Garnet Lacey 05 - Das bisschen Flitterwochen
bemerkte davon nichts. Sein Blick war zu den Fenstern gewandert. »Das wirft die Frage auf, ob ich auch auf deren Liste stehe. Aber warum?«, sagte er in erster Linie an sich selbst gerichtet. »Dieser Zwischenfall in Amsterdam ist Jahrzehnte her. Liebe Güte, das war in den Siebzigern. Ich war bloß Student, und alle gehörten zur Szene, weißt du? Außerdem habe ich zu der Zeit einen ganz anderen Namen benutzt. Wie sollten die die Verbindung hergestellt haben?«
Ich hatte keine Ahnung. Ich meine, in den Siebzigern war ich noch nicht mal auf der Welt gewesen, ich hatte noch nie Amsterdam besucht, und so allmählich begann ich zu vermuten, dass ich einen Mann geheiratet hatte, der Mitglied in so ziemlich jedem Geheimbund seit Anbeginn der Menschheit gewesen war. »Hast du ein Bombenattentat auf jemanden verübt?«
»Nein, es war nur ein Gebäude. Niemand hielt sich dort auf.«
Ich verschluckte mich vor Schreck an meinem Wein.
Sebastian hob beide Hände, um mir zu bedeuten, die Ruhe zu bewahren. »Das war nicht annähernd so ungewöhnlich, wie sich das jetzt anhört. Zu der Zeit ergab das für mich durchaus einen Sinn. Weißt du, damals war es cool, radikal zu sein und sich gegen das Establishment und gegen die Regierenden zu stellen. Jeder machte da mit, und man wurde ganz von selbst da hineingezogen. Ich war einfach an die falschen Leute geraten.«
»Was denn, schon wieder? Lieber Himmel, Sebastian, ich hätte dich nie so eingeschätzt.«
»Ich bin halt gesellig«, erklärte er und rümpfte die Nase.
»Warum wirst du dann nicht einfach Mitglied in der Moose Lodge?«
»Das bin ich längst«, sagte er todernst.
»Ehrlich ?«
»Klar. Da gibt es großartiges Essen. Ich werde dich bei Gelegenheit mal dorthin mitnehmen.«
»Meine Güte, hast du dich den Illuminati etwa auch wegen des Essens angeschlossen?«
Er lachte. »Wenn du mich so fragst - bei denen gab es einige wirklich hervorragende Nachspeisen.«
Ich schüttelte fassungslos den Kopf. »Ich sag dir, du bringst mich noch um den Verstand. Aber was ich eigentlich wissen will: Wer bist du alles, wenn du nicht bei mir bist? Wer sind diese anderen Personen, die du spielst?«
»Nun«, begann er und lächelte mich an. »Ich bin ein Immobilienmagnat, doch das ist dir bereits bekannt.«
Das war es allerdings. Ihm gehörten mehrere Geschäftshäuser in Madison, und in einem von ihnen waren wir mal mit der Göttin Hel aneinandergeraten, aber das ist eine andere Geschichte.
»Ich bin Automechaniker, Botaniker, Alchemist, Bergsteiger und Vater.«
»Erzähl mir was, was ich noch nicht weiß.«
»Ich war mal Ziegenhirte in Frankreich.«
Diese Vorstellung brachte mich zum Grinsen. »In welchem Jahrhundert war das?«
»Im zwanzigsten. Es war kurz vor der Angelegenheit in Amsterdam, in den Sechzigern. Ich war mit jemandem liiert, der in der Nähe der Côte d’Azur eine Kommune gegründet hatte. Es war ein wunderschöner Landstrich, aber lass dir gesagt sein, dass Ziegen stinken. Und an den Geschmack ihrer Milch habe ich mich nie richtig gewöhnen können.«
»War dieser Jemand ein Mann oder eine Frau?«, erkundigte ich mich, um ihn ein wenig zu ärgern.
»Hm.« Er grinste auf eine Weise, die mich vermuten ließ, dass er nicht antworten würde, nur um sich für meinen kleinen Seitenhieb zu revanchieren. »Freie Liebe, Baby. Jeder in der Kommune hat ... na ja, experimentiert, doch es war Estelle, die mich dort reingebracht hatte.«
»Estelle. Klingt nach einer schönen Frau.« Ich konnte nicht glauben, dass ich auf jemanden eifersüchtig war, der inzwischen vielleicht längst tot war.
»Niemand kann dir Konkurrenz machen, meine Liebe«, sagte Sebastian und streckte den Arm aus, um mir über die Wange zu streichen. Obwohl wir so nah am Kamin saßen, lief mir ein eisiger Schauer über den Rücken.
»Ich würde mich gern auf dem Zimmer weiter mit dir darüber unterhalten«, erklärte ich, da ich mit einem Mal das völlig irrationale Verlangen verspürte, meine Weiblichkeit unter Beweis zu stellen und ihn diese Estelle vergessen zu lassen.
»Gute Idee«, meinte er und lächelte mich verrucht an. »Das sollten wir machen.«
Als wir aufstanden, griff ich nach seiner Hand. »Lass uns raufgehen und dafür sorgen, dass diese Flitterwochen offiziell bestätigt werden.«
Das Wissen, dass Sebastian jetzt mein Ehemann war, ließ mich seltsam schüchtern reagieren. Es war nicht so, als hätten wir uns in der Hochzeitsnacht nicht geliebt, aber ich muss
ehrlich sagen,
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