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Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francois Rabelais
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Kurz, endlich sehe ich meinen Prozeß durch Information geklärt und in allen Gliedern wohl ausgewachsen. Jetzt greif' ich wieder zur Entscheidung, zu meinen Würfeln.«

Vierunddreissigstes Kapitel
Wie Pantagruel den Gänszaum wegen der Würfelgeschichte entschuldigt
    Hiemit schwieg Gänszaum. Breitmaul hieß ihn aus dem Verhörsaal sich entfernen; darauf sprach er zu Pantagruel: »Erlauchter Prinz, nicht nur um der Verpflichtung willen, die Ihr durch Eure unzähligen Wohltaten diesem Parlament und unserm ganzen Markgrafentum auferlegt habt, sondern auch wegen Eures hohen Verstandes und reifen Urteils erfordert es die Billigkeit von uns, daß wir Euch die Entscheidung überlassen in dieser so befremdlichen, neuen und paradoxen Sache des Gänszaum, der in Eurem Beisein nach dem Ausschlag der Würfel zu richten gestanden hat. Wir ersuchen Euch demnach, hierüber zu erkennen, was Euch selbst gerecht und billig dünken wird.«
    Darauf antwortete Pantagruel: »Ihr Herrn, es ist, wie ihr wohl wißt, nicht meines Amtes noch Berufs, Prozesse zu entscheiden; weil ihr aber mir soviel Ehre erzeigen wollt, will ich, anstatt des Richters Amt hier zu verwalten, des Beklagten Anwalt sein. Denn ich nehme an unserm Gänszaum mehrere Eigenschaften wahr, derethalben ihm meines Erachtens in diesem Fall verziehen werden möchte. Erstens Alter, zweitens Einfalt, die, wie ihr selbst am besten wißt, nach unsern Rechten und Satzungen gar leicht für ein Vergehen Gnade und Vergebung erwirken. Drittens find' ich zu Gänszaums Gunsten in unsern Gesetzen noch einen andern Punkt erwogen: daß nämlich sein geringer Fehler versenkt werden muß in den unendlichen Ozean so vieler billiger Urteilssprüche, wie er sie während seiner Amtstätigkeit gefällt hat.
    Aus all diesen Gründen bitte ich euch, daß ihr für diesmal ihm verzeihn wollt, und zwar unter zwei Bedingungen: Erstens, wenn er dem durch das beanstandete Urteil geschädigten Teil Genugtuung gegeben oder dazu verpflichtet hat. Zweitens, daß ihr ihm zum Beistand in seinem Amt einen jüngeren, gelehrten, klugen, rechtschaffnen und erfahrnen Rat zugebt, mit dessen Hilfe er künftig seinen Rechtsgeschäften vorstehen soll. Und im Fall ihr ihn seines Amtes gänzlich entsetzen wollt, erbitt' ich mir ihn inständig zu freier Verfügung von euch. Ich werde der Plätze und Stellen schon genug in meinen Staaten finden, wo ich ihn hintun und brauchen kann.«
    Mit diesen Worten verneigte er sich vor dem ganzen Gerichtshof und ging aus den Schranken. Am Tor fand er Panurg, Bruder Jahn, Epistemon und die andern. Da stiegen sie zu Pferd und machten sich auf den Weg zu Gargantua. Unterwegs aber erzählte Pantagruel ihnen Punkt für Punkt die Geschichte von dem Gänszaumischen Rechtsverfahren.

Fünfunddreissigstes Kapitel
Wie Panurg bei Triboullet sich Rat holt
    Am sechsten Tag drauf kam Pantagruel zur selben Stunde nach Haus, als Triboullet von Blois zu Wasser angelangt war. Panurg verehrte ihm zum Willkomm eine pralle, klappernde Schweinsblase, denn es waren Erbsen darin; ferner einen hölzernen, schön vergoldeten Degen, ein Täschlein von Schildpatt, eine Korbflasch voll Bretanischen Weins und einen Korb voll Äpfel. – Triboullet schnallte den Degen und das Täschlein um, nahm die Schweinsblase in die Hand, aß die Äpfel zum Teil auf und trank den Wein ganz aus. Panurg betrachtete ihn aufmerksam und sprach: »Ich hab' noch keinen Narren gesehn, und sah sie doch schon schockweise, der nicht gern und in langen Zügen getrunken hätte.« Darauf trug er ihm in wohlgesetzten rhetorischen Reden seine Sache vor.
    Er war noch nicht zu End damit, da gab ihm Triboullet mit der Faust einen derben Knuff zwischen die Schultern, händigte ihm die Flasche wieder aus, benasenstüberte ihn mit der Schweinsblase und gab weiter keine Antwort von sich, als daß er, stark mit dem Kopfe schlotternd, zu ihm sprach: »Ho, ho, he, Narr wie keiner meh, dem Pfaff paß auf, tüchtig hinten drauf!« Mit diesen Worten entlief er aus der Gesellschaft, spielte mit seiner Blase und ergötzte sich an dem melodischen Schall der Erbsen. Mehr war nicht aus ihm zu bringen, und als Panurg ihn weiter fragen wollte, zog Triboullet seinen hölzernen Degen und wollt' ihn schlagen.
    »Wahrlich«, rief Panurg, »da sind wir schön gefahren! Ein saubrer Bescheid! Ein Narr zwar ist er, das ist nicht zu leugnen; aber noch mehr ein Narr war der, der ihn brachte; und ich der größte, der ich ihm meine Gedanken vertraut hab'.« – »Soll das

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