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Garantiert wechselhaft

Garantiert wechselhaft

Titel: Garantiert wechselhaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fanny Wagner , Carolin Birk
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Pläne?»
    Die vier sahen sich so verlegen an, dass ich auf die wildesten Ideen kam.
    «Einen Großhandel mit Hanfpflanzen? Eine Sado-Maso-Pension?» Vielleicht hatten die Frauen ja vor, eine Landfrauenversion von Shades of Grey zu inszenieren. Shades of Green sozusagen, in der man mit Brennnesseln gefesselt und gepeitscht wurde.
    Einen Augenblick starrten mich die Frauen verblüfft an, dann lachten sie los. Das Eis war gebrochen.
    «Des wär’s, Leni!», johlte Claudia aufgedreht. «Do könnt’st dein Kurt mal a weng ausbeitschen, wenn er ned spurt!»
    Auch bei den anderen mangelte es nicht an kreativen Einfällen. Sie blödelten noch eine Weile herum, bis ich sie an meine ursprüngliche Frage erinnerte:
    «Aber was wolltet ihr denn nun wirklich machen?»
    «Was ganz Abg’fahrnes», sagte Bärbel und grinste. «A Schneiderei.»
    «Habt ihr denn zu Hause nicht genug Platz?»
    «Der Blatz isses ja ned», sagte Leni ungeduldig. «Mir häddn halt vor allem was gebraucht, wo mer die Dür hinter uns zumachen können und wo uns kaaner nei’redt.»
    Es gab Leute, von denen Leni sich dazwischenquatschen ließ? Ich sah ungläubig in die Runde, aber die anderen nickten.
    «Daheim kommt doch andauernd einer g’laufen, der was will. Da kann ja ka Mensch ernsthaft arbeiten.» Claudias düsterer Blick sprach Bände.
    «Und mir häddn uns halt vorg’stellt, dass mer die Sach a weng größer aufziehn», fügte Rosi hinzu. «Nähen können mir alle recht gut. Die Leni hat sogar Schnidddechniggerin g’lernt, weißt?»
    «Für Dobb», seufzte Leni. «Und Hagga.»
    Hä!!?
    Als die vier meinen ratlosen Blick sahen, mussten sie lachen.
    «Schnitt-Technikerin für Damen-ober-bekleidung und Herren- und Kinderbekleidung», erklärte Rosi. «DOB und HK.»
    «Mir häddn a dolle Kolleggtion auf die Beine g’stellt», sagte Leni.
    «Na ja», sagte Bärbel. «Des werr mer scho noch hiegriegen. Halt bloß ned so bald.»
    Sie schwiegen und hingen ihren Gedanken nach.
    Und ich fasste einen spontanen Entschluss.
    «Was würde denn dagegensprechen, die Schneiderei trotzdem in der Wirtschaft einzurichten?»
    Acht Augen wurden tellergroß.
    «Drotzdem?» Claudia Haas konnte es nicht fassen. «Und wie soll des gehn?»
    «Ganz einfach. Am Tag arbeitet ihr dort, und nachts machen Marie und ich es uns auf den Arbeitstischen gemütlich und decken uns mit euren Stoffen zu!»
    Jetzt lachte ich über ihre verdutzten Gesichter.
    «Nein, Quatsch. Aber wenn euch der große Saal reicht, spricht von meiner Seite aus nichts dagegen.»
    Nach diesem Vorschlag dauerte es nur Sekunden, dann redeten alle durcheinander. Bis mein Nachbar Gustl plötzlich an unserem Tisch auftauchte.
    «Ich geh dann amol heim. Magst mitkommen?» Er strich sich über die Glatze, als wollte er die Stoppeln zum Wachsen ermutigen.
    «Naa, die hat etzt ka Zeit für dich», herrschte Leni ihn an. «Mir hamm do was Wichtig’s zum besprech’n!» Und sie scheuchte ihn weg wie eine lästige Fliege.
    So viel zum Thema dazwischenquatschen.

    Eine Stunde später war der Deal in trockenen Tüchern.
    «Da stoß mer etzt aber mal so richtig drauf an!», sagte Rosi und ging zum Kühlschrank. Wir waren mittlerweile die Letzten im Saal.
    Claudia stellte Gläser und Knabberzeug auf den Tisch, Rosi den Sekt. Eine pappsüße Marke, aber ich würde sie mit Todesverachtung hinunterschütten, wenn es meiner Integration diente.
    «Auf die Zukunft!» Wir stießen an. Der Alkohol fand sofort seinen Weg in meine Blutbahn, aber gleichzeitig fühlte ich auch, wie meine Energie endlich zurückkam. Und nicht nur das. Zum ersten Mal seit Wochen war ich wieder zuversichtlich.
    Leni füllte die Gläser ein zweites Mal, während Rosi Nachschub holte. «Ich kann’s fei noch ned glaub’n», seufzte Bärbel glücklich. «Jetzt wird unser Draum doch noch wahr.»
    Ich seufzte glücklich. Meiner auch!

    Dass die vier Frauen im täglichen Leben nicht sehr viel zu träumen hatten, wurde mir klar, als ich mehr über sie erfuhr.
    Die geschiedene Rosi war unglücklich mit ihrem Halbtagsjob als Änderungsschneiderin in einem Modehaus und schlitterte auf der Suche nach einem neuen Mann von einer Diät in die nächste.
    Claudia wusste an vielen Tagen gar nicht, wie sie ihre drei Kinder und die Arbeit im Geschäft unter einen Hut bringen sollte.
    Lenis Kinder waren zwar aus dem Gröbsten heraus, dafür hatte sie eine Menge Scherereien mit ihrer demenzkranken Schwiegermutter, für die sich weder ihr Mann noch ihr Schwager

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