Garantiert wechselhaft
Christians tiefer Stimme löste bei mir erhebliche Resonanzen unterhalb der Gürtellinie aus. «Wo steckst du denn, warum gehst du nicht an dein Handy?»
Das Handy! Das lag natürlich wegen Volker immer noch auf dem Nachttisch. Am liebsten hätte ich mir in den Hintern gebissen vor Ärger, aber Christians weitere Worte besänftigten mich sofort:
«Ich wollte nur sagen, dass ich am Montagvormittag noch mal vorbeikomme. Dann kümmere ich mich um deine Kellerdrebbn und messe die Fenster aus. Wäre gut, wenn du dann da wärst. Bis bald!»
Übermorgen! Ich machte ein paar Tanzschritte um den Tisch und wollte mir die Nachricht gerade zum zweiten Mal anhören, als Marie in die Küche kam.
«Dieser Gustl ist da. Kannst du dich um ihn kümmern?»
Unser Nachbar begrüßte mich mit einem fröhlichen «Grüß Gott!».
«Hallo, Gustl», sagte ich. «Schon wieder unterwegs?»
Gustl nickte. «Ich hab heut scho a Menge g’schafft und wollt amol kurz a Bause machen, und do hab ich gedacht …»
«Du schaust mal bei uns vorbei.» Plötzlich durchzuckte mich wieder dieser schreckliche Verdacht. War es doch Gustl gewesen, der das ganze Holz weggeräumt hatte? Und wie sollte ich mich jetzt verhalten? Mich vorsichtshalber bei ihm bedanken?
Zum Glück fiel mir die Lösung ein, als ich sah, wie gierig Gustl auf die Reste starrte. «Weißt du was?», sagte ich. «Wer so viel arbeitet, braucht auch was Leckeres zum Essen. Wie wäre es, wenn ich dir etwas einpacke?»
Bingo! Gustl strahlte über beide Ohren. «Fei a gude Idee!»
«Kei Dhema, hammer gleich», sagte ich. Ich nahm eine der neuen Tupperdosen und füllte sie randvoll. «Bitte schön. Guten Appetit!»
Als Gustl verschwunden war, sah Marie mich feixend an. «Du glaubst auch, dass er derjenige war, oder?»
«Ich fürchte schon. Vor einigen Wochen gab es schon mal so eine gute Tat. Da hatte jemand die Gartenabfälle auf den Kompost geräumt. Und Gustl hat es ja nicht weit.»
«Hast du ein Glück», sagte Marie und kicherte. «Gutaussehend und Gentleman. Solche Typen findet man nicht an jeder Ecke.»
Ich war gerade mit dem Abspülen fertig geworden, als Marie mir einen Zettel in die Hand drückte. «Der lag im Briefkasten.»
«Einladung zur Wasserversammlung», las ich laut. «Am kommenden Montag um neunzehn Uhr im Feuerwehrhaus. Und was soll das sein?»
Marie zuckte mit den Schultern. «Ist doch egal. Aber wenn du hingehst, solltest du auf jeden Fall vorher herauskriegen, was man zu so einem Event trägt.»
«Schwimmflügel?»
«Gummiflossen!» rief Marie. «Aber von Wiesienne Westwood.»
Wir malten uns das Thema gerade richtig schön aus, als Gundi in der Küchentür stand. «Schee, dass es euch gutgeht, Madla. Wie isses gestern g’laufen?» Sie legte die Zeitung auf den Tisch und setzte sich zu Crowley auf die Bank.
«Schlecht», sagte ich wahrheitsgemäß. «Außer Gustl war keiner da.»
«Hab mir scho so was gedacht.» Gedankenverloren strich sie Crowley über den Kopf.
Allmählich hatte ich die Faxen dicke. «Kannst du mir vielleicht mal erklären, was da gespielt wird?»
Gundi zuckte die Schultern. «Manche Leute werr’n halt garschtig, wenn’s ned so läuft, wie se sich des vorg’stellt hamm.»
«Ich bin gar doch nicht garstig!»
«Du bist ja auch gar ned gemeint», sagte Gundi. «Reg dich am besten ned groß auf. Gell, Grauli, mir regen uns gaaar ned auf.» Sie kraulte den Kater unter dem Kinn, was dieser mit lautem Schnurren beantwortete. Für die beiden war das Thema ganz offensichtlich abgehakt.
Ich zeigte Gundi den ominösen Zettel. «Und was ist das für eine Wasserversammlung?»
Sie warf nur einen kurzen Blick darauf.
«Ich weiß ned, ob ihr des wisst, aber unser Dorf hat drei Quellen, die uns mit Wasser versorgen», sagte Gundi. «Und einmal im Jahr setzen mir uns z’amm und besprechen alles, was ansteht. Da geht’s um die Wasserqualität, um die Frage, wann die nächste Wasserbrüfung ansteht und so Zaich.»
«Also betrifft mich das gar nicht?» Ich wollte den Zettel schon ins Altpapier werfen, als sie mich streng ansah.
«Nadürlich bedrifft des dich, und deswegen musst du da auch hingeh’n. Von an jedem Haushalt muss einer deilnehmen!»
Erst jetzt sah ich den letzten Satz: Teilnahme ist Pflicht. Mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen.
Onkel Hubert! Hilfe! Mit a weng positivem Denken wäre es bei diesem Event wohl nicht mehr getan …
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Elf
Die Vorhersage für Montag, den 21. April:
Ein
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