Garantiert wechselhaft
kommen, schob ich meinen Nachbarn in den Garten.
«Der Typ ist eine Klette.»
«Da isser ned der Einzige!» Bärbel ließ sich auf einen Küchenstuhl sacken. «Lang halt ich des fei nimmer aus.»
«Redest du von Ernst?» Ich schenkte uns Kaffee ein und setzte mich zu ihr. «Was macht er denn?»
«Nix. Und am liebsten wär’s ihm, wenn ich auch nix machen würd.»
«Der Mann braucht eine neue Beschäftigung. Etwas, bei dem er sich nützlich fühlt.»
«Und wo soll ich des herzaubern, solang hier noch nix läuft? Bald bin ich mit’n Nerven am Ende.»
Ich hörte Rosi, Leni und Claudia in die Gaststube kommen und strich Bärbel über den Arm. «Du konzentrierst dich jetzt erst mal auf deine eigenen Pläne», sagte ich. «Der Rest wird schon werden!»
Kurz darauf saßen wir zu fünft im Saal und gingen den Plan für den Einzug der Schneiderei durch. Wir versuchten es jedenfalls, denn die Handwerker nervten uns im Fünf-Minuten-Takt mit Fragen.
«Fehlt bloß noch, dass einer vom Klo Fertig! ruft, und mir sollen ihm den Hindern abwischen», brummte Claudia nach der vierten Unterbrechung.
Auch Lenis Nervenkostüm war nicht das beste. «Wo war’n mir grade stehengeblieben?»
«Bei den Tischen, die mir bestellt hamm», sagte Bärbel. «Und dass mir die hier im Saal aufstell’n lassen.»
«Und was mache ich mit den Sachen, die jetzt hier stehen?» Mir war klar, dass die Frauen höhenverstellbare Arbeitsflächen brauchten, aber ich wollte nicht die Bühne mit den überflüssigen Möbeln zustellen.
«Die lagern mer derweil bei uns ein», sagte Leni.
Gute Idee. Ich nahm meine aktuelle Liste und strich unter der Rubrik Fragen diesen Punkt durch.
Seit unserer Aussprache im Feuerwehrhaus hatte ich eine Menge Listen angefertigt. Auf der ersten hatten alle Vor- und Nachteile dieser Fusion gestanden.
Am Ende hatten die Vorteile klar gegen die Nachteile gewonnen, nämlich dass die Handwerker endlich die dringenden Reparaturen durchführten, ich nicht mehr den ganzen Tag im großen Haus allein und zusätzlich durch meine Schnepfenbande mehr ins Dorfleben integriert war. Außerdem würde die Schneiderei natürlich Miete zahlen, wie Bärbel mir erklärt hatte. Und das konnte ich bei meiner klammen Finanzlage wirklich gut gebrauchen.
Dennoch machte ich mir Gedanken darüber, dass ich nun nicht mehr alleinige Herrscherin im eigenen Haus war. Leni zeigte gelegentlich ein Dominanzverhalten, das mich fast schon an Volker erinnerte. Und so gab es Nächte, in denen ich mir schlimmste Szenarien ausmalte, und die Schweißausbrüche, die mich dabei überrollten, hatten nichts mit irgendeiner hormonellen Umstellung zu tun.
Zum Glück hatte ich inzwischen immer einen von Huberts Sprüchen im Blick, wenn es mir schlechtging.
Oft macht man sich das Leben schwer, obwohl es gar nicht nötig wär , prangte zum Beispiel auf einem bestickten Wandbehang, der in einem der Gästezimmer hing.
«Hammer inzwischen a Lösung für die Schnidde?» Rosi sah fragend in die Runde. «Sonst däd ich vorschlagen, dass mer se erst amol an so fahrbare Ständer hängen. Die gricht mer günstig in jedem Baumarkt, und dann könn mer se beliebig hin- und herschieben.»
Leni nickte und machte sich eine Notiz. «Fehlt nur noch a Lager für die Stoffe, dann simmer durch.»
«Da könnt ihr oben eins der Gästezimmer benutzen», sagte ich und dachte an das mit dem Wandbehang. Ich wollte jetzt dringend mit der Besprechung fertig werden, denn auf meinem Schreibtisch wartete eine Menge Arbeit, und ich musste blöderweise ja auch noch bei Gustl vorbeischauen.
Gerade als ich vorschlagen wollte, den Raum schnell zu besichtigen, jodelte Bärbels Handy los.
«Ja?» Ihre Augen verengten sich. «Ja, Ernst. Naa, des geht etzt ned … Ich bin in einer Besprechung. Ja, ich hab was vorbereitet. Des kannst gegen zwölf in die Röhre stell’n … Zweihundert Grad.» Sie lauschte. «Naa, Ernst, du kannst des mit der Röhre. Letzte Woche hastes auch gekonnt.» Ein tiefer Seufzer. «Dann warddest halt … Jaaa. Bis! Ich!! Komm!!!» Sie drückte das Gespräch weg und sah uns mit Blutvergießermiene an.
«Wenn ich beim nächsten Dreffen ned da bin, brauch ich an gudn Anwalt.»
Keine Frage: Ernsts Leben hing an einem seidenen Faden.
Eine halbe Stunde später waren die Frauen endlich weg. Leni, Claudia und Bärbel mussten für ihre jeweiligen Männer das Mittagessen auf den Tisch stellen, und Rosi musste zu ihrem Job. Um den Besuch bei Gustl noch ein kleines bisschen
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