Garantiert wechselhaft
zuständig fühlten.
«Und bei unserer Bärbel steht seit einer Woch der Ernst des Lebens vor der Dür», sagte Rosi augenzwinkernd.
Bärbel, die mir von den Vieren am sympathischsten war, ließ einen tiefen Seufzer los. «Wenn er wenigstens amol vor der Dür steh’n däd. Meistens hockt er ja bloß auf der Couch. Und seitdem er weiß, dass es mit der Schneiderei nix wird, fühlt er sich erst recht überflüssig.»
Es wurde immer spannender. «Ist dein Mann auch Schneider?»
«Naa, der war sei Leben lang Buchhalder in einer großen Firma. Und etz, wo er pangsioniert is, wollt er halt a weng für uns was machen, dass er sich ned so überflüssig vorkommt.» Sie lächelte. «Der wird sich etz auch freu’n!»
Rosi schenkte wieder nach, und ich spürte, wie Alkohol und Glückshormone eine berauschende Liaison miteinander eingingen.
«Aber jetzt hammer so viel von uns gequatscht», meinte Bärbel. «Erzähl doch amol von dir!»
«Oje, wo soll ich da anfangen?» Ich überlegte.
«Ich bin achtundvierzig und geschieden. Meine Tochter ist sechzehn, die kennt ihr ja schon.»
«Allerdings», brummte Claudia, wurde aber sofort mit einem Knuff von Leni gestoppt.
«Und weiter?»
«Wir haben immer in Berlin gelebt und wären an sich auch gern dageblieben, aber ich hatte Ärger mit einem Verflossenen, der nicht kapiert hat, dass unsere Wege sich getrennt hatten. Der ist einfach nicht aus meiner Wohnung ausgezogen, und da kam mir der Gasthof von Hubert gerade recht, um einfach alles hinter mir zu lassen und einen Neuanfang zu wagen.»
«Also doch ned so berfeggt, wie ich gedacht hätt», sagte Leni ehrlich. «Du hast immer so gewirkt, als hättst alles im Griff!»
Na, das war ja die Krönung, diese Einschätzung ausgerechnet von ihr zu hören!
«So wie bei der Tupperparty, mh? Oder meinst du die Handwerkersuche?» Ich grinste. «Da hofft man, dass alles endlich besser wird, macht aber die Rechnung ohne vier Schnepfen, die einem die Hölle auf Erden bereiten.»
Die vier schauten etwas bedröppelt, aber dann erhob Leni feierlich das Glas. «Die Handwerker hamm etz wieder freie Kabbazidädn!»
Claudia nickte. «Und deuer sind se auch ned, wirst scho sehn.»
Bärbel und Rosi stimmten mit ein. «Auf die neue Wiestalerin Nina!»
Es war schon fast zwölf, als wir kichernd die Treppe hinunterstolperten. Wir hatten ordentlich einen sitzen. Draußen blieben wir stehen und genossen die kühle Nachtluft auf unseren erhitzten Wangen.
«Jetzt habe ich noch eine letzte Frage an euch.» Ich versuchte, nicht zu lallen. «Gibt es in Wiestal Heinzelmännchen, von denen ich nichts weiß?»
«Wieso?», fragte Claudia. «Was machen se denn?»
«Gartenabfälle wegräumen», sagte ich. «Und am Samstag haben sie das ganze Brennholz im Schuppen aufgeschichtet.»
Die Frauen tauschten einen wissenden Blick, dann lachten sie laut heraus.
«Des wird der Gustnbeck g’wesen sein!» Claudia schlug mir ausgelassen auf die Schulter. «Der steht fei voll auf dich, des weiß inzwischen doch a jeder!»
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Dreizehn
Die Vorhersage für Mittwoch, den 29. Mai:
Freundlich. Im Tagesverlauf Wechsel zu surrealen Erlebnissen und Durchzug einzelner Emotionen.
Mehr als fünf Wochen waren seit dem denkwürdigen Abend vergangen, aber die Worte Der Gustnbeck steht auf dich hatten sich in meinem Kopf verfangen wie Fliegen in einem Spinnennetz. Manchmal schien es, als hätten sie ihr Leben ausgehaucht, doch dann zuckten sie wieder, unfähig, mich endlich in Frieden zu lassen.
Fatalerweise war ich auch noch telepathisch mit meinem Nachbarn verbunden: Jedes Mal, wenn ich darüber nachgrübelte, wie ich ihm für ein und alle Mal klarmachen konnte, dass ich nichts mit ihm am Hut hatte, stand er kurz darauf in der Tür und wollte ein Schwätzchen halten.
Auch heute war das nicht anders. «Grüß Godd!» Gustl kam zur Küchentür herein und sah mich freudestrahlend an.
Ich tat überrascht. «Gustl! Du, es tut mir leid, aber ich bin heute voll im Stress!» Und das war nicht mal gelogen. Ich war gerade dabei, zwei Hektoliter Kaffee für die Handwerker zu kochen, die inzwischen im Gasthof werkelten. Danach musste ich den Männern Instruktionen geben, und um zehn stand eine große Besprechung im Saal an.
«Ich wollt fei bloß fragen, ob du amol bei mir vorbeikommst.»
Oha, diese Nummer war neu. Doch bevor ich mir eine stichhaltige Ausrede einfallen lassen konnte, kam Bärbel in die Küche. Mit dem Versprechen, ihn später besuchen zu
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