Garnet Lacey 04 - Biss in alle Ewigkeit
bereit?“
„Natürlich“, sagte ich. „Wenn der Hochzeitsmarsch ertönt, werden wir einfach ...“
„Nein, Schatz, ich meine das ernst“, beharrte er und legte zwei Finger um meinen Verlobungsring.
„Oh, Daddy“, brachte ich mit erstickter Stimme heraus, da ich daran denken musste, dass ich mit Sebastian tatsächlich vor den Altar treten würde. „Ich weiß nicht. Ich meine, ich liebe ihn, aber wie alles kommen wird, weiß man doch immer erst, wenn man es lebt, nicht wahr?“
„Du hast dir das auch wirklich gründlich überlegt?“
„Sebastian und ich, wir haben unglaublich viel zusammen durchgemacht. Du würdest nicht mal die Hälfte davon glauben, doch ich schätze, als Paar hat es uns stärker gemacht. Und ich glaube ...“
Weiter kam ich nicht, da von oben eine laute Explosion zu hören war, die ganz sicher nicht Teil des Probedurchlaufs war.
SEMIQUADRAT
S CHLÜSSELWÖRTER :
V ERLEGENHEITEN , P ANNEN
Ich stürmte nach oben und musste feststellen, dass die Hexenjäger des Vatikans offenbar beschlossen hatten, meine Hochzeitsprobe ins Wasser fallen zu lassen.
Die Glasfront, die ich eben noch voller Bewunderung betrachtet hatte, war komplett zerstört worden. Scherben und Holzsplitter lagen überall auf dem Boden verteilt. Eiskalter Wind blies durch das klaffende Loch ins Innere, das die Hexenjäger geschlagen hatten.
Dad und ich waren gerade am Kopf der Treppe angelangt, als jemand durch die Vordertür hereingeplatzt kam. Ich drehte mich um und sah einen in Schwarz gekleideten Priester, der sich mit einem Sprung zur Seite in Sicherheit brachte. Hinter ihm tauchte ein Mann auf, der einen Langbogen im Anschlag hielt und mit einem Pfeil genau auf meine Brust zielte.
„Runter“, rief ich Dad zu und schubste ihn zur Seite.
Der Bogenschütze ließ die Sehne aber nicht los, sondern schien vielmehr nach jemandem zu suchen. Ich konnte mir auch gut vorstellen, auf wen er es abgesehen hatte, war doch Sebastian bei unserer letzten Begegnung mit der Eustachius-Kongregation von exakt einem solchen Pfeil an die Wand genagelt worden. Diesmal hatten diese Leute allerdings das Überraschungsmoment auf ihrer Seite.
Zwar versuchte ich noch, den Mann zu packen, aber er drängte mich aus dem Weg und lief zum Hauptsaal. Sebastian hielt sich am anderen Ende nahe der zerschmetterten Fensterfront auf und kämpfte mit zwei anderen Jägern, die offenbar auf diesem Weg in die Kirche gelangt waren.
Die anderen Hochzeitsgäste hatten sich in Sicherheit gebracht, auch wenn ich mir nicht sicher war, wie viel Schutz Klappstühle bieten konnten.
Ich drehte mich noch gerade rechtzeitig zur Seite, um zu sehen, wie der Bogenschütze zielte.
„Sebastian!“, brüllte ich. „Hinter dir!“
Dummerweise reckte gut die Hälfte der Gäste den Kopf in die Höhe, um herauszufinden, weshalb ich wohl so schrie. Meine Mutter stand auf und zeigte den wütenden Gesichtsausdruck einer Löwin, die ihr Junges beschützen wollte. „Weg von meiner Tochter!“, stieß sie ihren Schlachtruf aus und näherte sich in dem Moment dem Bogenschützen, als der den Pfeil losließ.
Ich kreischte entsetzt, da Mom im Begriff war, zwischen den Pfeil und Sebastian zu geraten.
Sebastian reagierte schneller, als ich es jemals bei ihm beobachtet hatte. Er machte einen Satz über den Hexenjäger hinweg, der ihm den Weg versperren wollte, und rannte los, kaum dass er wieder den Boden berührte. Dann streckte er die Hand aus und fing das Geschoss im Flug. Jedenfalls sah das im ersten Moment so aus, bis meine Augen die Wahrheit erfassten: Seine Faust war zwar um den Pfeil geschlossen, doch der hatte sich geradewegs durch seine Handfläche gebohrt. Blut spritzte aus der Wunde ins Gesicht meiner Mutter. Der Pfeil war nur ein paar Millimeter davon entfernt gewesen, ihren Kopf zu treffen. Sebastian rannte weiter auf den Bogenschützen zu, gleichzeitig brach er mit der anderen Hand den Schaft durch. Die Spitze mit ihren Widerhaken ragte nach wie vor aus seinem Handrücken. Der Kerl, der für den Bogenschützen die Tür eingetreten hatte, machte einen Satz auf Sebastian zu, doch der schlug nach dem Jäger und trieb ihm die Pfeilspitze in die Wange.
Jetzt war ich nicht mehr die Einzige, die schrie.
Weitere Jäger strömten in die Kirche, und Sebastian rief den anderen über die Schulter hinweg zu: „Zieht euch zurück, ich kümmere mich um diese Kerle.“
Benommen blieb ich stehen und versuchte, mir ein Bild von der Situation zu machen.
Dicht bei mir
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