Garnet Lacey 04 - Biss in alle Ewigkeit
wickelte. „Du kannst keinen Anspruch auf Garnet anmelden.“
„Und doch ist dein Herz geteilt“, gab Parrish zurück, während er Sebastians Arbeit bewunderte.
„Nein, ist es nicht“, widersprach der und sah mich dabei an.
Sein Blick war so eindringlich, dass mein Herz aus dem Takt geriet und dann zu rasen begann. Trotz dieser Reaktion zweifelte ich ein bisschen an ihm. Ich wusste, er liebte mich, aber Teréza war für ihn mehr gewesen als nur eine flüchtige Affäre. Schließlich war sie die Mutter seines Sohnes.
Parrish nickte nur knapp. „Verstehe. Tja, dann freue ich mich schon auf die Zeremonie. Ich wünsche euch beiden alles Gute.“ Er tippte sich an die Krempe seines nicht vorhandenen Hutes und ging zur Tür. Als er bereits den Türknauf umfasst hielt, blieb er noch einmal stehen und sagte über die Schulter: „Sanitäter im Zweiten Weltkrieg? Hitler war doch auch Österreicher, oder nicht?“
Sebastian versteifte sich und kniff die Augen zusammen. „Ich glaube, du wolltest gerade gehen.“
Parrish nickte ihm gönnerhaft zu. „Tja, dann wünsche ich euch beiden eine gute Nacht.“
Für den Rest des Abends war Sebastian aufgewühlt. Bei einem Mitternachtssnack aus Pfefferminzeis mit heißer Karamellsoße berichtete ich ihm in allen Einzelheiten von meiner Begegnung mit Teréza. Während er die Teller wegräumte, nickte er gedankenverloren. Nachdem wir uns umgezogen und unsere Rituale erledigt hatten und im Bett lagen, erklärte er schließlich: „Du sollst wissen, ich war niemals ein Nazi.“
„Das hätte ich auch nie und nimmer angenommen, Sebastian“, erwiderte ich ganz ernst. Um ehrlich zu sein, vergaß ich die meiste Zeit, dass Sebastian viele Dinge aus erster Hand kannte, von denen ich im Geschichtsunterricht auf der Highschool nur beiläufig etwas erfahren hatte.
„Ich habe in Afrika unter Rommel gedient.“
Ich sah ihn verständnislos an.
„Der Wüstenfuchs.“
Bei mir fiel der Groschen noch immer nicht. Erst als ich meine grauen Zellen anstrengte und das zutage förderte, was ich über den Zweiten Weltkrieg wusste, kam ich allmählich dahinter, was er meinte. „Dann hättest du aber auf der falschen Seite gekämpft, oder nicht? Hast du nicht gerade gesagt...“
„Rückblickend sind manche Dinge offensichtlicher“, sagte er, während er auf der Bettkante kauerte. Er trug eine Schlafanzughose aus blauem und grünem Flanell, und ich konnte die Narbe sehen, die die Stelle markierte, an der ein Schwert sein Herz durchbohrt hatte. „Hätte ich gewusst ...“ Er schüttelte den Kopf. „Ich dachte ... die Wirtschaft, weißt du? Nationalstolz ... ich habe nie erkannt ... Nein, nein, es gibt dafür keine Entschuldigung, auch wenn ich natürlich wie alle jungen, gesunden Männer eingezogen wurde und dagegen kaum etwas hätte tun können.“
Ich stand da und bekam den Mund nicht mehr zu. Ich konnte nicht fassen, was ich da zu hören bekam.
„Soll ich heute Nacht auf dem Sofa schlafen?“
„Nein“, sagte ich reflexartig. „Das mache ich.“ Mit diesen Worten schnappte ich mir ein Kissen.
Als ich an ihm vorbeiging, ohne ihm in die Augen zu sehen, fragte er mich: „Und was hast du gegen Guantánamo oder Abu Ghuraib unternommen? Welche Gräuel hast du geschehen lassen?“
„Das ist was anderes.“
„Tatsächlich? Das wird die Zeit zeigen.“
Es widerstrebte mir zuzugeben, dass er eigentlich recht hatte. „Ich schlafe trotzdem auf dem Sofa.“
„Falls du mich suchst, ich werde hier sein.“
Wie sich herausstellen sollte, machte ich mich früher als gedacht auf die Suche nach ihm, um ihm zu verzeihen, und wie angekündigt fand ich ihn in seinem Bett vor. Das Sofa war noch nie besonders bequem gewesen, und mitten in der Nacht sank die Temperatur so deutlich, dass die dünne Decke, die ich aus dem Schrank im Flur mitgenommen hatte, sich als völlig nutzlos erwies. Außerdem konnte ich deutlich spüren, dass Benjamin mich die ganze Zeit über beobachtete. Irgendwann wachte ich auf und stellte fest, dass er mir übers Haar strich. Ich hatte von einer eigenartigen Kombination aus Inquisition und Nazis geträumt, und als ich durch Benjamins Berührung aufwachte, wurde mir klar, dass dieses Thema so kompliziert war, dass nicht mal mein Unterbewusstsein das Ganze entwirren konnte. Ich glaubte Sebastian, dass er nicht hinter der Nazi-Ideologie gestanden hatte, dennoch fiel es mir schwer, die Vorstellung, dass er für Hitler gekämpft hatte, mit dem Mann unter einen Hut zu
Weitere Kostenlose Bücher