell?»
Als ich alles nach Hause geschafft hatte, stellte ich mich der leidigen Frage, was ich zu essen kochen sollte. Dabei sah ich aus dem Küchenfenster, und mich traf der Schlag: Jemand hatte meine Arbeit draußen zu Ende geführt und Laub und Gartenabfälle feinsäuberlich neben dem Komposthaufen zusammengeschichtet.
Ich trat vor die Küchentür und rieb mir die Augen. Nein, ich hatte mich nicht getäuscht. Und auch noch keinen Tropfen Bordeaux getrunken, nur das Etikett gelesen. Aber davon wurde man bekanntlich nicht besoffen.
Jemand hatte mir geholfen. Aber wer?
Da kam mir ein schrecklicher Gedanke. Lieber Grüß-Gott, lass es bitte-bitte nicht den
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